Freundschaften pflegen mit kinderlosen Freunden

Vier Frauen lachen zusammen
"Es braucht viel Empathie von beiden Seiten, um die unterschiedlichen Alltagswelten zusammenzubringen."
© Pexels / Hannah Nelson

Die Beziehung zu kinderlosen Freunden zu pflegen ist für Vierfach-Mama Saskia wirklich nicht einfach. Aber trotz unterschiedlicher Lebenswelten, die echten Freundschaften bleiben bestehen.

Kinder verändern dich

Meine Freunde haben für mich einen hohen Stellenwert – aber mit jedem Kind wurde die Pflege dieser Freundschaften schwieriger. Denn menschliche Beziehungen brauchen Zeit und gerade die ist in der ersten Familienphase ziemlich knapp bemessen.

Als ich mit meinem ersten Sohn schwanger war, war ich mir sicher, dass ich einfach ich selbst bleiben würde: Unabhängig, neugierig und mit einem offenen Ohr für meine Freunde. Nach fast elf Jahren mit Kindern muss ich leider das Resümee ziehen: Ich habe mich verändert, aber deswegen bin ich nicht weniger ich selbst.

Meine Unabhängigkeit muss ich mir mit größer werdenden Kindern wieder erschließen. Meine Neugier ist geblieben, aber ich wäge Risiken anders ab. Und das offene Ohr kommt wieder. Aber schlaflose Zeiten und die Anforderungen als Mutter und als Partnerin haben mich in den letzten Jahren oft so sehr besetzt, dass für andere Menschen zu wenig Zeit und Nerven geblieben sind.

Kinderlose Freunde aus alten Zeiten

In meinem Freundeskreis aus Schulzeiten bin ich die Einzige, die sich für Kinder entschieden hat. Gerade in der ersten Babyzeit fühlte ich mich mit meinen Themen allein. Es schien mir beim Erzählen profan von Milchstau, Beikoststart, der Unzufriedenheit mit den körperlichen Veränderungen und anderen Alltäglichkeiten zu sprechen.

Auch die Fragen nach Gleichberechtigung und Beziehung ließen sich hier nicht gut besprechen. Denn – so doof es klingt – wer diese Phasen nicht selbst erlebt hat, kann sich weder den Druck und die Müdigkeit noch die riesige Liebe vorstellen.

Beidseitiges Verständnis notwendig

Als große Qualität habe ich erlebt, dass meine Freunde ein offenes Ohr hatten und sich alles angehört haben, was ich erzählen wollte. Manchmal wurde mit den Augen gerollt, wenn ich Verabredungen wegen kranker Kinder nicht eingehalten habe. Oder direkt gesagt habe, dass ich am Abend zu müde bin zum Telefonieren. Aber verletzende Sprüche habe ich in meinem engen Freundeskreis nicht erlebt.

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Manchmal musste ich vielleicht damit leben, dass ich nicht mehr eingeladen war zu einer abendlichen Feier in einer anderen Stadt. So wie die anderen damit leben mussten, dass bei einer Verabredung mit mir ein bis vier Kinder lange dazu gehört haben. Oder die Verabredung wegen Fieber, Magen-Darm oder Scharlach spontan ausfiel.

Es braucht viel Empathie und Zuhören von beiden Seiten, um diese unterschiedlichen Alltagswelten in Freundschaften zusammenzubringen. Manchmal fällt genau das schwer, wenn die eigene Welt sich komplett verändert hat. Manche Freundschaften brauchten mehr Abstand, um nicht an unbedachten Bemerkungen zu zerbrechen und sich nicht unnötig gegenseitig zu verletzen. Aber in meinem Leben geblieben sind meine engen Freunde trotz aller Differenzen in unseren Lebensentscheidungen.

Bestimmt war ich als frischgebackene Mutter nicht die beste Freundin – dem Klischee der parallel mit dem Kind sprechenden Mutti bin ich definitiv gerecht geworden. Auch wenn es mir oft genug aufgefallen ist …

Könnte ich es ändern? In der Phase mit Schlafmangel und Alltagsüberforderung garantiert nicht. Aber ich bin dankbar, dass die Menschen an meiner Seite geblieben sind und ich jetzt konzentrierter zuhören und teilnehmen kann.

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Mangelnde Gelassenheit sehen kinderlose Freunde anders

Mit einer meiner liebsten Freundinnen war ich wenige Monate nach der Entbindung im Tournee-Musical Elisabeth. Ich hatte mich so sehr auf diesen Abend gefreut und als er da war, war ich hin- und hergerissen. Als dann in einem der Lieder über die abwesende Mutter gesungen wurde, flossen bei mir die Tränen. Das wird besser mit dem zunehmenden Alter der Kinder, aber die gelassene Mutter, die ich gerne wäre, bin ich oft nicht. Dieser Zwiespalt ist für Freunde, die keine Kinder haben, schwerer nachzuvollziehen.

Perspektivwechsel wichtig

Freunde in anderen Lebenssituationen fordern einen heraus, die eigenen Lebenswirklichkeiten zu hinterfragen. Das merke ich in angstbesetzten Situationen bei mir und es hilft mir, loszulassen und zu vertrauen. Ebenso spüre ich es, wenn mir kinderlose Freunde von ihren Problemen mit Corona-Maßnahmen erzählen. Manchmal – wie bei den Corona-Maßnahmen – kann es auf beiden Seiten vor zu großem Selbstmitleid bewahren.

Denn ich verstehe ihre Einsamkeit und ihre Wut über Einschränkungen. Meine Perspektive ist anders und es rettet mich vor meinem Selbstmitleid, wenn ich mitbekomme, dass das Gras auf der anderen Seite gar nicht so viel grüner ist.

Was bleibt

Bei meinem ersten Kind war ich manchmal traurig, dass meine Freunde nicht detailliert gefragt haben, wie es ihm geht. Seine Entwicklungsschritte haben sie deutlich weniger fasziniert als mich. Spätestens ab dem dritten Kind ist es für mich ein großer Luxus, dass es bei unseren Gesprächen nicht oder nur randweise um meine Kinder geht.

Sie nehmen zwar Anteil an der Entwicklung meiner Kinder, aber im Zentrum steht unsere persönliche Entwicklung. Konflikte mit unseren Rollen im Leben sind Themen ebenso wie berufliche Wünsche und Träume und die Ängste.

Und immer wieder stelle ich fest: Mit den wirklich engen Freunden bleibt am Ende vieles vertraut und gut – unabhängig von der Lebenssituation.

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Sich selbst wiederfinden

Echte Freunde bleiben auch bei längeren Durststrecken im Leben. Vielleicht zeitweise mit mehr Distanz, aber es findet sich wieder. Diese Menschen, die einen über Jahrzehnte begleiten, die Herkunftsfamilie teilweise noch kennen, Liebeskummer, Umzüge und eben auch die Entscheidung für Kinder aus nächster Nähe erlebt haben, sind besonders.

Manchmal führen sie einen behutsam zu sich zurück, wenn man sich verloren hat. Sie feiern Erfolge und trösten bei vermeintlichen Misserfolgen. Sie begleiten voller Vertrauen und manchmal mit mehr Entfernung, aber immer mit Herzenswärme als Basis.