Neugierig seit Kleinkind-Jahren an
Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie sich mein älterer Sohn vor inzwischen so einigen Jahren als Krabbelkind „Unmengen“ an Sand in den Mund stopfte. Er fand das toll! (Und offensichtlich auch ganz „lecker“.) Ich ließ ihn – und sehe noch immer in fast aller Deutlichkeit die Gesichter der anderen Mütter auf dem Spielplatz vor mir.
Neues für die Geschmacksnerven: indisches Essen
Mein Sohn wird im August zehn Jahre alt und ist Neuem gegenüber zurzeit ziemlich – sagen wir mal – aufgeschlossen. So versuchte P. sich neulich an indischem Essen: Naan (Fladenbrot aus der Pfanne), Saag Aloo (ein Hauptgericht mit Spinat, Ingwer, Kartoffeln und eventuell Reis), Mango-Lassi (Joghurtgetränk, selbstredend, saulecker!).
: Neues für den Gaumen
Es hat P. also gemundet, und ich bin darüber happy, denn ich liebe indisches Essen. (Ich war übrigens selbst einmal fünf Wochen lang mit dem Rucksack im „Land der Gewürze“ unterwegs. Das war wirklich „wesensverändernd“: Tatsächlich kehrte ich dankbarer und demütiger nach Hause zurück. Aber das ist wieder eine andere Geschichte …)
„Kaffee ist nicht so deins, hm?“
Sonntagnachmittag im Garten. K. kommt zu mir und möchte einmal von meinem Kaffee (mit einem Schuss Weiß) probieren. „Warum nicht?“, denke ich und lasse ihn kosten. „Mhm“, sagt er. „Lecker.“ Und sieht dabei irgendwie alles andere als überzeugt aus. (Er verzieht sein Gesicht.) „Nicht so deins, was?“ Frage ich etwas scheinheilig, und er nickt. Juhu, feixe ich innerlich, er mag es (noch) nicht. (Mit ein bisschen Glück wird er dann ja später einmal nicht so ein „Kaffeejunkie“ wie seine Mama …)
„Iiih … Das schmeckt bitter!“
Gleicher Tag, spätere Stunde, Wohnzimmer. P. möchte an meinem bauchigen Glas mit trockenem Rotwein nippen. Aber ihr könnt euch denken, was passiert, richtig? Er verzieht sein Gesicht (wesentlich stärker als sein Bruder am Nachmittag) und gibt mir folgendes Feed-(äh Drink-)back: „Iiih, nee. Das schmeckt ja bitter!“ Und – ja ja, Scheiß auf die Doppelmoral – ich jubele wieder! So bald wird er eventuell nicht mehr probieren wollen …
Danke, Mama und Papa
Ich möchte wissen, wie andere Eltern im Bezug auf „Neues“ agieren und reagieren – und mache in den sozialen Medien eine kleine Umfrage. Es meldet sich schnell die Mama eines Mitschülers von P. Sie erzählt, dass sie ihren Zehnjährigen ebenfalls probieren lasse, ihn überhaupt „frei und wild“ groß werden lasse. Ich spüre gleich, wie sympathisch mir diese Einstellung ist, denn ich bin aus tiefstem Herzen davon überzeugt: Wenn man Kindern etwas verbietet, werden sie es heimlich probieren, versuchen oder machen.
Meinen eigenen Eltern bin ich übrigens bis heute dankbar, dass sie mich „herumstromern“ ließen und mir (fast) keine Verbote aussprachen. (Und aus mir wurde ja immerhin ein ganz umgänglicher Mensch. Wirklich! Naja, fast immer … Es sei denn, es herrscht Ungerechtigkeit. Aber auch das ist wieder eine ganz andere Geschichte.)
Alkohol trinken unter Aufsicht?
Dirk aus Berlin sieht meinen Aufruf ebenfalls und antwortet sehr zeitnah: „Es gibt einige Kliniken, die Projekte anbieten, in deren Rahmen Jugendliche unter Aufsicht erstmals Alkohol in der Schule probieren dürfen. Ich finde das nicht schlecht, es passiert sonst nämlich heimlich, wird plötzlich ‚cool‘ und kann dann ganz schnell gefährlich werden. Leider habe ich das am eigenen Leib erfahren.“ Der Informatiker hat inzwischen selbst zwei Kinder: einen Teenager-Sohn und eine Tochter in der „Präpubertät“.
„Nein zu Drogen!“
„Mein Mann und ich sagen ganz klar Nein zu Drogen, das gilt auch fürs Probieren“, betont Doreen – Vierfachmutter und Journalistin aus Hamburg – vehement. „Selbstverständlich klären wir unsere zwei Jungen und zwei Mädchen über die Gründe auf. Ansonsten gilt bei noch unbekannten Nahrungsmitteln, Getränken und Aktivitäten aller Art: erst probieren, dann nach Geschmack und Befinden ablehnen – oder eben nicht.“ (Die scherzhafte Anmerkung eines „alten Internet-Bekannten“ daraufhin: „Beim Koks ist Schluss!“ Sorry, den konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.)
Die Grenze zieht bekanntlich jeder woanders. Diese Mama hat ihr Kind mit auf ein Metal-Festival genommen und wird dafür heftig kritisiert.
„Kinder tun, was wir ihnen vorleben“
Sänger und Songwriter Christian aus dem niedersächsischen Elsfleth glaubt an die Vorbildfunktion der Eltern: „Kinder machen nicht, was wir Erwachsenen ihnen sagen. Sie tun, was wir tun. Manchmal ist das echt schwierig und anstrengend … Wir rauchen zum Glück nicht, trinken allerdings gerne (entkoffeinierten) Kaffee und Rotwein. Wir lassen die Kinder an den Getränken riechen – und damit hat es sich. Unser Neunjähriger sagte, dass er sowieso niemals rauchen, trinken oder Drogen konsumieren werde. Ich bin gespannt.“
Sag niemals nie …
Ja, das bin ich auch – und glaube nicht so richtig daran. Denn wie war das noch: „Sag niemals nie!“ (Und an dieser Stelle bitte natürlich erneut ein Zwinkern denken.)
Was wohl alles noch so kommen mag und wird? Wir werden es sehen – und können ja bis dahin versuchen, einfach weiterhin „gute Vorbilder“ zu sein: liebevoll, achtsam und hilfsbereit.