Nein, ich habe meine Kinder nicht gewinnen lassen!

Spielbrett mit kleinen Figuren
"Verlieren will gelernt sein"
© Unsplash / Jaciel Melnik

Gewinnen will gelernt sein – das findet unsere Autorin und Mama Daniela Kirschbaum auch. Deshalb hat sie ihre Kinder auch ausgesprochen selten gewinnen lassen. Dass das nicht immer ohne Weltuntergangsstimmung einhergegangen ist und wie sich das Blatt mittlerweile gewendet hat, erzählt sie uns heute.

Des einen Glück, des anderen Leid

Als meine beiden Nachwüchse endlich alt genug waren, um Sinnvolles mit ihnen zu spielen, habe ich das ganz gerne zelebriert. Memory, Tempo kleine Schnecke oder Uno, später dann Mensch ärgere dich nicht, Domino oder Mühle. Manchmal, wenn wir gerade sportlich unterwegs waren, auch gerne Tischtennis, Federball oder Fußball. Mehr coole Outdoor-Spielideen findest du hier.

Was mein Glück war (endlich gestaltete sich das Mama-Sein auch einmal ein bisschen abwechslungsreicher), war allerdings nicht selten der Kinder Leid. Gewinnen lassen habe ich die beiden nämlich schon aus Prinzip nur ausgesprochen selten. Unnötig zu erwähnen, dass das für ein wenig Unmut gesorgt hat – vorrangig beim Erstgeborenen.

Sprich: Bunte Schnecken segelten durchs Wohnzimmer, Uno-Karten wurden bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt und einmal musste sogar ein Tischtennisschläger daran glauben.

Tja, gewinnen mag eben nicht sonderlich schwierig sein, in Würde zu verlieren hingegen wohl die viel größere Kunst…

Von der Kunst des Verlierens

Während Töchterchen die Kunst des Verlierens sehr bald recht souverän beherrschte, war Söhnchen ein echter Spätzünder, was das angeht. Spielen aus Spaß an der Freude? Nicht so mit Mr. Ich-Will-Unbedingt-Gewinnen-Sonst-Macht-Mein-Leben-Keinen-Sinn-Mehr. Auf ein: „Hey, man spielt doch, weil es Spaß macht!“ hat er schon als Dreikäsehoch lapidar mit: „Aber wenn ich nicht gewinne, hab ich keinen Spaß!“ gekontert.

Das Kind war echt ein harter Brocken! Unnötig zu erwähnen, dass gemütliche Spieleabende mit einem solchen Kind nicht lange gemütlich bleiben. Doch ihn deswegen gewinnen lassen? Nicht mit mir! Schließlich muss man den Nachwuchs aufs Leben vorbereiten – und mit grottig schlechten Verlierern spielt doch niemand so richtig gerne!

Verlieren will gelernt sein

Also haben wir das gemacht, was alle guten Eltern in derselben Situation ebenfalls gemacht hätten: Wenn der Kerl verloren und sich wahlweise in einen Tobsuchtsanfall oder eine mittelschwere Sinnkrise hineingesteigert hat, haben wir ihn nicht besänftigt, sondern ihn ziemlich nüchtern wissen lassen, dass das so wirklich keinen Spaß macht. Oder wie es seine Schwester etwas treffender ausdrückte: „Man, du nervst! Keiner will mit dir spielen!“

Was soll ich sagen? Die Mühlen mögen langsam mahlen, aber sie mahlen. Zwar ist Söhnchen bis heute kein richtig guter Verlierer, aber dabei mittlerweile zumindest einigermaßen gesellschaftsfähig. Schon länger gibt es keine Wutanfälle oder Sinnkrisen mehr – und nur wenn man ihn gut kennt, interpretiert man die etwas gezwungene gute Miene, wenn jemand anderes das Spiel für sich entscheidet, richtig. Also ja, nach knapp 13 Jahren auf dieser Welt könnte man fast sagen, er hat mittlerweile gelernt zu verlieren, zumindest im Großen und Ganzen.

Zuletzt haben wir übrigens eine Partie Tischtennis gespielt und ich habe – was dank zweier linker Hände selten vorkommt – überraschend gewonnen. Nachdem Söhnchen auffallend gechillt war, habe ich Lunte gerochen – und richtig: Da hat mir der Kerl doch grinsend eröffnet, dass er mich hat gewinnen lassen. Der guten alten Zeiten wegen, weil ich das eben nie gemacht hab. Na dann…