Klimasünde Kinder: Bin ich jetzt Klimasünderin?

Mutter und Kind sitzen in der Natur
Unsere Autorin findet: Kinder sind keine Konsumgüter
© Pexels/ Bruna Saito

Es ist ein alter Vorwurf: Kinder sind schlecht für das Klima und Eltern somit Egoisten. Und es stimmt, an das Klima habe ich bei keinem meiner Kinder gedacht. Aber muss ich mich dafür jetzt tatsächlich schämen? Aktuell wird überall über den Zusammenhang zwischen Kindern und dem Klimawandel berichtet, aber wieso wird das überhaupt zum Thema?

Wir sind das Klima

Jonathan Safran Foer, dessen ersten Roman «Alles ist erleuchtet» ich großartig finde, hat nun ein Buch zum Klima geschrieben. Zusammengefasst sagt er darin, dass jeder Mensch vier Dinge für die Umwelt direkt tun könne:

Die Artikel zum Buch punkten damit, dass Foer zum Verzicht auf Kinder aufrufe. Na ja, der zweifache Vater sagt das so schlicht gar nicht. Aber auf das Auto zu verzichten, oder gar auf Flugreisen? Das kann man sich gar nicht vorstellen, so revolutionär wäre eine solche Forderung. Diese Argumente als Schlagzeilen verkaufen mit Sicherheit weniger Bücher. Warum die vegane Ernährung nicht ebenso vermarktet wird, erscheint mir etwas rätselhaft. Aber offensichtlich ziehen Kinder gerade als Thema besser als Veganismus.

Kleinkrieg: Kinderlos vs. Eltern

Der Kleinkrieg zwischen Kinderlosen und Menschen mit Kindern ist also beim Klimawandel angekommen. Lange wurde öffentlich propagiert, dass Frauen zu wenig Kinder bekämen und wir uns damit selber abschaffen. Jetzt ist das genau die richtige Entscheidung, weil wenig Kinder eine Entlastung für das Klima wären. Auf der moralisch überlegenen Seite des Konfliktes stehen also endlich die Kinderlosen. Denn die Zahlen sprechen für sich: 58 Tonnen CO2 würden pro nicht-geborenem Kind eingespart. Vielleicht könnte das bald als Slogan auf Kondom- und Pillenpackungen gedruckt werden: „Spitze, du wirst gleich 58 Tonnen CO2 einsparen – die Welt sagt Danke.“ Ich würde mich darüber freuen.

Aktiv für das Klima?

Mich ärgert daran, dass es den meisten Menschen bei diesem Vorwurf nicht ums Klima geht. Es geht darum, sich mit den eigenen Lebensentscheidungen besser zu fühlen. Weil Kinderlose an anderer Stelle viel angefeindet, ausgequetscht und so weiter wurden. Da kann ich mitfühlen. Es tut mir leid, wenn mir kinderlose Freundinnen von Familienfeiern erzählen, bei denen der Zustand ihres Uterus öffentliches Diskussionsthema ist.

Ich finde es falsch, wenn private Entscheidungen extern und öffentlich beurteilt werden. Ich teile nicht die Auffassung, dass kinderlose Menschen ihre Entscheidung auf jeden Fall bereuen werden. Kinder sind kein Allheilmittel gegen Einsamkeit im Alter. Außerdem glaube ich, dass ein sehr schönes und erfülltes Leben ohne Kinder möglich ist. Überzeugt bin ich davon, dass man sich als Kinderloser nicht rechtfertigen oder besonderes soziales Engagement an den Tag legen muss. Kinderlosigkeit ist so wenig Egoismus wie die Entscheidung für Kinder es ist. Aber mit dem Klima hat diese Entscheidung beim Großteil der Menschen nichts zu tun.

Kinder lieben die Welt

Was ich in der freien Zeit mit meinen Kindern immer wieder feststelle ist, dass Kinder die Welt lieben. In jedem Kind steckt automatisch ein kleiner Klimaschützer. Kinder möchten eine heile Welt. Die Reklame des WWF mit dem traurigen Eisbären im letzten Jahr oder das Bild des Delfins im Meer aus Müll aus diesem Jahr hat meine beiden Söhne nachhaltig beschäftigt. Wenn wir Eltern es schaffen, den Kindern diese Sensibilität und diesen Wunsch nach Harmonie nicht abzugewöhnen, wäre viel gewonnen. Natürlich müssen wir als Vorbilder vorneweg gehen. Aber Kinder geben uns dafür einen großen Anreiz, denn ihre unschuldige Liebe zu den kleinsten Käfern und den größten Raubtieren steckt an.

Konsum überdenken

Wir Erwachsenen sind die Abgestumpften, die oftmals in Gedanken um sich kreisen. Daran sollte jeder Mensch für sich arbeiten, damit diese Welt nicht weiter kaputt geht. Da darf beim eigenen Konsum geschaut werden und bei den eigenen Freizeitaktivitäten. Wie viel tierische Produkte benötigen wir körperlich? Wie viele Anziehsachen brauchen wir? Und muss der Urlaub tatsächlich immer mit einem Flug verbunden sein? Kinder brauchen keine lange Flugreise, der Bauernhof an der Ostsee ist für sie aufregend genug. Bei all den aufregenden Weltreisen und so weiter und so fort, ganz ehrlich, Selbstfindung ist durchaus in Eckernförde möglich. Eine Reise nach Indien klingt nur schöner. Ein bisschen weniger Ego wäre vielleicht angebracht.

Kinder sind keine Konsumgüter

Ich glaube, dass es für alle Menschen in den westlichen Ländern (kinderlos oder mit Kindern) viele gute Möglichkeiten gibt, etwas für das Klima zu tun. Wir sind schließlich als gerade einmal 10 Prozent der Weltbevölkerung für mehr als 50 Prozent des Ausstoßes verantwortlich. Aber der Verzicht auf Kinder hat mit Klimaschutz für mich nichts zu tun. Denn anders als bei all den anderen Punkten sind Kinder keine Konsumgüter. Kinder sollten immer eine Herzensentscheidung und -angelegenheit sein.