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Loslassen können – wie viel ist okay und wichtig?

Für unsere Autorin gehört loslassen zu können zu den schwersten Aufgaben des Elternseins – auch wenn es ihr leichter fällt, als ihrem Mann

“Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach” oder “Was man liebt, lässt man frei!”? Die Balance zwischen diesen beiden Bereichen im Leben mit Kindern zu finden, ist hart und steinig. Das äußert sich in kleinen Bereichen des Lebens und bei größeren. Wie viel Freiheit soll ich meinem Kind geben, und wann muss ich es bremsen?

 

„Lass sie alleine machen!“ „Und wenn sie runterfällt?“

Loslassen fällt vielen Eltern schwer. Das beginnt teilweise schon im ganz normalen Alltag mit Babys. Ich spreche da von den ersten Monaten, in denen Krawalli (der Spitzname meiner Tochter) laufen lernte. Mein Mann und ich sind sehr unterschiedlich an die Sache herangegangen: er ängstlich, ich motivierend. Dabei bekamen wir uns immer wieder in die Haare. Wenn meine Tochter auf die Bank kletterte, beobachtete ich sie aus der Nähe, während mein Mann sofort aufsprang und sie auf die Bank hub. „Lass sie alleine machen!“ schimpfte ich dann – und er meinte nur „Und wenn sie runterfällt?“

Natürlich will ich als Mama auch nicht, dass sich mein Liebling verletzt, aber ich will auch, dass sie mutig wird, sich selbst Dinge zutraut und ein starker kleiner Mensch wird. Wenn ich sie immer auf die Bank setze lernt sie nicht, sich durchzukämpfen. Man sagt doch so gerne: Hinfallen, aufstehen, Krone richten. Genau das ist, was ich gerne für Krawalli möchte. Ich will, dass sie sich austestet, dass sie ausprobiert, wie schnell sie laufen kann bis ihre Beine ihr in die Quere kommen. Mein Mann will sie vor jeder möglichen Gefahr beschützen.

„Bin ich zu leichtsinnig, bremst mich mein Mann ein.“

Verstehen kann ich uns beide, und es ist fast perfekt, dass wir dabei so unterschiedlich sind. Ist mein Mann zu ängstlich und würde Krawalli am liebsten in Watte packen, dann beruhige ich ihn und er lässt seine Tochter gewähren – nicht ohne dabei wie ein Adler aufzupassen. Und auch andersherum funktioniert es gut: Bin ich zu leichtsinnig, bremst mich mein Mann ein.

Doch wann ist man zu ängstlich und wann ist man zu leichtsinnig? Dafür gibt es keine Regeln, nur das eigene Bauchgefühl und eigene Erfahrungen. Loslassen zu können im Alltag mit Kleinkindern stellt uns Eltern auf eine harte Probe, denn wir müssen manchmal zusehen, wie unsere Kleinen etwas versuchen und scheitern. Wir müssen loslassen können, wenn sie laufen lernen, wenn sie das erste Mal in den Kindergarten gehen, wenn sie zum ersten Mal wo anders übernachten.

 

„Es ist wohl eine der schwersten Aufgaben des Elternseins.“

Mit jedem Tag, den wir mit unseren Kindern verbringen, müssen wir lernen loslassen zu können, sie selbst machen zu lassen. Dabei sollten wir ihnen aber immer zur Seite stehen und sie vor zu großen Gefahren beschützen. Manchmal macht das Loslassen der eigenen Kinder unglaublich Angst, denn am liebsten würde man sie ihr ganzes Leben lang beschützen und behüten. Doch das geht leider nicht, und gerade das zu akzeptieren, ist wohl eine der schwersten Aufgaben des Elternseins.

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