Machen Kinder glücklich?

Mama und Baby am Stand
Ist unsere Aufgabe nicht, unseren Kindern Glück zu vermitteln, statt sie zu unserem Lebensglück zu machen?
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Zwischen der Hektik des Alltags kommt Mama Saskia ab und zu die Frage auf: „Machen meine Kinder mich glücklich?“ Keine leichte Frage, doch der Antwort geht sie hier auf den Grund.

Können andere uns glücklich machen?

Zwischen Bringen und Abholen der Kleinen, Schulsorgen der Größeren, dem Wäscheberg, den verlorenen, aber lebensnotwendigen Spielfiguren und weiteren Krisen des Kinderalltags stelle ich mir selten die Frage, ob Kinder glücklich machen. Aber sollen und können andere Menschen uns überhaupt „glücklich machen“?

Was ist Glück?

Laut Definition bezeichnet Glück das Erfüllen unserer Sehnsüchte, unserer Wünsche und unseres Strebens. Die wichtigsten Faktoren hierbei sind Beziehungen, Gesundheit, Beruf und Freiheit. Der Theologe Erasmus von Rotterdam drückte es im 16. Jahrhundert so aus: „Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.“

Nur ausgezogene Kinder für das Lebensglück gut?

Nun ja, Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit trifft zumindest unser Familienleben im Alltag ganz gut. Laut Studie von Forschern der Universität Heidelberg steigt jedoch die Lebenszufriedenheit von Eltern erst, wenn ihre Kinder ausgezogen sind. Zieht ein erwachsenes Kind zurück in das Elternhaus, würde das Lebensglück der Eltern wieder sinken. Ähnliches wäre bei Großeltern zu beobachten, die viel Verantwortung für ihre Enkel im Alltag trügen.

Bei kinderlosen Paaren würde es sich andersherum verhalten – solange sie jünger sind, sei ihre Lebensqualität höher. Im Alter würde ihre Lebenszufriedenheit jedoch deutlich absinken, da ihnen oft die soziale Verbundenheit fehlen würde.

Kinder als soziale Absicherung?

Während der sozial besonders eingebundenen Zeit mit vielen Anforderungen sind die Eltern unglücklich. Im Alter ist es jedoch der soziale Kontakt mit mindestens einem anderen Menschen einmal am Tag, der für Glück im Leben sorgt. Dieser Austausch kann mit dem Partner stattfinden, doch bei Trennung oder Tod bleiben die Kinder.

Diese Rückschlüsse der Studie scheinen mir etwas schwierig: Waren Kinder früher die Rentenabsicherung, sind sie heute das soziale Netz der alternden Eltern? Was ist, wenn sich das „Investment“ nicht auszahlt? Sinkt dann das Lebensglück unter das der Paare ohne Kinder, weil Verbitterung hinzukommt?

: Dem Glück Ausdruck verleihen

Andere als Glücksgarant

Die Studie und ihre Rückschlüsse haben mich nachdenklich gemacht. Persönlich finde ich es schwierig, mein Glück von einem anderen Menschen abhängig zu machen. Das klingt mir zu sehr nach einer ausgesprochen unangenehmen Hypothek für mein Gegenüber. Ist es nicht die Aufgabe von jedem erwachsenen Menschen für sein Glück zu sorgen?

Und wäre unsere Aufgabe als Eltern nicht, unseren Kindern Glück zu vermitteln, anstatt sie zu unserem Lebensglück zu machen?

Was will ich eigentlich?

Nun, wenn doch die meisten Menschen ihre Kinder wollen und diese so durchaus als Sehnsuchtserfüllung bezeichnen, warum stellt sich dann das Glück nicht automatisch ein? Stimmt – überspitzt gesagt – der Spruch hier: Sei vorsichtig, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.?

Ich wollte und will jedes meiner Kinder. Ich hätte sie nur manchmal gerne mit weniger Streitigkeiten, weniger Wäsche, weniger sozialen Verpflichtungen und weniger Ängsten meinerseits.

Und vielleicht liegt in den ahnungslosen Erwartungen das Problem des Kinderwunsches. Denn dieser Kinderwunsch ist geprägt von einer gewissen Naivität: denn Kinder kommen nie allein. Mit ihnen kommt ein ganzes Paket gratis dazu ins Leben, was – auf der eher negativen Seite – ein ganzes Bündel beinhaltet:

  • Sorgen
  • Eigene innere Konflikte
  • Einschränkungen in anderen Lebensbereichen
  • Ungeahnte Abstimmungsherausforderungen mit dem Partner
  • Unbekannte soziale Verpflichtungen
  • Große Hilflosigkeit und vieles mehr

Glück liegt in den kleinen Momenten

Mit meinen Kindern ist neben dem Bündel an Herausforderungen aber noch etwas ganz anderes in mein Leben gekommen: Eine Liebe in einem Ausmaß, wie ich es mir nicht vorstellen konnte, eine unglaubliche Lebensfreude und ein sehr anderer Blick auf die Details des Lebens. Kinder lachen durchschnittlich am Tag 400mal laut Eckhart von Hirschhausen. Erwachsene gerade einmal 12mal.

Wenn ich mich nun aus dem Hamsterrad des Alltags herauswage, habe ich mit meinen Kindern tausend Gründe innezuhalten, mich zu freuen oder zu lachen. Weil meine jüngste Tochter eine Sommerhose im Herbst anziehen will und diese über eine Jeans zieht, damit „die Beine lang sind“. Weil die ältere Tochter der kleineren Schwester mit der größten Selbstverständlichkeit die Jacke zumacht. Weil ich beinahe jeden Tag die schönsten Steine und braunen Blätter unserer Gehwege geschenkt bekomme.

Weil ich nah dabei sein darf, wenn Sohn 2 seine große (und mir sehr fremde) Leidenschaft für Zahlen entdeckt. Weil Sohn 1 beginnt die Drolligkeiten des Alltags auf trockene und witzige Weise kommentiert. Wenn sie alle gemeinsam am Tisch sitzen und die witzigsten Unterhaltungen führen.

Aus dem erwachsenen Film aussteigen

Es gibt Dinge, die müssen wir als Eltern erledigen. Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir viel Verantwortung tragen und das 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Aber niemand kann uns befehlen, wie wir die Verantwortung tragen. Wir dürfen innehalten und den Moment genießen.

Wir können Punkte von unserer To-Do-Liste streichen und den Anspruch senken, weil eins unserer Kinder vielleicht gerade Kastanien sammeln oder kuscheln möchte. Wir dürfen lachen und albern sein und uns auf die Kinderperspektive einlassen.

Denn wenn ich es schaffe, genau das zu wollen, was ich in dem Moment habe und mich darüber zu freuen, bin ich glücklich. Und Kinder sind Meister darin, im Moment zu sein und Glück darin zu finden.