„Mein Kind hat mich an meine Grenzen gebracht: Habe ich Depressionen?“

Wochenbettdepression: So rettete sich diese junge Mutter!

Leide ich unter Depression oder tue ich mir nur schwer mit der größten Herausforderung meines Lebens? Diese Frage musste sich unsere Autorin Jenn Knott mehrmals nach der Geburt ihres zweiten Kindes stellen. Denn ihr war schon in den ersten Wochen klar, dass ihr Baby ihr einen harten Kampf bieten würde. Sie sagt: „Mein erstes Kind war der Vergnügungstrip, das zweite die Tour de France.“ Hier erzählt sie von ihrer schweren Zeit, die sie manchmal an sich selbst zweifeln lies…

Ich hätte aber nie gedacht, dass ich mir je Gedanken über Depression machen könnte. Ich würde mich als überwiegend fröhlich und positiv beschreiben, nicht leicht zu stressen, obwohl ich natürlich meinen Grenzen habe. An diese Grenzen bin ich leider oft im ersten Lebensjahr meiner zweiten Tochter gekommen, was kein Wunder war: Ich würde gerne die Mutter kennenlernen, die es hinkriegt, gleichzeitig einen Haushalt nicht auseinander fallen zu lassen, sich um ein zweieinhalb jähriges Kind zu kümmern und ein Baby, dessen Geschrei man mit dem eines sterbenden Tieres verwechseln könnte, gut zu versorgen.

Wann fängt eine Depression an?

Wenn ich die Symptome einer postnatalen Depression lese, muss ich über die Selbstverständlichkeit der Liste lachen: Man fühlt sich weinerlich, gereizt, überfordert, erschöpft, appetitlos, nicht in der Lage, Spaß zu haben. Na klar! Ich habe gerade ein neues hilflose Menschlein erschaffen und durch meinen Körper gepresst – und gebe nun alles auf, um es am Leben zu halten.

Es gibt auch ernsthafte und eindeutige Zeichen von einer Depression wie Selbstmordgedanken oder große Ängste, dass man das Baby mit oder ohne Absicht verletzt. Muss ich aber bis zu diesem Punkt warten, bevor ich etwas dagegen tue?

Wenn es einem schlecht geht, kann es schwer werden, den Unterschied zwischen Hormon-bestimmten Baby Blues, einer postnatalen Depression oder einer ganz einfachen Überforderung zu erkennen. Meine Frage wäre: Wieso müssen wir den Zustand überhaupt so genau benennen? Wenn eine Mutter leidet – egal wie – sollte sie es ohne Verzögerung laut sagen dürfen.

Ich war an meinen absoluten Schmerzgrenzen

Zur Hölle mit Schamgefühlen! Babys zu kriegen ist hart, vor allem wenn die Geburt selbst schon schwer war, es Stillprobleme gibt, oder wenn das Kind viel schreit, nicht schläft oder viele Aufmerksamkeit braucht. Schließlich gibt es so viel, was mit einem Baby nicht gut klappen kann!

Ich glaube die sinnvollste Frage nach der Geburt ist: „Genieße ich insgesamt die Zeit mit meinem Baby?“ Wenn die Antwort nach der ersten Umstellung, sprich etwa drei Monaten ‚nein’ lautet, sollte man Hilfe holen. Oder vielleicht wäre eine klassische Skale hilfreich: Mit meinem ersten Kind blieb der allgemeine Zustand irgendwo zwischen 1-3; mit dem zweiten, lag ich oft bei sieben oder acht, wenn zehn der absolute Schmerzgrenze wäre. Ein paar mal hatten wir schon eine 9,5.

Ich habe viel zu lange gewartet, bis ich selber meine mögliche Depression geahnt und meine Frauenärztin angerufen habe. Obwohl ich nicht überzeugt bin, dass die verschriebenen Progesteron-Tabletten meinen Zustand verbessert haben, war es ein wichtiger Schritt der Anerkennung: „Mir geht’s nicht gut.“

Ich gebe meinem Kind nicht die Schuld

Hier möchte ich gerne klar betonen, dass die Schuld für die schwierige Zeit niemals auf mein Kind schieben würde! Sie hat genauso wie ich gelitten, wenn nicht mehr. Wenn es Schuldgefühle gab, dann habe ich sie für mich reserviert, auch wenn das unfair war. Eine Mutter, die ihr Baby aber regelmäßig nicht zufriedenstellen kann, stellt sich irgendwann die Frage, ob sie doch etwas Falsches macht. Ich hätte bestimmt viel besser machen können. In dieser Zeit hat mir meine wunderbare Therapeutin viel geholfen. Meine Therapeutin ist eine ausgebildete EEH (Emotionelle Erste Hilfe) Beraterin, und ich kann dieses Netzwerk sehr empfehlen. Sie wurde mir ursprünglich von meiner Hebamme empfohlen. Hier der Link: https://www.emotionelle-erste-hilfe.org/

Mamas, wir müssen zusammenhalten!

Ich wünsche mir, dass wir offener über die Schwierigkeiten, die mit dem Mutterwerden kommen, reden könnten. Ich kenne den Druck, den Schein, dass alles reibungslos läuft, aufrecht erhalten zu wollen. Man ist kein Versager, wenn das Leben mit Baby nicht mühelos vor sich hin rollt. Rede mit der Familie, mit der Freundinnen, mit der Babygruppe, mit der Frauenärztin, mit der Therapeutin, wenn es dir nicht gut geht.

Ein offenes Ohr und eine Schulter zum Ausweinen sind ein großes Geschenk. Zuhören ohne Beurteilung, aber mit emotioneller Unterstützung kann einer Frau aus der größten Herausforderung ihres Lebens retten. Auf jeden Fall lassen wir den Mami-Wettbewerb bitte sein. Wir sitzen alle im gleichen Boot, nur bei manchen Sitzplätzen läuft Wasser ein. Alle können aber helfen, es auszuschöpfen.