Mobber – Mobbing-Opfer: Mein Umgang mit Mobbing

Kind flüstert einem anderen etwas zu und beide lachen
Was tun, wenn die eigenen Kinder mobben?
© Unsplash/ Saeed Karimi

Mama Saskia hat bei Mobbing eine klare Haltung: Geht gar nicht. Wie sie ihre Kinder dafür sensibilisiert und mit mobbendem Verhalten umgeht, erzählt sie hier.

Mobbing erkennen

Mobbing unter Kindern ist lange keine Seltenheit mehr. Es beginnt im Kindergarten und hört im Grunde nicht mehr auf. Wir hatten in unserer Familie tatsächlich sowohl Mitlaufen beim Mobben als auch gemobbt zu werden. Beides braucht viele Gespräche, Ruhe und das ein oder andere Taschentuch.

Mobbing zeigt sich je nach Alter der Kinder unterschiedlich. Andere Kinder vom Spielen auszuschließen, sie wegen ihrer Anziehsachen lächerlich zu machen oder anders in der Gruppe bloßzustellen, sind die ersten Anzeichen von Mobbingstrukturen. Beleidigungen, Beklauen oder körperliche Attacken sind weitere Gesichter von Mobbing.

Mobbing bedeutet immer: Eine Person wird gezielt ausgeschlossen. Im Kindergarten kann das von Spiel zu Spiel oder von Tag zu Tag wechseln – Mobbing ist hier oft weniger strukturiert. Trotzdem wird – wenn es schlecht läuft – bereits ein Grundsatz des Mobbings gelernt:

„Wenn ich einen anderen erniedrige, gewinne ich Macht. Ich fühle mich gut, weil ich etwas zu sagen habe.“

Deshalb finde ich, dass bereits diese Zwischentöne besprochen werden müssen – zuhause und in der Einrichtung. Jedes Kind muss gestärkt werden, um weder zum Mobber noch zum Mitläufer zu werden und sich aktiv gegen jede Form von Mobbing zu wehren. Denn in ungünstigen Konstellationen kann jeder vom Mobbing betroffen sein.

Kinder stärken – gar nicht so einfach

Es ist wichtig, eigene Entscheidungen zu treffen und sich weniger an anderen zu orientieren. Denn auch als Mitläufer trifft einen die Verantwortung. Es ist nicht ok, beim Ärgern mitzumachen. Eins unserer Kinder machte im letzten Jahr aus Langeweile und Ideenlosigkeit auf dem Spielplatz beim Ärgern von kleineren Kindern mit.

Er war mit einer Gruppe unterwegs, in der es nie um das eigene Spielen ging, sondern immer um das Ärgern von anderen. Darüber haben wir lange gesprochen, weil ich ihm den Umgang nicht einfach verbieten wollte. Mir war wichtig, dass er versteht, was sie machen und womit er seine Zeit füllt.

Bei einem der kleineren Kinder musste er sich an der Haustür und mit mir im Hintergrund entschuldigen. Mitlaufen ist eine Entscheidung, für die man die Verantwortung trägt. Danach fanden sich mit einem Mal andere Freizeitaktivitäten.

Die „Dänische Methode“

Wie kann man sein Kind bewusst stärken? Im letzten Jahr habe ich das Buch Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind gelesen. Interessant fand ich hier vor allem, die Aussagen über das Loben. Statt ein Ergebnis zu loben oder eine Fähigkeit herauszustellen, sollte man die Freude oder Mühe des Kindes an der Tätigkeit herausstellen. Also nicht sagen „Du kannst so toll malen“ oder „Dein Bild ist so schön“, sondern „Toll, wie konzentriert du daran gearbeitet hast.“

Mit dieser Methode lernt das Kind, dass es Dinge schaffen kann, weil es sich Mühe gibt. Es erhält ein weniger statisches und dennoch positives Bild von sich selbst („Ich bin das Mathegenie der Familie“ versus „Ich habe diese Aufgaben geschafft, weil ich es mir vorgenommen habe.“). Im Übrigen funktioniert das auch wunderbar bei Kunstwerken, die einem nicht so gut gefallen. Die Mühe und die Zeit des anderen kann man schließlich immer schätzen.

: Zu viel Lob schadet

Empathie ist Übungssache

Eines ist auch noch wichtig in der Mobbing-Prävention: Empathie. Zu Beginn meiner Elternreise war ich geschockt, wie kleine Kinder sich teilweise untereinander verhalten: Kratzen, beißen, umschubsen, kreischen, treten. Dazwischen waren sie entzückend und haben mich oft genug mit ihrer Großherzigkeit beeindruckt.

Das hielt bis zum nächsten Konflikt um die schönste gelbe Schaufel oder das einzige Feuerwehrauto auf der ganzen Welt.

Dann habe ich auf den Einsatz der Sprache gewartet und als der kam, wurde es … anders. Die Sprache kam ergänzend dazu und hat – zumindest bei uns – nicht zuverlässig die anderen Mittel der Auseinandersetzung abgelöst.

Oft genug waren die Emotionen wegen dieser einen besonderen Sache doch zu viel für die Wörter und die körperliche Auseinandersetzung blieb die einzige weitere Handlungsoption. Menschen bringen die Voraussetzungen zur Empathie mit – es braucht jedoch Übung und das geht zu Beginn nur über Zuhören und Reden, immer und immer wieder.

Heute kann ich bei heftigen Attacken meiner Kinder ruhiger bleiben. Früher war es mir vor allem unangenehm und ich wollte die Situationen so schnell es geht beenden, um eigene Schuldgefühle und Scham aufzulösen. Heute löse ich die Situation auf und spreche mit meinem Kind, sobald es das kann. Ich versprachliche seine Wünsche in der Situation, ohne mich darüber lustig zu machen und die Wünsche seines Gegenübers.

Denn Empathie ist in beide Richtungen wichtig: Ich muss spüren, was ich brauche und möchte, genauso wie ich mich in den anderen und dessen Bedürfnisse hineinversetzen können sollte.

Kann ich mein Kind beschützen?

Die schmerzhafteste Wahrheit beim Mobbing ist: Niemand kann sein Kind mit hundertprozentiger Sicherheit davor bewahren. Wer versucht, sein Kind aus Angst so sehr anzupassen, dass es bloß nicht auffällt, betreibt Schuldverschiebung. Niemand ist schuld daran, gemobbt zu werden.

Wenn ich als Junge Glitzerschuhe tragen möchte, habe ich dazu jedes Recht. Wenn ich anders spreche, mich anders entwickle, dicker oder dünner bin, andere Kleidung schön finde, eine Brille trage oder mir etwas Schwierigkeiten bereitet – Nichts davon gibt irgendwem das Recht, mich kleinzumachen oder bloßzustellen.

Unsere Kinder sollten in ihrer Kindheit jede Facette ihrer Persönlichkeit ausprobieren können, damit sie zu ihrer eigenen Person werden. Wichtig ist, dass wir als Eltern verstehen, dass es an uns ist, schnell zu handeln, wenn wir gezieltes Mobbing erkennen.

Zuhören und hinschauen, klar benennen und handeln. Mobbing ist kein Einzelgeschehen und es zeigt ein tiefliegendes Problem, was an die Oberfläche muss. Mobbing löst sich nicht allein auf.