Gibt es denn ein Schmerzgedächtnis? Wenn ja, ist in meinem kein Platz mehr!
Obwohl meine zweite Schwangerschaft gefühlte Ewigkeiten – genauer gesagt, neun Jahre – her ist, erinnere ich mich daran, als wäre es gestern gewesen. Schließlich vergisst man Schmerzen nicht so rasch! Es gibt ja glaube ich sogar so eine Art Schmerzgedächtnis.
Sollte es ein solches tatsächlich geben, dann hat sich die Schwangerschaft mit meinem Töchterchen dort jedenfalls behaglich eingerichtet und vermutlich auch keine Lust mehr, die geborgene Hülle jemals wieder zu verlassen.
Übrigens befinden sich meine beiden Geburten NICHT im Areal des Schmerzgedächtnisses. Nur, falls jemand einen Vergleich herstellen möchte. Das ist aber streng genommen auch kein Wunder, denn dort ist ja gar kein Platz mehr. Die Schwangerschaft mit meiner Tochter füllt mein Schmerzgedächtnis schließlich bis zur letzten Gehirnwindung aus…
Lasst uns ein wenig ausholen…
Doch fangen wir von vorne an… Um die Sachlage ganzheitlich zu verstehen, muss ich unbedingt die vorherige Schwangerschaft mit Söhnchen erwähnen. Die war ab der 20. Schwangerschaftswoche nämlich ein absoluter Traum. (Anmerkung: Davor war sie dafür die Hölle, weil Schwangerschaftsübelkeit der – haha, Wortwitz – besonders üblen Sorte. Aber man kann sich diese Dinge ja ohnehin nicht aussuchen…)
Ich war so fit, wie man es kaum für möglich hält, wenn man eine hyperaktive Kugel (ja, Söhnchen war bereits im Bauch SEHR bewegungsfreudig) vor sich herschiebt. Keine Wassereinlagerungen! Keine Rückenschmerzen! Keine einzige vorzeitige Wehe! Rein gar nichts – nur Vorfreude!
Ich entsinne mich sogar noch, dass ich beim dritten Geburtstag meines Neffen mit dem Kleinen ein wenig Fußball gespielt habe. Mein eigener Wildfang ist nur wenige Tage danach zur Welt gekommen…
Zweites Baby? Ja, sehr gerne!
Nachdem auch die Geburt absolut auszuhalten war, waren wir uns sicher: Das zweite Baby darf ruhig in Bälde kommen! Wir wollten unbedingt einen geringen Altersabstand zwischen den Kindern und hatten wirklich Glück. Ich war nämlich wieder schwanger, da war Söhnchen gerade einmal zehn Monate alt.
Wie es im Leben so ist, rechnet man ja oft mit dem Wohlbekannten. Also nahm ich die Schwangerschaftsübelkeit, die dieses Mal netterweise sogar etwas weniger heftig ausfiel als gegeben hin. Ich war sogar fast verwundert, als sich das flaue Gefühl und die Übelkeitsattacken mit Beginn der 13. Schwangerschaftswoche klammheimlich davonmachten.
Irgendwie hatte ich fest damit gerechnet, das würde wieder bis in die zweite Schwangerschaftshälfte hinein dauern. Dem war aber nicht so… Zu allem Überfluss war alles, das stattdessen kam, leider um Welten schlimmer…
: Typische Beschwerden
Es begann mit einem Ziehen…
Am Anfang war da nur so ein leichtes Ziehen. Töchterchen wuchs und wuchs und wuchs (sie war wirklich RIESIG) und ich spürte ab und zu ein seltsames Ziehen am Muttermund. Unangenehm, aber nicht schlimm.
Leider wurde das fallweise Ziehen recht bald von einem stetigen Druckgefühl abgelöst – und ehe ich es mir versah, war aus dem stetigen Druckgefühl ein stechender Schmerz nach unten geworden.
Alles kein Problem, meinte mein Frauenarzt… Töchterchen war einfach schon recht früh – Kopf voran, wie es sich gehört – ins Becken abgetaucht. Dabei würde sie wohl ungünstig auf einen kleinen Nerv drücken. Aber wie gesagt, alles kein Problem!
… und plötzlich war da ein nicht enden wollender Schmerz…
KLEINER NERV? KEIN PROBLEM? Machen wir es kurz: Solche permanenten Schmerzen, wie ich sie in diesen schier endlos dauernden Schwangerschaftswochen mit meinem Sonnenscheinchen erlebt habe, waren absolutes Neuland.
Weder davor, noch danach, habe ich jemals wieder solche Schmerzen gehabt. Wenn ich nur darüber schreibe, tobt sich dort oben im Schmerzgedächtnis jemand aus…
Wirklich unmenschlich war das. Jede noch so kleine Bewegung tat HÖLLISCH weh. Ironischerweise habe ich dann auch noch vorzeitige Wehen bekommen und DURFTE mich nicht mehr bewegen. Das war dann unter den gegebenen Umständen fast Ironie…
Ende gut, alles gut
Machen wir es kurz: Irgendwie gingen diese schier endlosen Wochen meiner persönlichen (Schmerz-)Hölle irgendwann doch vorüber. Heute weiß ich nicht mehr wirklich, wie ich das ausgehalten habe. Ich kann mich nur noch an die Schmerzen erinnern. An die erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen.
Als ausgleichende Gerechtigkeit verlief auch diese Geburt absolut traumhaft – und zudem deutlich schneller als die vorherige. Falls sich nun jemand fragen sollte: Ja, unmittelbar nachdem Töchterchen ihre neunmonatige Residenz verlassen hatte, waren auch die abartigen Schmerzen wie weggeblasen. Gelohnt hat sich die Hölle übrigens natürlich allemal!