„Motherhood Wage Penalty“ oder warum deutsche Mütter noch immer weniger verdienen

Frau hält Kleingeld in den Händen
Lohnnachteile für Mütter sind immer noch riesig
©Unsplash/Kat Yukawa

Mutterschaft reduziert die Löhne von Frauen. Dass ist nichts Neues. Wie groß die Lohnnachteile für Mütter allerdings wirklich sind, zeigt der neue Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung.

Gender Pay Gap in Deutschland besonders groß

Die Gender Pay Gap, also der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau, ist immer wieder ein heiß diskutiertes Thema und gerade in Deutschland ein zentrales Hindernis bei der Geschlechtergleichstellung. Warum gerade im vermeintlich aufgeklärten, feministischen Deutschland? Weil hier die Lohnschere zwischen Mann und Frau vergleichsweise hoch ist. Genauer gesagt 21 Prozent, so das Statistikportal „statista“. Damit liegt Deutschland im EU-Vergleich in der oberen Hälfte.

Die Verlierer unter den Verlierern sind dabei die Mütter. Wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung in seinem Report „Lohnnachteile durch Mutterschaft“ erklärt, werden sie besonders diskriminiert. Ein wesentlicher Grund der Gender Pay Gap ist nämlich die Mutterschaft. Das Ganze hat sogar einen Namen: Motherhood Wage Penalty, die mutterschaftsbedingten Lohneinbußen.

Von Humankapital, negativen Signalwirkungen und Vereinbarkeit

Doch warum werden Mütter noch immer benachteiligt? Laut dem Bericht liegt das zum einen an den längeren Auszeiten, die sich viele Frauen nach der Geburt nehmen. Dadurch würden ihre Qualifikationen entwertet werden („Verlust von Humankapital“). Außerdem seien die Lohneinbußen auf „negative Signalwirkungen“ zurückzuführen. Viele Arbeitgeber setzen Mutterschaft mit fehlender Karriereorientierung gleich.

In Zahlen bedeutet das konkret:

„Mütter von zwei Kindern haben in Deutschland bis zum Alter von 45 Jahren bis zu 42 Prozent weniger verdient als kinderlose Frauen.“

Auch unmittelbar nach der Geburt muss laut Report eine Mutter mit Lohneinbußen von bis zu 18 Prozent rechnen, mit der Begründung, dass Arbeitgeber die Produktivität von Müttern generell niedriger einschätzen. Die Folge: Sie werden schlechter bezahlt. Ein weiterer wichtiger Punkt in dieser Diskussion ist die Vereinbarkeit. Entscheiden sich Mütter für einen Wiedereinstieg ins Berufsleben, wechseln sie häufig in familienfreundlichere, aber schlechter bezahlte Stellen.

„Was sollen die Leute denken“: Klassische Rollenbilder sind Teil des Problems

Ein weiterer Faktor: Rollenklischees. Diese sind in Deutschland noch immer sehr präsent: Der Vater geht arbeiten und die Frau bleibt zuhause beim Kind – unbezahlt versteht sich. Das ist vor allem im Bezug auf die mutterschaftsbedingten Lohneinbußen ein Problem, denn „ausschlaggebend für die besonders hohen Lohnnachteile von Müttern in Deutschland sind aber vor allem längere Erwerbsunterbrechungen nach der Familiengründung.“ Wie sehr diese Klischees noch in den Köpfen der Menschen verankert sind, wird sichtbar, wenn Frau von diesem Rollenbild abweicht.

Auch unsere Autorin stand vor der Frage: Soll ich nach der Geburt wieder arbeiten gehen oder nicht? In ihren Artikel „Ich will meine Tochter niemanden zu Betreuung geben“, erzählt sie wie ihr Alltag als Vollzeit-Working-Mum aussieht.

Gleitzeit als Lösung? WSI liefert Vorschläge gegen Ungerechtigkeit

Mütter können in diesem Spiel also gar nicht gewinnen: Gehen sie länger in Elternzeit sei das eine „Verletzung der Vorstellung vom idealen Mitarbeiter, der die Arbeit vor alles andere stellt“, so das WSI. Gehen Mütter unmittelbar nach der Geburt wieder arbeiten, sei das hingegen eine „Verletzung der perfekten Mutter, die ihr Kind vernachlässigt“.

Könnte das Gleitzeit-Prinzip vielleicht die Lösung für deutsche Müttern sein? Immerhin können sie hier den Anfang und das Ende ihrer Arbeitszeit selbst bestimmen. Die Antwort: Jein. Obwohl Gleitzeit im Allgemeinen einen positiven Effekt auf die Löhne haben soll, kann sie den negativen Effekt von längeren Elternzeiten nicht ausgleichen – im Gegenteil. Im Report heißt es:

„Müttern, denen Arbeitsengagement aufgrund längerer Elternzeiten abgesprochen wird, scheint noch weniger zugetraut zu werden, mit Gleitzeit produktiv zu sein.“

Aber was ist denn jetzt die Lösung? Laut dem WSI sind wohlfahrtsstaatliche Regelungen die Antwort auf diese Frage – und weil das noch etwas abstrakt klingt, geben die Autoren noch konkrete Vorschläge, die die mutterschaftsbedingten Lohneinbußen in Zukunft verhindern sollen:

  • Abschaffung des Ehegattensplittings
  • Verlängerung der Partnermonate bei der Elternzeit
  • Recht auf Familienarbeitszeit

Schweden macht es vor: Kaum Lohneinbußen für Mütter

Das es auch anders geht, zeigt uns Schweden. Die Lohnnachteile für Mütter sind hier sehr gering, teilweise sind sie sogar gar nicht vorhanden. Vor allen negative Langzeitfolgen für Mütter gibt es hier selten. Zwar verdienen auch schwedische Frauen unmittelbar nach der Geburt ihres ersten Kindes weniger, die Löhne seien aber ab ca. 40 Jahren sogar höher als die kinderloser Frauen. Auch nach dem zweiten Kind sollen Schwedinnen durchschnittlich weniger Gehalt verlieren als deutsche Mütter:

„Mütter von zwei Kindern haben hier bis zu ihrem 45. Lebensjahr insgesamt nur elf Prozent weniger Lohneinkommen generiert als Frauen ohne Kinder.“

Aber was macht Schweden jetzt anders? Die vergleichsweise gute Lohnsituation schwedischer Mütter erklärt die WSI durch einem „Zusammenspiel der positiven gesellschaftlichen Einstellung gegenüber der Erwerbstätigkeit von Müttern und dem richtigen Maß an wohlfahrtsstaatlicher Unterstützung“.

In Schweden hat jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr das Recht auf einen Betreuungsplatz in einer öffentlichen Einrichtung. Das ist zwar auch in Deutschland der Fall, doch die gesellschaftliche Akzeptanz der Kleinkinderbetreuung sei hier deutlich geringer und werde deswegen weniger in Anspruch genommen.