Plötzlich Vorschulkind – Schwing deinen Bogen doch selbst

Kind steht vor einer kleinen Tafel
"Ich glaube, Gehirnfutter ist wichtig und die Aufgabe der Eltern. Aber nicht alle Kinder brauchen das gleiche Futter."
© Pexels / Yan Krukov

Vorschule ist ein Thema, das die meisten von uns Eltern beschäftigt. Der Übergang von Kindergarten zur Grundschule soll ja gut laufen. Aber so einfach ist der Spagat zwischen entspannt und verkrampft oft gar nicht. Mama Saskia erzählt von welchen Hürden die Vorschulzeit ihrer Kids geprägt war.

Waren wir zu naiv?

Während das eine Kind lässig seinen eigenen Namen bei der U9 schreibt, mag das andere Kind nicht einmal Strichmännchen malen. Bei Sohn 1 waren wir in der Hinsicht vielleicht etwas naiv. Wir wollten keinen Druck aufbauen und wenn der Junge keine Lust zum Malen, Schneiden, Basteln hatte, dann war das so. Beim Schulstart war genau das für ihn jedoch ein Problem. Denn was andere Kinder schnell hinbekamen, dauerte bei ihm länger.

Nach wie vor glaube ich, dass Druck nichts bringt. Ein Kind sollte kein Projekt der Eltern sein. Heute würde ich aber vielleicht andere Sachen versuchen, um meinem Sohn motorisch zu helfen. Mehr kneten oder viel mit Teig zusammenmachen. Basteln findet nicht jedes Kind gut, aber matschen die meisten schon.

Schnippeln, reißen, hämmern, gärtnern, mit Ton arbeiten, Flüssigkeiten umgießen, mit Sand spielen, Murmelbahnen bauen, nähen, mitschneiden und -kochen – eigentlich findet sich bei jedem Kind etwas, was es gut findet und was seine motorische Entwicklung fördert. Eltern, die nicht selbst Pädagoge sind, kommen auf diesen Sprung vielleicht aber nicht beim ersten Kind.

Was sollen all die Schwungbögen?

Ich glaube, dass „Futter“ für Kinder wichtig ist und die Aufgabe von uns Eltern. Allerdings brauchen nicht alle Kinder das gleiche Futter und die Vorschulhefte, die ich kenne, sind alle sehr ähnlich im Aufbau. (Und ja, wir haben eine halbe Schublade voll mit ihnen.) Schwungübungen sind in jedem Vorschulbuch zu finden, aber was sollen diese Übungen eigentlich?

: Wofür das Ganze?

Schwungübungen sollen Kindern eine gute Handhaltung vermitteln und die Koordinationsfähigkeit unterstützen.

Manche Kinder haben große Freude daran, diese Übungen zu machen. Andere Kinder nicht. Einige behaupten, dass es hier wie beim Laufenlernen sei: Irgendwann können Kinder diese Übungen. Das Tempo könnten wir allerdings nicht vorgeben, sondern nur schauen, dass das Kind sich in seinem Tempo entwickeln kann. Wer sein Kind durch Kneten, im Sand spielen und ähnliche Sachen unterstützt, hilft ihm vermutlich mehr als durch Vorschulbücher.

Für die Schule fit werden, aber wie?

Das letzte Jahr Kindergarten ist ein besonderes Jahr. Experten erinnern Eltern daran, dass Kindergärten keine Dienstleister von Schulen seien. Es ginge nicht darum, dort Schule zu üben. Im Kindergarten sollten weiter die sozialen Kompetenzen gestärkt werden, damit die Kinder als selbstbewusste Persönlichkeiten in die Schule gehen können.

Hier unterscheiden sich die Perspektiven von Erwachsenen und Kinder teilweise stark. Sohn 2 erzählte einmal ganz traurig und ärgerlich von einer Situation im Kindergarten. Seine Erzählungen endete mit der Zusammenfassung:

„Mama, wir Kinder sind oft unsichtbar. Keiner redet mit uns, sondern alle erzählen immer nur so Blablabla und so ist das dann.“ Darüber habe ich lange nachgedacht und ich kann mich an dieses Gefühl der Unsichtbarkeit als Kind erinnern.

Kindgerechte Vorschule muss die Fragen der Kinder in den Fokus nehmen und nicht unsere Ängste als Eltern. Kinder haben andere Fragen in Bezug auf den Wechsel zur Schule als wir Eltern. Für meine Tochter sind diese Fragen wichtig:

  • Wo ist die Schule?
  • Muss ich gleich allein gehen?
  • Wann darf ich endlich allein gehen?
  • Wie sieht es in einer Schule aus?
  • Sind die Lehrer nett?
  • Ist einer meiner Brüder noch da?
  • Was ist, wenn ich dort nicht glücklich bin?
  • Darfst du mit reinkommen?
  • Was mache ich, wenn Kinder mich ärgern?
  • Schaffe ich das?

Ich kann das – Selbstvertrauen stärken

In der Schule – gerade in den Ganztagsschulen – wird von den Kindern viel Selbstständigkeit gefordert. Sie müssen mindestens zum Sportunterricht den Raum wechseln, ihre Sachen im Blick behalten und sich regulieren. Das ist ein Bereich, da brauchen uns unsere Kinder, um den Sprung gut zu schaffen. Eine Grundschullehrerin aus der Familie erzählte, wie wenig Kinder in der ersten Klasse selbst ihren Ranzen packen würden.

: Mama-Tipp

Eine prima Übung in der Kindergartenzeit – die Kinder selbst ihre Brotdose und Flasche einpacken zu lassen. Das kostet am Anfang vielleicht etwas Zeit und an einigen Morgen auch Nerven – aber es hilft den Kindern. Und das Abgeben dieser Verantwortung zu üben, ist auch für uns Eltern gut.

Allein anziehen, Sachen raussuchen, Sachen packen – das kann je nach Kind am Morgen den Zeitrahmen sprengen. Während das jedoch bei einem Kindergartenmorgen oft noch geht, wird das in der Schulzeit schwieriger. Wer sein Kind hier früh heranführt, hilft ihm und sich langfristig. Und das Kind merkt: Ich kann das allein.

: Mama, ich kann das schon!

Vorschule ist Anlauf nehmen für den Sprung

Wir haben den großen Luxus einer nahen Grundschule. Relativ schnell nach der Einschulung sind unsere Kinder allein gegangen. Auf dem Weg können sie über die kleinen und großen Wichtigkeiten des Tages sprechen oder Quatsch machen. Ja, das führt manchmal dazu, dass die Kinder eine halbe Stunde später nach Hause kommen, weil sie noch an der Ecke mit einem Freund gestanden haben.

Oder – wie bei einer Bekannten – noch in den neuen Süßigkeitenladen gegangen sind. Das erhöht den Puls bei uns Eltern und führt zu Gesprächen darüber, dass man Bescheid gibt, weil sich andere sonst Sorgen machen. Das Kind zum Schulstart an Absprachen und Eigenverantwortung heranzuführen, ohne die Neugier und den Spaß am Lernen zu vergessen, erleichtert den Sprung ins größere Becken der Schule.