Vom Alltag mit einem Schusselkind
Es gibt Kinder, die sind geboren, um zu träumen und dabei das Leben um sich herum ganz einfach zu vergessen. Meine Tochter ist so ein Traummännchen! Immer schon gewesen! Körperlich ist sie zwar vorhanden, geistig aber meistens in ganz anderen Sphären unterwegs. Gibt ja schließlich auch Spannenderes als das Hier und Jetzt – oder etwa nicht?
Dieser Wesenszug hat durchaus seine Vorteile und ist manchmal auch überaus niedlich anzusehen. Niemand in unserer Familie ist so entstresst und kreativ wie dieses Kind. Doch dann gibt es Tage (Ja, genau! *Diese* Tage!), da treibt mich die Träumerei der Kleinen zur Weißglut. Denn was zwangsläufig mit der inneren Einkehr verbunden ist, ist das große böse Vergessen. Und das nicht manchmal und zwischendurch, sondern ständig und durchgehend! Wäre ihr Kopf nicht angewachsen, sie würde ihn irgendwo liegen lassen, da bin ich mir sicher.
Hier eine kleine Auswahl von Dialogen, wie sie im Hause Kirschbaum mit erschreckender Häufigkeit vorkommen:
- „Wo ist denn bitteschön deine Unterhose abgeblieben?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“ - „Warum bist du immer noch nicht angezogen?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“ - „Du warst jetzt aber nicht wirklich ohne Schuhe auf der Straße unterwegs?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“
Natürlich haben wir aber auch die Klassiker im Angebot:
- „Welche Hausaufgaben stehen denn für heute an?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“ - „Warum hast du den Saustall im Kinderzimmer nicht aufgeräumt?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“ - „Warum hast du keine Jacke an?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“ - „Hast du schon deine Zähne geputzt?“
„Oh, hab‘ ich vergessen!“
Gibt es ein Kraut gegen akutes Vergessen?
Ob gegen das Vergessen ein Kraut gewachsen ist? Wir haben es jedenfalls noch nirgendwo entdeckt! Das Traummännchen-Dasein selbst nehmen wir – meistens – sportlich. Persönlichkeit ist Persönlichkeit, da fährt die Eisenbahn drüber. Und verträumte Persönlichkeit ist eben verträumte Persönlichkeit, da kommt man noch viel weniger dagegen an.
Wenn das Vergessen System hat
Manchmal, da kommt das große Vergessen aber auch ausgesprochen bewusst zum Einsatz. Gaaanz zufällig wird dann die verhasste Jacke „vergessen“ (man kann es ja mal probieren). Blöööderweise hat man dann glatt vergessen, sein Kinderzimmer aufzuräumen (vielleicht macht es ja jemand anderes). Sooo ein Pech, jetzt hat man doch wieder einmal vergessen, dass man zweimal am Tag Zähneputzen muss (vielleicht fällt es ja diesmal niemandem auf).
Tja, diese Art des Vergessens kennen wir eben auch nur zu gut (wir alle, oder?). Mama und Papa fahren da allerdings die Null-Toleranz-Schiene. Wenn das arme, arme Kind so dermaßen gestresst, durcheinander und vergesslich ist, muss man doch etwas dagegen unternehmen. Da muss man dann zum Beispiel echt früh ins Bett gehen und sich mal so richtig ausschlafen. Oder man muss eine Extraportion Nüsse statt Süßigkeiten essen. Wegen den schwer beanspruchten grauen Zellen… Und dann – oh Wunder – ist das Vergessen im Handumdrehen ebenfalls vergessen!