Ein Selbstversuch: Meine Auszeit vom Mama-sein

Mama sitzt mit Kaffee und Zeitschrift auf dem Sofa
Meine erste Auszeit: Wie geht Entspannung nochmal?
© Pexels / Rodnae Productions

Mama Saskia hat sich eine Auszeit von ihrem Familienalltag mit vier Kindern mehr als verdient. Wie sie ein Wochenende ganz ohne „Mama, guck mal schnell!“ und „Jetzt ist aber Schluss“ erlebt hat, erzählt sie hier.

Pause nach 11 Jahren

In den letzten elf Jahren habe ich selten Zeit für mich gehabt. Waren die Kinder weg, habe ich gearbeitet. Zweimal habe ich mich mit einer Freundin getroffen – ohne Kinder, aber nur einmal über Nacht. Im letzten Jahr bin ich allein weggefahren – ohne Kinder, Mann, Hund oder Freunde. Ich war in meiner Heimatstadt und habe mich punktuell mit Freunden getroffen. Es war wunder- wunder- wunderschön.

Ein bisschen Enttäuschung war bei manchen dabei, als ich mein Wochenende allein ankündigte. Klar, ich hätte es – statt mit meiner Familie – auch mit einer meiner Schwestern oder einer Freundin planen und verbringen können. Bestimmt sind auch das schöne Wochenenden. Aber meine größte Sehnsucht war es, Zeit mit mir zu verbringen. Egal, wie komisch sich das anhören mag, so simpel ist das.

Ich sehnte mich nach selbstbestimmter Zeit in meinem eigenen Tempo und keinem vorsichtigen Einfühlen in andere Menschen und ihre Bedürfnisse. Ich wollte weder zuhören noch reden müssen. Ich wollte mich am Morgen nicht absprechen, sondern einfach aufstehen oder liegenbleiben können. Also bin ich allein gefahren.

Der Alltag ist durchgetaktet

Was sich Menschen ohne Kinder nicht vorstellen können, ist die permanente Sendungs- oder eher Empfangsbereitschaft als Eltern. In meinem Alltag ist alles durchgetaktet, damit es funktioniert. Es gibt Zeitfenster fürs Aufstehen, Wecken, Essen, Wegbringen, Hunderunde, Arbeiten, Abholen, Snacken, Kochen, Wäsche rechtzeitig anschmeißen, damit sie trocknet, Einkaufen, …

Ohne diese festen Strukturen würde ich die unterschiedlichen Aufgaben schlicht nicht schaffen. Auch wenn es sich etwas befremdlich anhören mag, aber sie retten mir die Nerven. Wenn am Sonntag immer gebadet oder geduscht wird, gibt es außerdem weniger Diskussionen. Weil wir das immer schon so gemacht haben. Und wenn das Grobe läuft, bleibt im Kleinen Raum für Spontanität.

Neben den Zeitfenstern möchte ich sensibel genug bleiben, um auf jedes Kind zu achten. Da sein, wenn sie nach Hause kommen und schauen, wie die Gesichter aussehen. Nach dem Abholen etwas gemeinsam machen und auf die Nebensätze achten, weil die oft so viel mehr verraten über den Tag und die Gemütslage.

Eigener Freund sein

Meine Antennen sind im Alltag permanent nach außen gerichtet. Wie es mir geht – wenn ich das gefragt wurde, hatte ich oft nicht so richtig eine spontane Antwort. Weil ich mich selbst das gar nicht mehr gefragt habe. Zeit mit mir zu verbringen, auf mich zu achten, runterzukommen und mich nach niemandem zu richten, war der größte Freundschaftsdienst, den ich mir erweisen konnte.

Und zwischendrin konnte ich konzentriert und ohne Kindernebengespräch einigen Freunden Zeit widmen. Und dabei bemerken, wie gerne ich Zeit mit mir verbringe. Denn wie meine jüngste Tochter mit vier Jahren schon so schön sagt: „Mama, ich habe mich selbst aber auch sehr lieb.“

Warmer Kaffee und ein Buch

In der Auszeit konnte ich runterfahren. Ich habe mir keine Arbeit mitgenommen, sondern stattdessen einfach mal wieder ein Buch gelesen. Kein Sachbuch und ich habe es auch nicht quergelesen. Tatsächlich weiß ich nicht, wann ich das letzte Mal ein Buch Wort für Wort langsam gelesen habe. Ich habe in einem Café gesessen, ohne nach Kindern zu schauen oder auf die Launen von ihnen achten zu müssen.

Meinen Kaffee habe ich warm getrunken und konnte danach gemütlich schlendern. Ich hatte zweieinhalb Tage keine Flecken in meiner Kleidung. Ich musste nicht reden und nichts erklären. Natürlich habe ich gesprochen, aber dabei ging es weder um Star Wars noch um Peppa Wutz. Außerdem gab es keinen einzigen Witz über Pupse.

Ich hatte Zeit und Ruhe, das Geschehen um mich herum zu beobachten. Im normalen Alltag bin ich mit dem Beobachten meiner Kinder so sehr ausgelastet, dass ich von der restlichen Welt immer nur kleine Stücke mitbekomme.

Ist das egoistisch?

Tatsächlich hat in meinem nahen Umfeld niemand etwas Negatives gesagt. Stattdessen wurde mir gewünscht, dass ich die Zeit allein genieße. Aus dem weiteren Umfeld kamen Bemerkungen wie: „Toll, dass Ihr Mann das für Sie macht.“ – Aber ist das wirklich „toll“ und uneigennützig? An dieser Stelle ließe sich erbsenartig gegenzählen, wie viele Stunden mehr „Kinderaufsicht“ ich übernommen habe, aber darum geht es eigentlich nicht. Es ist doch eher so: wenn man sich als Team versteht, müssen beide Teile des Teams sich um sich und umeinander kümmern, damit sie ihre Aufgaben im Team zuverlässig übernehmen können.

Nach meiner Auszeit bin ich gutgelaunt zurückgekommen und hatte wieder mehr Nerven und Humor für viele Situationen. Selbstfürsorge ist wichtig, damit wir stabil sind. Natürlich kann nicht ein Partner seine Selbstfürsorge auf Kosten des anderen betreiben und der bleibt auf der Strecke. Aber die Bedürfnisse können hier verschieden sein. Während es für den einen wichtig ist, im Alltag vor der Arbeit seinen Kaffee vor der Arbeit in Ruhe trinken zu können und er hierfür das Haus früher verlässt und der andere einspringt, braucht der andere eine andere Form von Auszeit.

Übrigens: Mama-Auszeiten sind für dich und dein Kind wichtig!

Zurückkommen

Als ich wieder da war, haben sich alle gefreut – mich eingeschlossen. Denn ich liebe den trubeligen Familienalltag. Aber es war so wertvoll für mich, in der Zeit nur mit mir auch mal wieder Ruhe zu spüren. Nicht fünfhundert Sachen gleichzeitig im Kopf haben zu müssen und mit den Antennen auf die Regungen zu achten. Mir ist es wichtig, dass meine Kinder sich selbst mögen und mit sich klarkommen. Das lernen sie aber nur durch Vorbild und nicht durch Predigten. Gerade in schwierigen Zeiten ist es Goldwert, wenn man sein eigener Freund ist.