Spazierengehen als neues Hobby – Sind wir endlich da?

Sparziergang mit der Familie
© Pexels / Emma Bauso

Spazieren gehen mit Kindern ist anstrengend! Das musste auch unsere Autorin Saskia lernen. Aber in der Pandemie gibt es keine andere Option für einen Familienausflug.

Wie sie ihren Kindern das Spazieren schmackhaft macht, erfährst du hier.

Bewegung satt Meckern

Corona führt bei vielen Menschen dazu, dass sie Spazierengehen als Hobby entdecken. Früher – in meinem kinderlosen Leben – habe ich alle Wege gerne zu Fuß erledigt. Ich war – oder bin es vielleicht noch – passionierte Alltagsspaziergängerin.

Mit einen und zwei Kindern habe ich versucht, diesem Lebensstil treu zu bleiben. Buggy, Trage und Laufrad haben mir hierbei sehr geholfen. Aktuell habe ich jedoch das Gefühl, wir bewegen uns gegenläufig zum Spaziergehtrend, denn Diskutieren und Meckern verleiden mir jeden Spaziergang.

Bereits vor der Pandemie schlugen Kinderärzte Alarm: Deutsche Kinder bewegen sich zu wenig und sind zu dick.

Nun ist keins meiner Kinder dick, aber bewegen sie sich vielleicht zumindest aktuell trotzdem zu wenig?

Die Wege in der Stadt sind kurz, bei den Hunderunden gehen sie nur vereinzelt mit und Hobbys, Besuche und so weiter fallen aus.

Zeit, den Spaziergang in unseren Alltag zu bringen. Bei unseren Spaziergängen gibt es zentrale Fragen, die auf jeden Fall mindestens einmal und lieber mehrfach geklärt werden müssen.

Muss ich wirklich mit?

Eins von unseren Kindern könnte an freien Tagen problemlos ausschließlich in den Hausanzug schlüpfen und tagelang im Haus bleiben. Das wäre kein Problem.

Kommen nun wir Eltern und ordnen den Gang nach draußen als „Familienevent“ an, zieht das bei diesem Kind hochgezogene Augenbrauen und Stöhnen nach sich. „Muss ich wirklich mit?“

Neben unserem Stubenhocker kann das bei jedem der anderen Kinder auch passieren, weil gerade das Hörbuch zu spannend, das Spiel zu toll oder generell etwas drinnen in diesem Moment ganz wichtig ist.

Dafür habe ich Verständnis. Schließlich gibt es auch bei mir Dinge, die ich gerne in Ruhe beende.

Verschiebe ich jedoch den Spazierstart und mache mir einen Kaffee, schnappe mir ein Buch oder etwas ähnliches, gibt es zwischen den zuvor so harmonisch spielenden Geschwistern Streit oder das Hörbuch ist zu Ende.

Gibt es am Ende ein Eis oder Kuchen?

In einem Park in unserer Nähe gibt es in der Mitte ein Café. Bereits vor Corona hatten sie einen Außer-Haus-Eisverkauf. An einem schönen Sommertag denken sich naive Eltern nichts weiter dabei außer:

„Es ist ein so schöner Sommertag. Wenn jeder eine Kugel Eis bekommt, ist er noch viel schöner.“

Keineswegs kündigt man an: „Das wird jetzt unser Ritual.“ Aus der naiven Elternsicht geht man nicht den Deal ein: „Bewegung gegen Eis“.

Trotzdem bleibt am Ende übrig: Wenn wir diese Strecke gehen, gibt es ein Eis. Das war schon immer so. Und wenn wir schon Spazierengehen, sollten wir diese Strecke gehen, weil es da immer ein Eis gibt.

Die Gesetze in Kinderköpfen sind deutlich strenger als jedes physikalische Gesetz. Das ist zumindest das vorläufige Ergebnis meiner kleinen Studie, die ich die nächsten fünfzehn Jahre fortsetze.

Warum ist es heute so heiß/ kalt oder nass?

„Du bist doch nicht aus Zucker.“, sagte meine Oma gerne. Es ist einer der Sätze, die ich nicht sagen möchte, die ich aber mindestens in meinem Kopf höre. Denn so sicher wie es beim Seniorentreff um die neuesten Erkrankungen geht, wird von mindestens einem Kind bei uns das Wetter ins Feld geführt.

Jedes Wetter bietet die Grundlage zum Meckern:

Für einen Spaziergang, den man nicht gehen möchte, gibt es kein gutes Wetter. So einfach ist das.

Strahlender Sonnenschein ist zu heiß. Mieselregen ist zu nass. (Dieser Punkt ist im deutschen Norden ein echtes Problem, denn wann mieselt es hier eigentlich nicht?) Oder es ist ganz generell zu kalt und der Wind bläst orkanartig und nicht als laues Lüftchen.

Ratschläge wie „Mach ein Abenteuer daraus“ habe ich hinter mir gelassen. Pfützen hüpfen, gegen den Wind pusten oder warm hüpfen finden Grundschulkinder nur noch peinlich und nicht mehr magisch.

Hund mit Job

Unser Labrador weiß in manchen Situationen nicht, dass er ein Labrador ist. Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, entwickelt er sich zum Hütehund. Er behält alle im Blick und treibt das Rudel zur Not zusammen, wenn die Kinder auf den Laufrädern vordüsen und die Eltern das nicht im Blick haben.

Er ist dabei niedlich, aber bestimmt. Also trainieren wir dagegen an.

Eine Hundetrainerin erklärte mir, während ich drinnen eine klare Vorstellung habe, fehle mir diese draußen. Es bleibt eine weitere Aufgabe, die gemeinsames Spazierengehen nicht leichter macht.

Irren der Erinnerungen

Als ich mit einer meiner Schwestern über unsere früheren Sonntagsspaziergänge sprach, stöhnte sie. „Oh, die habe ich gehasst.“ „Ja?“, fragte ich überrascht. „Natürlich. Und du übrigens auch“, setzte meine Schwester nach. „Wir haben beide immer gehofft, dass etwas dazwischenkommt oder unsere Eltern es vergessen.“ Daran konnte ich mich nicht mehr erinnern.

„Erinnerst du dich nicht mehr an diesen schrecklichen Weg über die Wallanlagen?“ Ganz langsam kamen die Erinnerungen zurück. „Oder wenn wir mit dem Auto zum Wald gefahren sind?“ Hier musste ich stöhnen. Erst Autofahren und dann eine unglaublich langweilige Waldstrecke für alle Kinder über acht Jahre.

Vorher ließ es sich grandios klettern, balancieren und Geschichten erfinden. Aber danach war es ein matschiger, teilweise steiler Weg ohne schönes Ziel.

„Und es gab nicht mal Kuchen. Auf dem anderen Weg lag zumindest die Eisdiele am Ende“, sagte meine Schwester und ich musste lachen.

Spaziergang ohne Eis ist mit oder ohne Pandemie aus Kindersicht schrecklich.