Stadt oder Land – Gibt es den richtigen Ort zum Wohnen?

Symbolbild: Kleines buntes Vogelhaus
Eine Wohnung in der Stadt oder doch das Häuschen im Grünen?
Symbolbild © Pexels / Kindel Media

Wie so viele Eltern hat auch Mama Saskia zum Thema „Stadt oder Land“ so manche hitzige Diskussion geführt. Aber gibt es für Kinder wirklich nur einen richtigen Ort, um sich voll und ganz zu entfalten?

Bin ich eine Stadt- oder Land-Mama?

Aufs Land zu ziehen – das kam für mich lange nicht infrage. Seitdem ich Kinder habe, überlege ich regelmäßig, ob mir das Land nicht doch besser gefallen würde. Diese Gedanken gehen dann so: Dort wären ein wenig mehr Raum, mehr Luft, mehr Licht und weniger Lärm. Gleichzeitig denke ich dann: Ebenso warten dann längere Wege, weniger Angebote (zumindest mit kurzen Wegen) und je nach Ortsstruktur bist du als „Zugezogene“ auch lange eben die Neue. Dann bin ich mit vier Kindern krank zu Hause und kann mir alles innerhalb kürzester Zeit liefern lassen und bin mehr als dankbar für das Leben in der Stadt.

Landidylle

Mit dem Leben auf dem Land verbinde ich viele glückliche Kindheitserfahrungen. Wir waren als Kinder viel bei meiner Oma, die in einem kleinen Ort gelebt hat. Die Familie meiner Oma gehörte zu den alteingesessenen Familien im Ort. Ehrenämter waren normal und bei den Feiern half man beim Auf- und Abbau und bei der Organisation. Es wurden gemeinsame Fahrten organisiert und einmal in der Woche traf sich meine Oma mit einer Gruppe zum Skatspielen und Sticken im Gemeindehaus. Ich hatte in der Zeit bei meiner Oma jedoch keinen Alltag.

Meine Mutter stöhnte noch bei der Erinnerung an die langen Fahrten mit dem Bus in die Stadt, den kritischen Augen im Dorf und der Enge beim Großwerden. Für mich als Stadtkind ohne den Druck fühlte es sich immer frei an. Ich konnte die Tür öffnen und barfuß in den Garten meiner Oma gehen. Hier gab es keinen garstigen Nachbarn, der uns verärgert beim Federballspielen zusah, weil der Ball durchaus in die Beete flog.

Von Jägern und Schafen

Eine sehr gute Freundin auf dem Gymnasium lebte auch auf dem Land und musste jeden Morgen eine halbe Stunde mit dem Zug fahren und vorher beziehungsweise nachher noch zwanzig Minuten mit dem Rad vom Bahnhof ins richtige Dorf. Ihr Vater ging zur Jagd, es wurde alles eingekocht (was ich sonst nur von meiner Oma kannte) und es wurden Dackel gezüchtet. Die langen Wege hätte ich nicht gerne gehabt, aber die Möglichkeit direkt ins Moor spazieren zu können und so viele Tiere, um sich zu haben, fand ich toll. Zumindest die lebendigen Tiere – mit den toten Tieren an den Wänden hatte ich eher ein Problem.

Dann verliebte ich mich in einen Mann, der auf dem Land lebte und arbeitete und zog kurzentschlossen zu ihm. Die nächsten Nachbarn waren auf der einen Seite Schafe und auch sonst waren die Nachbarn spärlich besät. Es gab einen kleinen Laden im Ort, wo der Verkäufer alle mit Namen begrüßte und eine Tankstelle. Die Ruhe tat mir gut. Allerdings fand ich dann das Landleben an sich schöner als das Leben mit dem besagten Mann und kehrte allein zurück in die Stadt, weil mir das noch schöner schien. Bei Mama Purista war das umgekehrt: Sie ist für ihre Kinder aufs Land gezogen.

Neubausiedlungen

Als die Kinder kamen, lebte ich schlicht in der Stadt. Irgendwann stellte sich dann die Frage: Wo soll auf Dauer Heimat sein? Im Freundes- und Bekanntenkreis gab es große und leidenschaftliche Diskussionen, was man den Kindern bieten müsse. Freunde bauten in einer ländlichen Neubausiedlung, die aussah wie direkt aus einem Tim Burton-Film. Alle Küchen waren gleich, die Häuser lagen nur verschieden auf den Grundstücken und durch einen ähnlichen Geschmack sahen am Ende auch alle Gärten zumindest ähnlich aus. Die Bewohner lagen im Alter alle ungefähr im gleichen Jahrzehnt und bekamen alle bald ihr erstes oder zweites Kind. Hier fühlte ich mich nicht zuhause. Die Freunde wurden hier sehr glücklich, weil für sie alles stimmig war.

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Stadtvorteile für mich

Was ich heute – und auch als Jugendliche – an der Stadt schätze, sind die Möglichkeiten. Je nach Stadtteil oder auch der Stadtgröße ist es Kindern früh möglich, viel allein zu machen und ihre Auswahl ist hierbei größer als in den meisten Dörfern. Viele Menschen an einem Ort bedeuten ein größeres Angebot in der Nähe. Damit möchte ich keineswegs in die Kerbe schlagen, dass es auf dem Land nichts gäbe oder das Angebot dort schlecht wäre. Es kann nur einfach einen langen und umständlichen Weg bedeuten, wenn man ein ausgefalleneres Hobby haben möchte. Und manchmal verhindert so ein langer Weg das Ausprobieren ganz generell. Oder man begegnet manchen Dingen schlicht nicht – was allerdings in der Stadt je nach Stadtteil und Freizeitgestaltung ebenso sein kann.

Oft genug finde ich es spannend, dass so unterschiedliche Menschen auf so engem Raum zusammenleben und sich arrangieren müssen. Allerdings geht die Entwicklung hierbei mehr und mehr in die Richtung, dass die Menschen in einem Stadtteil in der Mehrheit in ihrer Arbeitssituation und den finanziellen Verhältnissen nicht so weit auseinanderliegen, was dann auch Burton-Film-artige Züge annehmen kann.

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Home is where your heart is

Die vielen Diskussionen um Stadt oder Land werden oft als Debatten geführt, die nur eine Wahrheit mit sich bringen können. Entweder brauchen die Kinder die Freiheit der Natur oder die Möglichkeiten der Stadt. Aber ist das so simpel? Vermutlich sind das die großen Vorteile der jeweiligen Wohnorte. Dabei glaube ich, dass ein Kind mit einem liebevollen Umfeld sowohl in der Stadt als auch auf dem Land wunderbar großwerden und wachsen kann.

Wichtig ist, dass Eltern ein Netzwerk um sich herumhaben und sich so einen Alltag organisieren können, der funktioniert. Ob der Besuch im Café oder der lange Spaziergang ohne andere Menschen die notwendige Entspannung bringt, ist dann eine individuelle Frage. Es ist die Entscheidung der Eltern, wo sie sich ehrlich wohlfühlen und was für ihre Lebensqualität entscheidend ist. Kinder können an jedem Ort mit Fürsorge wunderbar großwerden.