Mein Kind redet ohne Punkt und Komma

Mutter und Tochter sitzen im Auto
"Manchmal schalte ich einfach ab."
© Unsplash / Tim Mossholder

Wie ein Radio auf voller Lautstärke, direkt neben dem Ohr – So erlebt Mama Nadja ihre kleine Quasselstrippe und das von morgens bis abends. Wie mit einem Radio hilft auch bei dem starken Mitteilungsdrang ihrer Tochter manchmal nur eines: Abschalten!

Fragen über Fragen

Meine Tochter ist 4 Jahre alt. Ein schönes Alter. Sie ist neugierig und möchte die ganze Welt erkunden. Genau so soll es ja auch sein. Doch die Welt kann unter Umständen auch ziemlich verwirrend sein, deshalb tauchen viele Fragen auf. Auch verständlich. Neben den vielen Fragen, hat meine Tochter aber auch einen unfassbar großen Mitteilungsdrang. Jeden Handgriff, den sie unternimmt, kommentiert sie.

Bloß keine Gespräche am Morgen

Das beginnt morgens schon beim Aufstehen. Mein Mann und ich waren immer schon totale Morgenmuffel. Das hat sich auch durch das Kind nicht geändert. Doch sobald meine Tochter die Augen aufmacht, redet sie. Das geht bei ihr miteinander einher. Sie freut sich über den neuen Tag, wünscht einen guten Morgen, umarmt Mama und Papa und ihre Kuscheltiere. Sie redet mit ihren Kuscheltieren und teilt mir fröhlich mit, was sie heute frühstücken möchte.

Ich trotte wie ein Zombie in die Küche und versuche ihren Wunsch zu erfüllen. Sie tapst mir gut gelaunt hinterher und redet. Und stellt Fragen. Und redet noch mehr. Ich brauche Kaffee. Viel Kaffee. Selbst beim Frühstück quatscht sie fast ununterbrochen. Und stellt weitere Fragen. Auch sehr tiefsinnige. „Mama, warum stirbt man?“ Schallt es mir plötzlich entgegen. Was für ein krasser Themenwechsel. Gerade hat sie mir noch erzählt, welches Motiv sie als Nächstes mit den Bügelperlen stecken möchte…

: Tipps unserer Pfarrerin

Ich sitze also noch halb schlafend am Frühstückstisch und versuche meiner Tochter zu erklären, warum Menschen sterben. Uff. Schwere Kost so früh am Morgen. Als sie meiner Erklärung fertig gelauscht hat, nickt sie kurz und redet dann mit ihrem Kuscheltier, dass sie ihm auch gleich einen Brei mache. So als hätte unser Gespräch vor 10 Sekunden nie stattgefunden. Ok, ist mir ganz recht.

Seltsame Ruhe ohne meine Kleine

Gleiches Szenario spielt sich auch bei der weiteren Morgenroutine ab. Sie redet und redet. Ich höre ihr zu und beantworte Fragen. Mein Mann bringt sie in den Kindergarten. Es ist verdammt ruhig zu Hause. Fast schon unheimlich… Naja, ich setze mich an die Arbeit.

Übrigens: Über ihren stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn lasse ich mich hier aus.

Am Nachmittag lasse ich meinen Stift fallen und hole ich meine kleine Quasselstrippe direkt nach der Arbeit ab. Die Arbeit war stressig, aber ich habe dennoch keine 10 Minuten für mich. Sie hat natürlich viel zu erzählen, was sie alles erlebt hat, was es mittags leckeres zu essen gab, dass das Frühstück, welches ich ihr eingepackt hatte, zu wenig Wurst enthielt. Mit wem sie gespielt hat oder wer sie mal wieder geschubst hat.

Ich höre aufmerksam zu und stelle bei Bedarf ein paar Zwischenfragen. Aber eigentlich redet nur sie. Auf dem Heimweg. Zu Hause, überall wo wir am Nachmittag noch hin gehen. Ich finde es ja schön, dass meine Tochter mich so sehr an ihren Erlebnissen teilhaben lässt, aber mal 5 Minuten keine Beschallung wäre auch mal ganz schön…

Nachdem wir noch einige Erledigungen gemacht haben, gehen wir nach Hause. Dort redet sie weiter. Vieles brabbelt sie auch nur so vor sich hin. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Kinder in diesem Alter auch sämtliche Gedanken laut aussprechen und noch nicht zwischen „leise vor sich hindenken“ und laut aussprechen unterscheiden können und deswegen ein Großteil eben „laut“ aus ihnen heraus kommt, obwohl es „nur“ Gedanken sind.

Ich lasse sie also vor sich hin brabbeln und spielen und kümmere mich um meinen Haushalt. Plötzlich steht sie hinter mir und schimpft mich, warum ich ihr keine Antwort gebe. Sie habe mich etwas gefragt. Ohje, ich hatte ihr tatsächlich nicht mehr zugehört. Ich entschuldige mich und bitte sie, ihre Frage zu wiederholen. Ob ich mitspiele. Was auch sonst. Sie spielt also Köchin und kocht diverse Mahlzeiten für mich und die Kuscheltiere. Dabei kommentiert sie erneut jeden ihrer Handgriffe.

: Zuhören will gelernt sein

Zuhören – immer und ständig

Zwischendrin kommt wieder eine Frage, die an mich gerichtet ist. Offenbar ist ihre Erwartungshaltung tatsächlich, dass ich ihr stets und ständig zuhöre, damit ich es mitbekomme, wenn sie eine Frage in ihren Wortschwall mit einbaut. Ich bin fasziniert und genervt zugleich. Aber das zeige ich ihr nicht.

Aber so ist es nun mal, mein Leben in ständiger Geräuschkulisse. Manchmal ist der schönste Moment des Tages wenn sie abends in ihrem Bett friedlich einschlummert, denn dann gibt auch der Mund endlich einmal Ruhe… Und eines Tages, wenn sie ein Teenager ist, werde ich mich freuen, wenn sie überhaupt einmal mit mir redet 😀