Ernüchternder Stillstart
Ich wollte unbedingt stillen und war zu Tode betrübt, als es bei unserem ältesten Sohn nicht klappte. Nach drei Wochen hatte ich eine schlimme Brustentzündung mit Schüttelfrost und blutiger Brust. Auf der einen Brustseite lief nichts mehr und die Tränen aus meinen Augen liefen umso besser, bei jedem Fläschchen, was unser Sohn trank. Es half übrigens nichts, dass mir so viele erzählten, wie natürlich und einfach das Stillen doch sei. Und wie wichtig … als ob ich mir nicht genug Druck gemacht hätte. Einfach ein bisschen Stilltee trinken, eine entspannte Geisteshaltung und fertig? Nun ja, nicht so ganz …
Die Milchpumpe aus der Apotheke
Um doch noch zu stillen, pumpte ich ab. Mit einer elektrischen Milchpumpe, die ich aus der Apotheke lieh. Als ich das erste Mal an diesem ernüchternden Gerät angeschlossen war, konnte ich nur noch weinen. Ich fühlte mich wie eine dusselige Milchkuh. Naja, und dann klopfte noch der Päckchenbote am Fenster (um das Baby nicht durch die Klingel zu wecken) und sah mich an der Maschine hängen. Ich bin unsicher, wer traumatisierter war.
Die Milchpumpe kam schnell zurück in die Apotheke und ich freundete mich mit den Fläschchen an. Es bringt auch Freiheiten, wenn alle das Baby füttern können. Das sagte ich mir mit leiser Wehmut.
Mit Laser und manueller Unterstützung
Umso wichtiger war mir beim Stillstart mit dem zweiten Sohn die Begleitung durch eine Stillberaterin. Die laserte einmal und empfahl mir Cremes und Kühl-Pads. Außerdem zeigte sie mir das Anlegen in unterschiedlichsten Positionen. Es gibt nämlich ein regelrechtes Stillkamasutra, denn gerade bei empfindlichen Brüsten empfiehlt sich ein Wechsel. Dann erklärte sie mir, wie ich meinem Sohn das richtige Ansaugen vormachen sollte. Und die Brust vorbearbeiten … (Vorher erzählt einem niemand, dass man Dinge mitmacht, die man sonst eher mit der versteckten Kamera verbindet.)
Mein Mann ist jedes Mal kopfschüttelnd aus dem Raum gegangen, wenn ich die Milch ‚schüttelte‘. Aber ich bekam keine Brustentzündung und das Kind trank fleißig und glücklich bis zum ersten Geburtstag. Was war ich froh.
Eine kleine Turbotrinkerin
Bei unserer ersten Tochter war das alles unkompliziert. Das Kind dockte an, trank und war fix fertig. Gab einfach zu viel drum herum zu entdecken, um jetzt wirklich lange an der Brust zu bleiben. Ich fand das Stillen trotzdem innig und schön und dann war es mit einem Jahr wieder vollständig vorbei. Unsere Tochter liebte und liebt Essen in jeder Form. Sie wollte keinen Brei, sondern hat direkt mit dem Essen angefangen, sobald sie irgendwie lutschen und halten konnte. Und da sie sowieso in der Regel gut geschlafen hat, war auch das Schlafen kaum ein Problem. Auch noch zu Stillzeiten habe ich in den meisten Nächten wunderbar geschlafen.
Milchpumpe, die Zweite
Und dann kam unsere Kleine auf die Welt und ich hatte mir eigentlich keinerlei Sorgen um das Stillen gemacht. Aber das Kind nahm nicht zu. Die Hebamme war sich sicher, dass ich zu wenig Milch habe und wir daran etwas machen müssten. Sie schlug eine Pumpe vor, damit wir den Milchfluss anregen. Ich dachte an das Melkmonster und entschied mich für eine kleine manuelle Pumpe.
Da mein Mann Elternzeit hatte, konnte ich mir diesen zeitfressenden Luxus gönnen. Es war genug Milch da, aber unsere Tochter war etwas saugschwach. Es strengte sie in den ersten Wochen so sehr an, dass sie einfach zu früh einschlief. Also pumpte ich ab und freute mich umso mehr als das Stillen dann ab dem vierten Monat einfach so klappte.
Der erste Geburtstag
Durch die Erfahrungen mit den anderen Kindern war ich mir sicher: Pünktlich zum ersten Geburtstag würde auch mein letztes Mäuschen fröhlich abdocken. Ich sprach noch im Februar davon, dass ich etwas nostalgisch werde, wenn ich gar nicht mehr stille. Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen, denn das Mäuschen hatte andere Pläne mit mir und meinen Brüsten. Sie gehört auch eher nicht zu den Kindern, die ruhig und selig schlafen. Es wird noch immer regelmäßig geschaut, ob ich noch da bin und ob nicht vielleicht auch die Brust noch da sein könnte. Ein Schnuller führt in diesen Situationen zu halbstündigem Schreien. Und nach dieser halben Stunde gibt meine Tochter nicht auf. Sie hat ihren Standpunkt deutlich gemacht und klopft wieder vertrauensvoll auf die Brust.
Der kleine Brustzombie
Nun sind wir beide gemeinsam die Brustzombies. Sie lauert zombiartig (natürlich in süß, aber diese ausgestreckten Arme und das „MAMA“ wecken bei mir mittlerweile diese Assoziationen) und ich fühle mich untot. Ich bekomme nicht genug Schlaf und es gibt Tage, da möchte ich einfach niemanden in meinem Oberteil haben. Es reicht mir mit dem Stillen. Aber Schreien lassen ist auch keine Alternative für mich. Wir nähern uns immerhin einem stillfreien Tag an. Bis dahin atme ich ein und aus und versuche mir vorzustellen, dass ich einmal mit Nostalgie an das Stillen denken werde. Weil es doch eigentlich schön und besonders ist.