Das Wichtigste in Kürze:
- Strategische Inkompetenz beschreibt Verhaltensweisen, die aktiv dazu führen sollen, bestimmte Aufgaben nicht mehr übernehmen zu müssen.
- Oft sind es die Partner, die ihrer Partnerin so einen immensen Mental Load aufbürden.
- Natürlich können auch Frauen Anzeichen strategischer Inkompetenz zeigen, meist betreffen diese aber keine alltäglichen Aufgaben, sondern eher seltene To-Dos.
Mehr als faule Ausreden: Das steckt hinter strategischer Inkompetenz
Kommen dir Sätze wie „Welche Windelgröße braucht der Kleine denn?“ oder „Du hast nicht gesagt, dass ich die dreckigen Handtücher mitwaschen soll“ bekannt vor? Dann könnte es sein, dass dein Partner oder deine Partnerin sich absichtlich dumm stellt. Dieses Verhalten wird auch als „strategische Inkompetenz“ bezeichnet.
Meist sind es Aspekte der Care-Arbeit, die so unweigerlich bei nur einer Person liegen – in den meisten Fällen den Frauen. Strategische Inkompetenz meint dabei aber nicht, dass der Müll mal nicht rausgebracht wird, weil man darauf gerade so gar keine Lust hat. Vielmehr geht es darum, dass der Partner die Verantwortung für solche Aufgaben absichtlich beim anderen ablädt.
Ein Beispiel aus dem Haushalt
Du musst los und bittest deinen Partner darum, noch die Babyflaschen zu sterilisieren. Wenn du nach Hause kommst, sind die Fläschchen sauber, aber in der Spüle stapelst sich noch das dreckige Geschirr. Auf die Frage, warum das nicht gleich mit abgewaschen wurde, bekommst du nur die Antwort: „Das hast du mir nicht gesagt“.
Mit solchen Situationen wird zum einen die Arbeit auf den Schultern der Partnerin abgeladen. Zum anderen wird sie durch die Aussage, sie habe den Partner nicht darauf hingewiesen, auch noch zur Schuldigen, wenn die Aufgaben nicht erledigt werden – auch wenn jeder erwachsene Mensch das allein sehen sollte.
Wie solche Situationen im Alltag noch aussehen können, zeigt der Instagram-Account „seiten.verkehrt“. Hier sammelt Mirja regelmäßig die Geschichten, die ihr Frauen anonym zuschicken.
Nicht jede Schwäche ist strategische Inkompetenz
Es ist wichtig, hier einen entscheidenden Unterschied zu betonen. Denn nicht jede Schwäche, Unwissenheit oder Unsicherheit ist gleichzusetzen mit strategischer Inkompetenz.
Dein Partner fragt bei dir wiederholt nach, was er dem Baby bei welcher Temperatur anziehen soll? Er will nichts falsch machen und holt sich zur Absicherung eine Meinung von dir ab. Auch das kann anstrengend sein und zahlt auf deinen Mental Load ein. Doch dahinter steckt vermutlich keine böse Absicht.
Nur wenn dein Partner sich bewusst schlecht anstellt, mit der Absicht, nicht noch ein zweites Mal gefragt zu werden, spricht man von strategischer Inkompetenz.
Typische Verhaltensmuster bei strategischer Inkompetenz
- Situationen häufen sich
Der große Unterschied zwischen strategischer Inkompetenz und schlichtweg nicht zu wissen, wie etwas geht, lässt sich leicht erkennen. Kommt es immer häufiger vor? Zeigt dein Partner eine ablehnende Reaktion, wenn du ihm erklären willst, wie etwas funktioniert, damit er es künftig selbst machen kann? - Auffällig oft der gleiche Aufgabenbereich
Beschränkt sich die vermeintliche „Unwissenheit“ nur auf einen bestimmten Bereich, etwa die Haushaltsorganisation oder den Einkauf, ist das ein deutliches Zeichen für strategische Inkompetenz. - Hauptsächlich alltägliche Aufgaben
In den allermeisten Fällen betrifft die vorgetäuschte Inkompetenz Aufgaben aus dem Alltag, die zwar vermeintlich schnell erledigt sind, sich aber zu einem riesigen Berg auftürmen, wenn nur eine Person sich darum kümmern muss. - „Wenn man nicht alles selbst macht“
Vorsicht, ein Warnsignal für dich selbst sollte spätestens die berühmte „Wenn man nicht alles selbst macht“-Mentalität sein. Spürst du, dass du deinem Partner einige Aufgaben gar nicht mehr zutraust, weil du schon weißt, dass die schlechte Ausführung für dich noch mehr Aufwand bedeutet?
Dein Partner lädt alle Aufgaben bei dir ab? So kannst du dich wehren!
#1 Probleme ansprechen: Der erste Schritt, um deinen Partner auf seine Verhaltensmuster aufmerksam zu machen, ist es, diese anzusprechen. Damit dieser nicht gleich in die Defensive geht, solltest du deine Botschaft möglichst auf dich beziehen. Das bedeutet, zu kommunizieren, was diese Einstellung mit dir macht.
Zum Beispiel: „Es gibt mir das Gefühl, dass du meine Arbeit und meine Zeit nicht wertschätzt“ wirkt effektiver als “Du schätzt mich nicht wert!“.
#2 Liste aller Aufgaben und Zuständigkeiten erstellen: Um die Tragweite der Probleme offenzulegen, kann es helfen, eine Liste aller Aufgaben zu erstellen, die im Alltag anfallen. Diesen Punkten wird dann im zweiten Schritt die Person zugeordnet, die diese in der Regel übernimmt. Im letzten Schritt könnt ihr gemeinsam auswerten, ob die Gesamtzahl in etwa gleich verteilt ist, oder nicht.
#3 Mit Therapie das Problem an der Wurzel packen: Sehr wahrscheinlich hat dein Partner sich nicht eines Tages überlegt, dass er ab sofort nicht mehr mithelfen wird. Oft ist die strategische Inkompetenz ein erlerntes Verhaltensmuster. Die gute Nachricht: Daran kann man aktiv arbeiten. Eine Paar-Therapie ist eine gute Möglichkeit auf neutralem Boden über die Probleme zu sprechen und aufzudecken, woher das Verhalten möglicherweise stammt.
Wenn du mit deinen Nerven am Ende bist oder dir selbst keinen Rat weißt, wie die Situation verbessert werden kann, kannst du dir Unterstützung suchen. Es gibt einige Selbsthilfegruppen für Eltern, in denen über genau diese Dinge gesprochen werden kann – auch online.
Die Caritas bietet zusätzlich eine kostenlose Familienberatung an. Auch diese kannst du online oder vor Ort wahrnehmen. Scheue dich nicht davor, das Problem anzugehen!