Meine Tochter ist ein Papakind – so fühlt es sich an, der andere Elternteil zu sein

Kind sitzt bei Papa auf den Schultern, Mama daneben
Ich bin die ewige Nummer 2 ...
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Papa, der strahlende Held – und Mama ist halt auch da? Für unsere Autorin und Mama Daniela Kirschbaum ganz normaler Alltag. Dass es nicht immer ganz leicht war, „nur“ die zweite Geige zu spielen und wie sie sich mittlerweile damit arrangiert hat, erzählt sie uns heute.

Ist doch fein, wenn beide zuständig sind

Wir haben uns die Kinder immer ganz fortschrittlich „aufgeteilt“. Mir war es wichtig, nicht nur Mama zu sein und meinem Mann war es wichtig, den ganz normalen Wahnsinn Familie auch zu leben – eine Win-win-Situation sozusagen. Da der Nachwuchs also beide Elternteile gleichermaßen gewohnt war, gab es lange Zeit keine Präferenzen. Will heißen: Papa war genauso gut wie Mama und umgekehrt! Dass sich Babys nur von Mama beruhigen oder ins Bett bringen lassen, kannte ich lediglich vom Hörensagen. Meinen Kindern war es herzlich egal, wer um sie herumwuselte, solange einfach jemand da war und natürlich gewillt, ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Ob derjenige nun auf den Namen „Mama“ oder „Papa“ hörte? Völlig egal!

Hat sich da etwa eine Präferenz eingeschlichen?

Während Söhnchen bei dieser pragmatischen Herangehensweise geblieben ist, ist Töchterchen scheinbar mehr gewillt, ihre Zuneigung ein bisschen zu variieren. Das kam schleichend und ließ irgendwann dann doch keine Zweifel mehr offen. Innerhalb weniger Monate war Papa plötzlich zum besseren Vorleser, geschickteren Bastler (Okay, das stimmt vielleicht sogar!) und hingebungsvolleren Tröster mutiert. Kaum eine Gabe, die der talentierte Mr. Papa nicht vorweisen konnte. Und Mama? Abgeschrieben! Wenn Töchterchen die Wahl hatte, wählte sie ihren Papa – und ja, das war mir durchaus nicht völlig egal…

Zu sagen, dass es mir wehgetan hat, wäre aber vielleicht doch ein wenig übertrieben. So war es nicht ganz. Im Grunde meines Herzens freute ich mich ja über das innige Vater-Tochter-Verhältnis. Über überschwängliche kindliche Liebesbekundung von Töchterchens Seite hätte ich mich aber eben auch gefreut. Dabei will ich nicht meckern, denn von Zeit zu Zeit bekam ich solche natürlich. Da musste ich aber schon ein klein wenig Glück haben. Und Papa? Der musste ganz einfach nur den Raum betreten!

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„Mit dem Papa verstehe ich mich einfach besser!“

Dass Töchterchen ein echtes Papakind ist und der strahlender Held in ihren Augen kaum Makel hat, ist so geblieben. Mittlerweile ist sie elf und immer noch hellauf begeistert von allem, was ihr Papa tut. Mal mit mir alleine etwas unternehmen? Laaangweilig! Mit dem Papa? So schnell kann man gar nicht schauen, schlüpft sie in ihre Schuhe – und mein Kind ist eigentlich ein Couchpotato, wie es im Buche steht. Papa darf schimpfen, Papa darf kritisieren, Papa darf vergessen, das Lieblingsshirt zu waschen, das ist alles gar kein Problem. Macht Mama das, ist Feuer am Dach…

Ich habe mich nach all den Jahren durchaus damit arrangiert, bin aber manchmal neugierig, was die Pubertät bringen wird. Noch steckt die ja in den Kinderschuhen. Böse Zungen behaupten aber, dass Eltern in der Pubertät keine strahlenden Helden mehr sind, sondern eher das Gegenteil…

Zuletzt hat Töchterchen übrigens die Quintessenz der ganzen Sache in einem Satz rausgehauen:

„Mit dem Papa verstehe ich mich halt einfach besser!“

Das hat sie nicht im Streit gesagt, nicht böse oder anklagend, sondern ganz wertfrei. Weil es halt einfach eine Tatsache ist und für sie keine große Sache…

Eine Frage, die mich auch bei unserem Söhnchen beschäftigt: Kommen Kinder heute früher in die Pubertät?

Ist es, weil wir uns zu ähnlich sind?

Warum es so ist, wie es ist, das ist mir vom Kopf her ziemlich klar. Meine Tochter ist wie ich, nur in kleiner. Dasselbe Temperament, dieselbe Redseligkeit, dieselbe Sturheit! Bei uns kracht es oft gewaltig, weil wir uns einfach zu ähnlich sind. Gleich und gleich gesellt sich gern, trifft bei uns ganz sicher nicht zu. Wir sind miteinander dynamisch – und das spürt man! Mit dem Papa hingegen harmoniert Töchterchen vom Charakter her wunderbar. Die Dynamik kann man in dieser Beziehung mit der Lupe suchen, zwischen den beiden passt es einfach.

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Ein guter zweiter Platz ist auch okay

Zugegeben, ich müsste lügen, wenn ich mir nicht manchmal ein bisschen mehr Harmonie und einen kleinen „Mama-ist-die-Beste“-Status wünschen würde. Ich fürchte aber, von diesem Gedanken kann ich mich verabschieden, sofern Töchterchen und ich charakterlich keine 180-Grad-Wende mehr hinlegen – und das ist nicht abzusehen. Deshalb mache ich einfach das, was wohl jeder Elternteil an meiner Stelle tun würde: Ich richte mich in der Beziehung ein, die mir meine Tochter zugesteht. Alles andere wäre ja auch irgendwie übergriffig.

Ein „guter zweiter Platz“ ist auch okay, solange der halbwegs stimmig ist. Und etwas Gutes hat das Ganze: Für mich sind jede Umarmung, jedes „Ich hab dich lieb“ und jedes kleine und größere Problem, das MIR anvertraut wird, ganz, ganz viel wert!