Kurz vor sechs Uhr früh.
Mein Dreijähriger erwacht und „küsst“ mich. Süße Schlabbersabber im Gesicht. „Mama, wollen wir ein Buch lesen?“ Der Knabe krabbelt unsanft über mich hinweg, läuft zum Bücherregal, kommt mit einem Buch über den Bauernhof wieder.
„Ich bin noch müde!“, entfährt es mir. K. meckert los. „Ist ja gut“, versuche ich ihn ungeduldig zu beruhigen. „Komm her, wir kuscheln noch ein bisschen.“ Jetzt weint er. „Lesen, Mama!“
06:45 Uhr:
K. zieht mir die Decke weg. „Aufstehen!“ Stimmt. Kaffee könnte helfen … Wieder fallen mir die Augen zu. Nur noch eine Sekunde schlafen … Aber K. zieht weiter energisch an der Decke herum. „Ich komme ja!“, maule ich.
07:10 Uhr:
Als ich mit dem Kaffee wieder hochkomme, schläft der große „Junge“ noch. Unser erster Sohn P. auch. Während ich schon eine Ewigkeit wach und sooo müde bin – und Bauernhofbuch lesen muss …
07:45 Uhr:
Das Kinderzimmer ist verwüstet, das Klo besetzt, P. will sich nicht anziehen („erst nach dem Frühstück!“), K. will auch nicht („Mama, nein!“). T. lümmelt auf dem Bett. („Bin ich müde …“). Ich trete auf einen von irgendeinem Auto abgebrochenen Plastik-Heckspoiler und muss jetzt echt fast heulen. Und das schon um kurz vor acht. Stattdessen wettere ich: „Frühstück jetzt alle, los!“
08:00 Uhr:
„Was möchtest Du essen, Brot oder Cornflakes?“ P. antwortet nicht, sondern turnt auf dem Sofa herum und hinterlässt belustigt Spucke-Spuren darauf. „Hey! Spucken kannst Du nachher bitte draußen. Also, was möchtest Du jetzt essen?“ Immer noch keine Antwort. Andere Richtung. „K., was möchtest Du?“ Lego Duplo ist spannender. K. baut jetzt ein Haus. Mit einem Pferd auf dem Dach. „Gut, dann schmiere ich mir jetzt selbst eine … Stulle.“
P. kommt angerannt. Er hört, was ich sage und buhlt jetzt um die Gunst des zuerst geschmierten Butterbrotes. „Gesalzen!“ Alles klar, Chef. „Ich will Erster sein!“ K. kommt ebenfalls zum Tisch …
08:30 Uhr:
Geschafft. P. ist zum „Präsenzunterricht“ in der Schule – wie zur Zeit jeden zweiten Tag. T. hat ihn auf dem Weg zur Arbeit hingebracht. K. hat kindergartenfrei, Personalmangel … „Mama, spielst Du mit mir?“ Oooh nein, jetzt das. „Mama, bitte Lego!“ Bitte nicht, ich muss doch so viel tun …
09.30 Uhr:
Auf dem Weg zur Bank. Geld abholen. Kein Parkplatz frei, ich parke in der Eile richtig dämlich auf dem Bordstein. Die Radkappe hat sich gelöst. Wütend trete ich sie wieder an den Reifen. Ich fluche vor mich hin und das nicht besonders leise. Das alles nur, weil die Leute hier wieder alles zuparken.
Stehe jetzt vor dem Geldautomaten, K. will überall drücken. Ich aber will einfach nur Geld abheben, krame die Karte hervor und … oh. Die Versichertenkarte. Wo. Ist. Meine. EC-Karte?!
10:00 Uhr:
War bei der Post („Mama, ich mach das!“) und habe die Pfandflaschen abgegeben („Mama, ich will noch eine Flasche rein schieben!“), mich über die Summe gefreut, die dabei zusammenkam. Konnte ein paar Kleinigkeiten davon kaufen (genau, meine EC-Karte liegt bestimmt irgendwo zu Hause).
11:00 Uhr:
Ich habe K. dazu verdonnert, ein bisschen alleine zu spielen, während ich jetzt am Schreibtisch sitze. Ich bin immer noch müde, also so wie immer. Und träume mich nach Thailand … Ich schaffe ganze zwei Absätze, dann ruft der Herd. Mittagessen vorbereiten.
12:00 Uhr:
Wir fahren los, P. aus der Schule holen. Die geht zur Zeit nur bis 12.15 Uhr. K. fährt Laufrad, ich bin auf dem Drahtesel unterwegs. („Vorsicht, ein Auto.“ – „K., bleib schön bei mir!“ – „Nicht so weit in der Mitte fahren!“) Die Hundekacke, die sich nach dem kleinen Sturz an K.s Hände heftet, wische ich mit ein paar Blättern weg.
12:45 Uhr:
Essen steht auf dem Tisch. „Mama, das schmeckt nicht“, sagt K. Na danke. Wofür all die Mühen und wertvolle Zeit in der Küche?
13:30 Uhr:
Ich habe K. ins Bett gekriegt! P. hört ein Hörbuch, ich sitze wieder am Schreibtisch. Ich bin so müde …
15:15 Uhr:
Der Besuch ist da: P.s Freund. Mit seiner Mutter führe ich Gespräche über das bevorstehende Schuljahr in Zeiten von Corona. Über die Erschöpfung. Wir beschäftigen uns mit Dingen, die in unserem Leben zu kurz kommen und die wir uns im Alltag immer wieder zurückerobern müssen. K. leistet uns etwas am Tisch Gesellschaft, isst Dinkelwaffeln und pupst.
18:00 Uhr:
Der Besuch ist weg. Zu dritt beseitigen wir das Spielchaos. Zum Abendessen gibt es Polenta mit Honig. Die Buben lieben es, Formen auszustechen … (Hinterher beseitige ich auch dieses Chaos.) Als der Papa endlich nach Hause kommt, ist es nach 19:00 Uhr.
20:45 Uhr:
Ich bin fix und alle. Die Jungs schlafen tief und fest („Nein, ich will mich noch nicht umziehen.“ – „Nee, ich möchte noch nicht Zähneputzen.“ – „Erst musst Du uns fangen, Mama!“ – „Eierloch, fang uns doch!“ – „Noch eine Geschichte …!“). Ich habe es mir mit einem Glas Rotwein vor dem Rechner gemütlich gemacht und schreibe. Herrlich … Diese Ruhe. Horch? Mist. Ich muss noch mal kurz zu K.