Warum ist die Fürsorge-Arbeit einer Mama nichts wert?

Mama und Kind mit gemaltem Bild "Beste Mama"
"Bei der Wertschätzung ist Luft nach oben und der Weg führt über die Umbewertung von Care-Arbeit."
© Pexels / RODNAE Productions

Manchmal wäre es schön, wenn der Motor von Müttern, die den Großteil der Care-Arbeit leisten, weniger auf Hochtouren arbeiten müsste. Pausen und etwas mehr Anerkennung für die „Alltagsmagie“, das wünscht sich Mama Saskia.

Es fehlt an Respekt

An meiner Schule war ein soziales Praktikum Pflicht. Für mich war das damals mit 15 Jahren lästig, weil eh für mich klar war: In einem sozialen Beruf werde ich nicht arbeiten. Die drei Wochen in einer Krippe haben mir aber einen winzigen Einblick in ein mir bis dahin sehr fremdes Arbeitsfeld gegeben.

Den Respekt vor den Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, haben sie auf jeden Fall erhöht. Und Respekt gibt es bei uns in der Gesellschaft deutlich zu wenig für die anspruchsvolle Care-Arbeit – sowohl die berufliche als auch die private Arbeit.

Selbstbewusst, wie meine Oma

„Kochen, putzen und sich kümmern kann eigentlich jeder und sowieso erledigt sich das bisschen Haushalt wie magisch nebenbei.“ Wer einen Haushalt führt, würde nie sagen, dass sich das von allein erledigt und keine Kenntnisse braucht.

Meine Oma war eine klassische Hausfrau. Allerdings mit einem möglicherweise etwas größeren Selbstbewusstsein als die meisten Hausfrauen es haben.

„Ohne mich läuft nichts.“, lautete ihr Credo und natürlich hatte sie ein eigenes Haushaltskonto, hat zeitgleich mit ihrem Mann den Führerschein gemacht und hat das Auto für sich und die Familieneinkäufe beansprucht. Mein Opa ist mit dem Rad und der Bahn zur Arbeit gefahren.

Das Haus war immer sauber und ordentlich, es gab für jede Person des Haushalts pünktlich beim Nachhausekommen eine warme Mahlzeit und jedes Kleidungsstück des Hauses war gebügelt. Meine Oma hat unter den Sesseln und Schränken saubergemacht und nicht nur die Regale, sondern auch die Wände abgestaubt.

Wenn ich bei uns eine Spinnwebe fröhlich von der Decke herunter wehen sehe, weil dort der allseits geliebte Saugroboter Roby nicht rankommt, denke ich manches Mal etwas beschämt an meine Oma. Dabei hätte gerade meine Oma viel Verständnis dafür, dass ich neben meiner Berufstätigkeit und den Kindern nicht noch einen perfekten Haushalt führe.

Weil sie wusste, wie viel Zeit all die Details des Haushalts sie gekostet hat. Und sie zumindest bei uns Enkelkindern die Priorität auf dem Kümmern hatte und es dann statt des frischen Essens auch durchaus die von uns gewünschte Tiefkühlpizza gab, damit sie mit uns noch spielen, lesen oder quatschen konnte. Aufgaben aus dem Care-Bereich, bei denen man an guten Tagen viel zurückbekommt.

: Arbeit in Haus und Garten

„It’s magic“

Es gibt Morgen, da läuft alles wie am Schnürchen. Die kleinen, mittleren und großen Dramen werden magisch umschifft, alle Kinder sind pünktlich aus dem Haus beziehungsweise im Kindergarten gelandet.

An diesen Tagen denke ich: „Ist gar nicht so schwer dieses Vereinbarkeitsding“, wenn ich pünktlich und nervlich unangetastet am Schreibtisch lande. Dann gibt es aber auch Morgen, an denen wenig, bis nichts von allein läuft.

  • Weil das eine Kind Angst vorm Schwimmen hat.
  • Das nächste Kind fragt besorgt nach, ob das andere Kind jetzt nicht in die Schule gehen muss, denn das wäre „total unfair“.
  • Das ältere Kindergartenkind möchte einen Tag früher Wochenende haben.
  • Die Jüngste im Bunde möchte im Herbst ärmellos und mit Sandalen herumlaufen.

Und überhaupt dieses Zähneputzen am Morgen ist eine reine Foltermethode gelangweilter Mütter … das Frühstück ist nicht richtig, die Schuhe stehen an der falschen Stelle…

Umgestellt habe natürlich ich das, weil ich vor lauter Langeweile oft im Flur die Sachen meiner Kinder verstecke, nur damit der sonst zu ruhige Alltag spannender wird.

… Mit zunehmendem Alter der Kinder werden diese Morgen weniger. Es ist mehr Routine auf allen Seiten und vielleicht ein schnelleres intuitives Reagieren meinerseits bei den kleinsten Anzeichen für Probleme. Bin ich jedoch stimmungsmäßig etwas aus dem Tritt, zeigt es sich sofort: Es ruckelt im Getriebe. Manchmal wäre es schön, wenn der Motor von Müttern oder den Personen, die in der Familie den Großteil der Alltags-Care-Arbeit leisten, etwas weniger auf Hochtouren arbeiten müsste. Pausen und Anerkennung für die „Alltagsmagie“, die jede Familienalltag braucht, wären schön.

: Den Familienalltag erleichtern

Klassische Frauenberufe mit schlechter Vereinbarkeit

Eine ähnliche Magie braucht der Alltag bei der beruflichen Care-Arbeit. Es sind oft klassische „Frauenberufe“. Es sind Berufe mit wenig Prestige und schlechter Bezahlung. Pflegeberufe, soziale und pädagogische Berufe werden nach wie vor zum Großteil von Frauen ausgeführt.

Ist ein Mann Pfleger, ist die Wahrscheinlichkeit bei ihm deutlich höher als bei seiner Kollegin, dass er seine Karriere als Pflegeleiter beendet. Teilweise liegt das daran, dass viele Frauen durch die eigene Familienplanung zumindest eine Zeitlang die Karriere hintenanstellen. Insbesondere in Berufen, in denen sie zeitlich kaum flexibel arbeiten können.

Das haben viele „klassische Frauenberufe“ gemeinsam – sie lassen sich durch ihre starren Arbeitsbedingungen schlecht mit Familie verbinden. Pflege lässt sich nicht im Home-Office ausüben. Während die Familienplanung bei Männern nach wie vor kaum Auswirkung auf ihren beruflichen Erfolg hat, zeigen Studien bei Frauen mit der Entscheidung für Kinder nach wie vor den „gefürchteten Karriereknick“. Die Arbeit in einem unterbezahlten Bereich erschwert es zusätzlich.

Gelebte Humanität

Studien zeigen erstaunlicherweise, dass sich viele Frauen für einen klassischen „Care-Beruf“ aus dem Gefühl heraus entscheiden, sonst nichts zu können. Sie sehen ihre Qualitäten im zwischenmenschlichen Bereich gar nicht, sondern ihre vermeintlichen Defizite in anderen Bereichen.

Oder ihre Liebe zu Menschen und ihre Fürsorglichkeit stehen bei der Entscheidung im Vordergrund. Während die eine Frau im Mangel-System vermeintlich ihre eigenen Defizite wiederfindet, wächst der Frust bei der anderen Frau, die ihre Fürsorglichkeit im strengen Raster kaum leben kann. – Der Entwicklungsstand einer Gesellschaft zeigt sich in der gelebten Humanität. Da ist Luft nach oben und dieser Weg führt über die Umbewertung von Care-Arbeit.