Wie das zweite Kind meine Beziehung zum Ersten veränderte

Große Tochter und Baby zusammen auf dem Sessel
"Es sind die alltäglichen Dinge, bei denen meine Große sich mehr als zuvor gedulden muss."
© Unsplash / Christian Bowen

Mama Victoria zwischen Baby-Glück und schlechtem Gewissen gegenüber ihrer „Großen“: So hat das zweite Kind ihre Beziehung zur Erstgeborenen verändert.

Der perfekte Altersabstand

Ich bin frisch gebackene Zweifach-Mama und liebe es – den größten Teil der Zeit jedenfalls. Meine jüngste ist mittlerweile 7 Monate und die Große 4 Jahre alt. In der Theorie war das der perfekte Alterstabstand, da ich dann wenigstens schon ein halbwegs selbstständiges Kind habe. Alleine Zähne putzen, anziehen, essen – das erleichtert einem schon einiges. Außerdem geht sie vormittags in den Kindergarten, was mir wiederum Zeit für die Kleine gibt.

Zweifach-Mamas warnten mich

Alle Umstände scheinen nach meiner Theorie perfekt zu sein, gebe es nicht dieses ständige schlechte Gewissen, dass sich die Bindung zu meiner ersten Tochter seit der Geburt meiner zweiten ein wenig gelöst und verändert hat. Viele Zweifach-Mamis haben mich im Vorfeld gewarnt „die Aufmerksamkeit zu teilen ist die größte Herausforderung“ oder „beiden Bedürfnissen kannst du nicht zeitgleich gerecht werden“.

Nach der Geburt meiner zweiten Tochter bemerkte ich einen wahnsinnigen Wachstumsschub in mei-ner großen Tochter. Sie wirkte auf mich schon so groß, eigenständig und unabhängig. Und da beginnt der Fehler im System, denn das ist sie noch gar nicht. Sie braucht ihre Mutter immer noch und genau so stark, wie vorher. Doch nun ist da noch ein Baby, was einfach noch gar nichts kann und neben meiner großen Tochter hilflos und absolut unselbstständig ist.

Baby und große Schwester Bindung veränderte sich schnell

Am Anfang lief alles glatt. Das Baby war ein Highlight für meine große Tochter und wurde mit sämtlichen Spielsachen unterhalten, zärtlich geküsst und geliebt. So vergingen die ersten Wochen im Zuge. Bis meine Große schließlich merkte „Das Baby bleibt ja und nimmt dazu auch noch reichlich Zeit in Anspruch“. Das Interesse wurde stetig weniger und die ersten Wutausbrüche meiner Großen wurden stärker und länger.

Zum Glück ist immer alles eine Phase und wie jede, ging auch diese Phase bald vorbei. Somit legten sich die starken Emotionen, die meine Große oftmals überrollten. Zu einem späteren Zeitpunkt las ich, dass Kinder in dieser Zeit häufig ihre Grenzen austesten, um herauszufinden, ob sie trotz der Verände-rungen immer noch bedingungslos geliebt werden.

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Ich kam an meine Grenzen

Auch ich war immer häufiger am Ende mit meinen Nerven, ungeduldig und gereizt. Die schlaflosen Nächte, das Stillen und ständige Tragen brachten mich immer wieder an meine körperlichen und psy-chischen Grenzen. Ein AHA-Moment ging auf, denn plötzlich stand ich knietief in den Erfahrungen meiner Zweifach-Mama-Vorgängerinnen.

Ich musste erkennen, dass auch ich nicht alle Bedürfnisse zeitgleich stillen kann. Bis heute ist es für mich eine extreme Herausforderung eine Lösung zu finden.

Denn trotz der Mama-Tochter Dates, wo nur wir allein zu zweit sind — sei es im Restaurant, Jump-Park, Schwimmen oder auf dem Spielplatz, sind es die alltäglichen Dinge bei denen meine große Tochter sich mehr als zuvor gedulden und warten muss.

Abends kommt dann das schlechte Gewissen

Abends sitze ich häufig im Bett und lasse den Tag Revue passieren und dann tut mir die Große schrecklich leid und mein Herz bricht in kleinste Stücke.

Der Tag endet oft mit einem “hätte ich mal…” und “wäre ich mal…”, während ich in ihr schlafendes Gesicht schaue und sie vermisse.