In Argentinien geborene Kinder sind Staatsbürger
Dass Frauen ihr Kind im Ausland zur Welt bringen, kommt immer mal wieder vor – wenn zum Beispiel einer hochschwangeren Touristin im Urlaub plötzlich die Fruchtblase platzt und es ganz schnell gehen muss.
Doch dass seit letztem Jahr mehrere tausend Russinnen ihre Kinder in Argentinien zur Welt gebracht haben, hat einen ganz anderen Grund: den Krieg in der Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hat der Pass der russischen Föderation an Wert verloren – die internationalen Sanktionen bedeuten neben vielem anderen, dass russische Staatsbürger nicht mehr überall einreisen dürfen.
Argentinien hat sich daher als lohnendes Ziel für viele russische Paare etabliert, um dort ihre Kinder zur Welt zu bringen. Denn in dem südamerikanischen Land gilt das Geburtsprinzip. Das heißt: Kinder, die dort zur Welt kommen, erhalten automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft. Und damit einen Pass, der ihnen die Einreise in rund 170 Länder ermöglicht.
Agenturen vermitteln Russen die „Geburtsreise“ für tausende Dollar
Schätzungsweise 10.500 Russinnen sind seit Februar 2022 nach Argentinien gereist, um ihre Kinder hier zur Welt zu bringen. Die meisten von ihnen sind einige Wochen nach der Geburt wieder nach Russland zurückgekehrt. Doch einige sind auch gekommen, um zu bleiben – etwa, weil ihnen in Russland die Verhaftung droht oder die Einberufung zum Militär. Oder ganz einfach, weil sie den Krieg in der Ukraine ablehnen und ein neues Leben am anderen Ende der Welt beginnen möchten.
Der Geburtstourismus hat sich zu einem regelrechten Geschäftszweig entwickelt. Für die Einreise in Argentinien benötigen russische Bürger ein Visum. Findige Agenturen kümmern sich nicht nur darum, sondern auch um den Flug, die Unterbringung und die Kommunikation mit der Klinik – und natürlich die Formulare, die man für den Behördengang benötigt. Dieser Service kostet die russischen Paare üblicherweise mehr als 10.000 US-Dollar – doch vielen ist es das offenbar wert.
Gesellschaftliche Debatte ist entbrannt
Die hohe Zahl der hochschwangeren Russinnen und die teils mafiösen Geschäftspraktiken der Agenturen haben in Argentinien eine gesellschaftliche Debatte entstehen lassen. Und nicht nur dort – auch in Russland wird der Geburtstourismus als Problem erkannt. Doch noch wurde nichts unternommen, um hochschwangeren Frauen das Ausreisen zu erschweren.