Früher war mir Halloween einfach egal
“Süßes, sonst gibt’s Saures”? Bleib mir vom Leib! Halloween ist nicht lustig, sondern nur laut und übertrieben. Es ist der nervige kleine Bruder von Fasching oder Karneval – und der ist schon sehr nervig.
Trotzdem verbringen erwachsene Menschen Stunden damit, ihr Haus mit Grusel-Blödsinn zu dekorieren. Sie machen Bowle mit Monsteraugen darin, mixen Blut-Cocktails, backen Hexenkekse oder servieren Getränke aus ausgehöhlten Kürbissen. Dann stecken sich Bürohengste und Landschaftsarchitekten auch noch Vampirzähne in den Mund oder ziehen dämliche Skelett-Overalls an und machen laut: “Buuuh!”. Als wären sie Kinder in den Körpern erwachsener Leute.
Was an diesem Fest auch nur annähernd interessant sein soll, hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Als Kind konnte ich Halloween durch US-Filme und -Serien vielleicht noch einen exotischen Reiz abgewinnen. Aber da war dieser Zirkus ja auch noch nicht zu uns herüber geschwappt und hat hier genervt.
Ich habe noch nie auch nur den kleinsten Drang verspürt, mich als Zombie oder Vampir zu verkleiden. Halloween ist für mich ein aufgeblähtes Party-Event, das niemand braucht.
Nur im Gegensatz zu früher fällt es mir zunehmend schwerer, diesen Blödsinn zu ignorieren.
Auch meine Kinder finden Halloween toll
Denn inzwischen stecke ich in der Zwickmühle. Ich habe zwei kleine Kinder, die gerade dabei sind, Halloween für sich zu entdecken.
Natürlich finden sie das Ganze lustig und toll. Und wer kann es ihnen verdenken? Sie feiern es im Kindergarten, ihre Freunde verkleiden sich auch – und ein Fest, an dem es Süßigkeiten gibt, muss ein tolles Fest sein. Das verstehe ich zu einhundert Prozent. Als ich klein war, habe ich mich auch an Fasching noch gern verkleidet (in 90% der Fälle als Cowboy). Und ich nehme an, dass meine Eltern auch nicht immer die allergrößte Motivation hatten, Faschingsfeiern für mich und meine Brüder auszurichten. Aber sie haben es halt getan – uns zuliebe.
Eltern sein heißt Kompromisse eingehen
Seit ich Kinder habe, haben sich schon unzählige Dinge für mich geändert. Ich weiß aus Erfahrung: Eltern müssen Kompromisse eingehen. Und ich bin (schon fast) bereit, mich den Bürohengst-Vampiren und Landschaftsarchitekten-Skeletten zum Feiern anzuschließen, wenn das meine Kinder glücklich macht.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon das erste Hexen- und Vampirkostürm besorgen, meinen Kindern das Gesicht schminken oder böse Kekse backen. Klar werde ich das tun, wenn meine Kinder es möchten. Denn so sehr ich Halloween auch hasse – es geht nicht nur um mich. Meine Kinder sollen in jeder Hinsicht glücklich sein und mit ihren Freunden feiern dürfen. Wenn sie es möchten, können sie auch um die Häuser ziehen und nach Süßem fragen. Solange ich nicht mitgehen und daneben stehen muss.
Nur bei einer Sache bleibe ich hart: niemals werde ich als Skelett, Vampir oder düsterer Zauberer verkleidet durch das Haus laufen. Stand jetzt.