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Kaum noch freie Betten: Lage in deutschen Kinderkliniken ist „katastrophal“

Bett im Krankenhaus
Freie Betten in Kinderkliniken sind Mangelware - Notfallmediziner sind alarmiert (Symbolbild)
© Bigstock / tonefotografia

Personalmangel und kaum freie Betten: die deutschen Kinderkliniken sind aktuell vielerorts gnadenlos überlastet. Eine aktuelle Umfrage zeigt, wie kritisch die Lage an vielen Standorten ist. Zum Teil mussten Kliniken bereits kranke Kinder abweisen.

Umfrage: Nur noch 83 freie Betten in deutschen Kinderkliniken

Schon seit längerem ist der Personalmangel in der Pflegebranche als großes Problem bekannt. Unternommen wurde dagegen aber nur wenig. Welche drastischen Folgen das hat, zeigt sich an der aktuellen Lage in den deutschen Kinderkrankenhäusern.

Denn von 110 Kinderkliniken hatten zuletzt 43 kein einziges Bett mehr auf der Normalstation frei. Das geht aus einer aktuellen Ad-hoc-Umfrage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hervor. Generell gab es nur noch 83 freie Betten auf Kinder-Intensivstationen in Deutschland. Anders ausgedrückt: 0,75 freie Betten pro Klinik.

„Katastrophale Situation“: DIVI fordert schnelle Maßnahmen

Der DIVI-Generalsekretär und Kinder-Intensivmediziner Florian Hoffmann spart nicht mit klaren Worten: „Das ist eine katastrophale Situation, anders ist es nicht zu bezeichnen.“ Er fordert sofortige Maßnahmen, um die Misere zu bekämpfen. Zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen in den Kinderkliniken und den Aufbau von speziellen Kinderintensivtransport-Systemen.

Denn da viele Kliniken inzwischen keine erkrankten Kinder mehr aufnehmen können, müssen diese oft weite Wege zu anderen Einrichtungen zurücklegen. Dazu braucht es besondere Transportmöglichkeiten, in denen die Kinder von Experten begleitet werden können.

Zu wenig Personal: Kliniken müssen kranke Kinder abweisen

In der DIVI-Umfrage berichtete jede zweite Klinik, dass sie in den vergangenen 24 Stunden mindestens ein Kind ablehnen musste – obwohl Rettungsdienst oder Notaufnahme eine Anfrage gestellt hatten.

Ein Grund für die alarmierenden Zustände in den Kinderkliniken: Der drastische Personalmangel in der Pflegebranche. Die 110 Kliniken, die an der Umfrage teilnehmen, weisen zusammen 607 Betten auf. Von diesen können sie aber nur 367 Betten betreiben – schlicht und einfach, weil sie zu wenig Personal haben.

RSV-Infektionen verschlimmern Lage zusätzlich

Als wäre diese Lage nicht ohnehin schon schlimm genug, schwappt derzeit eine Welle mit RSV-Infektionen über Deutschland. Das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist eine Atemwegserkrankung, die aktuell vielen Kleinkindern zu schaffen macht. Oft verläuft die Infektion glimpflich, aber es müssen eben auch zahlreiche Kinder in den Kliniken behandelt werden.

Das macht auch Professor Sebastian Brenner große Sorgen. Der DIVI-Kongresspräsident und Kindermediziner an der Unikinderklinik Dresden sagt:

„Die RSV-Welle baut sich immer weiter auf und macht bei vielen Kindern die Behandlung mit Atemunterstützung notwendig. Wir können Stand heute davon ausgehen, dass es zu dieser Behandlung nicht genügend Kinder-Intensivbetten gibt.“

Neben konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte fordert die DIVI auch den Aufbau von überregionalen Strukturen und Netzwerken. So könnten sich zum Beispiel Notfall-Teams untereinander austauschen, um kritisch kranke Kinder besser versorgen zu können.

Eine weitere Forderung: die Rechte von Kindern müssen ins Grundgesetz aufgenommen werden. Nur so würden sie endlich mehr in den Fokus rücken.

Quellen

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