Poliovirus: Besiegt oder doch nicht?
Polio gilt in den meisten Ländern als besiegt. Brauchen wir die Impfung also überhaupt noch? Ja! Das beweist ein aktueller Fall aus Israel. In Jerusalem hat sich Anfang März ein fast vierjähriges Mädchen mit Polioviren infiziert. Das Mädchen, das nicht geimpft war, hat eine akute Lähmung entwickelt.
Polio wird oft auch als Kinderlähmung bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Infektionskrankheit, die zu Lähmungen oder zum Tod führen kann.
Ein Heilmittel für Polio gibt es nicht – aber eine wirksame Impfung.
Mittlerweile sind in Israel sechs Fälle bekannt, mindestens einer davon auch mit Symptomen. Alle ungeimpft – und alle an der Impf-Polio erkrankt. Diese ist, im Gegensatz zum Wildtyp, nicht ausgerottet.
Impf-Polio: Was ist das?
An Polioviren kann man sich auf zwei verschiedene Wege infizieren. Über den Wildtyp – dieser ist weltweit fast ausgerottet – oder durch eine Impf-Polio. Hier scheidet eine Person, die mit einem Lebendimpfstoff gegen Polio geimpft wurde, Polioviren aus. Ungeimpfte können sich dann an diesen Viren anstecken.
Das kann durch eine Tröpfcheninfektion beim Husten oder Niesen passieren, oder auch durch Schmierinfektionen. Da die Viren auch mit dem Stuhl ausgeschieden werden, ist verschmutztes Trinkwasser eine häufige Infektionsquelle.
Auch in Israel wurden Polio-Viren im Abwasser von mehreren Städten gefunden.
Laut der WHO gab es 2021 in 29 Ländern insgesamt 614 Impf-Polio-Fälle. Die meisten davon (413) sind in Nigeria aufgetreten.
Warum wird der Lebendimpfstoff dann überhaupt genutzt?
Bei Totimpfstoffen werden keine aktiven Viren ausgeschieden – Ungeimpfte können sich also nicht anstecken. Jedoch gilt der Lebendimpfstoff als weitaus wirksamer als der Totimpfstoff.
In Israel wurden 2013 Wildpolioviren im Abwasser entdeckt – zu diesem Zeitpunkt wurde hier auch der Lebendimpfstoff gegen Polio-Viren wieder eingeführt (seit 2014 wird mit einer Kombination aus Lebend- und Totimpfstoff geimpft.
Impfkampagne soll Polio-Ausbruch eindämmen
Um die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, hat Israel jetzt eine Impfkampagne gestartet. Bisher seien laut dem Gesundheitsministerium schon rund 20.000 Menschen geimpft worden.
WHO arbeitet an Endstrategie
Die Weltgesundheitsorganisation arbeitet mit Hochdruck an einer Strategie, damit Polio ein für allemal bekämpft werden kann. Damit auch Impf-Polio kein Risiko mehr ist, muss der Wildvirus ausgerottet werden. Und das kann nur auf einem Weg passieren: durch Impfungen.
Bis 2026 sollen laut WHO deswegen jährlich 370 Millionen Kinder in 50 Ländern geimpft werden.
Die nötigen Ressourcen – 4,8 Milliarden Dollar -, die dafür notwendig sind, sollen im Oktober bei einer Geberkonferenz in Berlin zusammenkommen.