Wenn andere Eltern die Kinder erziehen…

Vater mit Kind auf den Schultern
"Ist es, weil ich ein Mann bin? Traut man Männern unbewusst weniger zu?"
© Pexels / Tatiana Syrikova

Erziehen andere Eltern seine Kinder, findet Papa Markus das gar nicht so prickelnd. Er wird nämlich das Gefühl nicht los, dass ihm seine Erziehungsfähigkeit ein wenig aberkannt wird. Schließlich denkt er sich etwas dabei, wenn es um Rechte, Pflichten und Gewohnheiten innerhalb der Familie geht. Da soll dann bitte auch niemand hineinpfuschen – es sei denn, er hat einen guten Grund!

Grenzverletzung? Kann ich echt nicht leiden!

Ich gebe es gerne zu, ich bin ein Mensch, der kann mit Grenzverletzung schwer umgehen. Vorschnelles Beurteilen der Situation, „gut“ gemeinte Ratschläge oder ein beherztes Eingreifen, wo gar kein Eingreifen notwendig ist, all das macht mich unrund. Erst recht, wenn es um die gute, alte Erziehung geht. Oder präziser ausgedrückt: Wenn es um die Erziehung MEINER Kinder geht. Da reagiere ich mitunter sogar allergisch.

Immerhin werden hier nicht nur meine Grenzen verletzt, sondern auch die meiner Kinder – und das finde ich alles andere als lustig. Ich bin kein Anhänger einer solch offenen Erziehungsweise, die es wildfremden Menschen erlaubt, nach Lust und Laune an meinem Nachwuchs herumzuerziehen. Da werde ich recht schnell fuchtig.

Andere Kinder erziehen? Funktioniert durchaus subtil!

Dabei sind die Situationen selbst durchaus tückisch. Meist sind sie nämlich so subtil, dass man fast dazu geneigt ist, sie hinzunehmen. Ich gebe es zu, ganz am Anfang ist mir subtiles Kinderziehen manchmal überhaupt nur deswegen aufgefallen, weil meine Kinder irritiert waren oder angefangen haben, seltsame Fragen zu stellen.

: Wie ist es bei Freunden?

Da waren dann solche Kaliber wie „Also ein Eis zur Jause ist jetzt aber nicht wirklich gesund!“ (wildfremde Mama am Spielplatz) oder „Bist du sicher, dass du nicht ein bisschen für den Test morgen lernen solltest?“ (Mama eines Klassenkollegen) oder „Es wäre schon nett, wenn du dein Sandspielzeug teilst!“ (Mama am Spielplatz) im Spiel. Für sich genommen im ersten Moment vielleicht keine besonders auffälligen Sätze. In Wirklichkeit werden aber die Ansprüche der eigenen Erziehung – gesund Essen – schulisch anstrengen – brav teilen – ganz ordentlich projiziert.

Das ist mir leider nicht ein Mal passiert, so etwas passiert mir irgendwie laufend… Zieh ich das vielleicht an?

Ist es vielleicht, weil ich ein Mann bin?

Ich weiß, das klingt jetzt ein wenig plakativ… Aber meine Frau findet sich viel seltener in Situationen wieder, in denen Fremde – subtil oder auch ganz direkt – ihre Erziehungskünste an unseren Kindern ausprobieren. Ehrlicherweise kennt sie das sogar kaum, während es mich wirklich regelmäßig trifft. Und nein, wir gehen mit unseren Kindern nicht so arg unterschiedlich um, dass man über meinen Erziehungsstil die Hände über dem Kopf zusammenschlagen muss und den armen beiden Geschöpfen zur Hilfe eilen.

: Kleine Kinder, große Wut

Außerdem auffällig: Die potenzielle Einmischung ist weiblicher Natur. Damit meine ich nicht vorwiegend oder maßgeblich, sondern tatsächlich zu hundert Prozent. Noch nie (!) ist mir ein anderer Papa mit gut gemeinten Ratschlägen gekommen. Bevor ich jetzt von den Leserinnen hier in der Luft zerfetzt werde, möchte ich trotzdem schüchtern die Frage in den Raum werfen, die ich mir schon länger stelle:

Ist das, weil ich ein Mann bin? Also traut man der männlichen Bevölkerung vielleicht unbewusst weniger zu, Kinder adäquat zu erziehen? Ich meine das nicht provokant, es würde mich ernsthaft interessieren…

Eine lustige Anekdote zum Schluss…

Eine nette Geschichte hab ich übrigens auf Lager, die ist ungefähr vor fünf Jahren passiert, als mein Sohn sieben war. Ich finde, sie passt abschließend ganz gut. Sohnemann ist ein kleiner Kletterprofi, gerne in luftigen Höhen unterwegs und sehr geschickt. Auf und in Bäumen durfte er sich immer austoben, aber mit Begrenzung auf eine gewisse Maximalhöhe (Ja, er würde auch in acht Metern Höhe lustige Purzelbäume schlagen). Da turnt der Zwerg im zarten Alter von sieben Jahren also in vereinbarter Höhe vor sich hin, als plötzlich eine – weibliche, sorry! – Stimme zu ihm hinaufruft:

„Kleiner, bist du dir GANZ SICHER, dass dein PAPA – strafender Seitenblick auf mich – das auch WIRKLICH erlaubt?“ Darauf der Frechdachs voller Übermut: „Aber mein Papa hat doch gar nichts zu melden!“

Tja, so schnell kann‘s gehen, dass selbst der eigene Nachwuchs einem die Erziehungsfähigkeit abspricht…