Wo ist die Gebrauchsanweisung?
Heute, fast 13 Jahre später, kann ich es unumwunden zugeben: Als mein erstes Kind das Licht der Welt erblickte, da habe ich mich von jetzt auf gleich wie der Inbegriff der väterlichen Inkompetenz gefühlt. Söhnchen kam, sah und schrie, ein Schreibaby eben! Egal, was ich mit diesem Bündel Mensch auch anstellte, es ließ sich einfach nicht beruhigen.
Über viele Monate war eine kleine menschliche Sirene unser ständiger Begleiter und ich hatte keinen Tau, was ich anstellen sollte, um das Geheul zu stoppen. (Übrigens habe ich es auch nie herausgefunden, irgendwann hörte die Sirene von selbst auf!)
Unsere Zeit mit Schreibaby hat meine Frau hier, ausführlich beschrieben.
Das böse kleine Stimmchen
Kein Wunder also, dass sich damals irgendwann dieses kleine Stimmchen einstellte, das mir zuraunte: „Oje, da ist wohl jemand ein echt schlechter Papa!“ Zum Glück meldete sich die Stimme nur in Momenten größter Verzweiflung. Sie wusste wohl nicht, dass wir es ganz einfach mit einem Schreibaby zu tun hatten, was uns selbst übrigens auch erst im Nachhinein klar war.
Was ich aber damit sagen will: Das Gefühl, ein grottig schlechter Elternteil zu sein, schleicht sich schnell einmal ein. Meistens dann, wenn man mit seinem Latein am Ende ist!
Bin ich als Papa wirklich so ein Mangelexemplar?
Dieses „Hilfe-ich-bin-ein-schlechter-Papa“-Gefühl hat mich im Laufe der nächsten Jahre noch öfter ohne Vorwarnung überfallen. Als das zweite Kind da war, kam es manchmal sogar hämisch grinsend im Doppelpack. Das ist eine ganz einfache Rechnung: Zwei Kinder, das bedeutet eben auch zweimal so viele Möglichkeiten, als Papa zu „versagen“!
Wenn wir ehrlich sind, gibt es ja auch total viele Gelegenheiten, sich als Elternteil ziemlich blöd anzustellen. Verschwitzte Kindertermine zum Beispiel, der sichere Griff zum falschen Geschenk oder der Schreianfall aus schierer Überforderung – und das sind noch die harmloseren Vergehen in meiner Sünden-Kartei.
So habe ich meiner Tochter schon einmal (versehentlich natürlich) die Hand in der Autotür eingeklemmt (es war zum Glück nichts gebrochen), musste in der Vergiftungszentrale anrufen , weil ich den Hustensaft anscheinend nicht richtig weggeräumt hatte (das ist mir bis heute peinlich) und einmal habe ich mich gewundert, warum die Kinder beim Baden so ein Theater machen, bis ich gecheckt habe, dass das Wasser eiskalt ist (es war richtig eingestellt, aber die Therme hatte damals den Geist aufgegeben).
Das sind übrigens nur die Vergehen, die mir spontan einschießen. Es gibt noch so einiges mehr, was mich beim „Papa-of-the-year“-Award wohl alt aussehen lassen würde…
Zum Glück verzeihen die lieben Kleinen (fast) alles
Ganz egal, welche kleineren und größeren Ausrutscher mir als Papa bisher passiert sind, eines hat mich stets herausgerissen: Das grenzenlose Vertrauen meines Nachwuchses, der mir irgendwie (fast) jedes Vergehen nachsieht! Die lieben Kleinen sind da ziemlich pragmatisch gestrickt. Solange ihre Welt nicht aus den Fugen gerät und sie instinktiv wissen, es ist nicht aus böser Absicht passiert, passt das schon.
Vielleicht sollten wir Eltern das also einfach dankend annehmen und uns nicht zu sehr für all jenes, das schiefläuft, geißeln. Dass ab und zu Fehler passieren, gehört zum Elterndasein halt einfach dazu.
Einzige Ausnahme: Wenn du deiner Tochter zum dritten Geburtstag versehentlich das undefinierbare grüne Plüschtier mit den neonblauen Glubschaugen kaufst, OBWOHL sie sich doch BITTESCHÖN das undefinierbare blaue Plüschtier mit den grünen Glubschaugen gewünscht hat, DANN ist wirklich Feuer am Dach – und du musst viel Buße tun, um das irgendwie wieder hinzubiegen…
Rabenvater? Passt doch!
Oder wie es dasselbe Kind nun acht Jahre später so treffend und weise ausdrückt: „Raben sind eh coole Tiere! Die kümmern sich wenigstens um ihre Kinder!“
Das „falsche“ Plüschtier liegt übrigens nach wie vor in Töchterchens Bett – es war wohl im Endeffekt doch irgendwie ganz in Ordnung!