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Was?! Deine Kinder haben ein Netflix-Profil?

Kind spielt mit einem Tablet
©Kelly Sikkema via Unsplash

Wie halten es eigentlich die meisten Eltern mit dem Fernsehkonsum? Bei keiner anderen Frage wird auf Spielplätzen und im Anfahrtsbereich des Kindergartens so viel gelogen wie bei dieser: „Gar nicht“, „15 Minuten täglich“ oder „So viel er will“.

Gut, Letzteres hat mir noch nie jemand gesagt. Aber die Schule, in die Kind Nummer eins bald eingeschult wird, hat in ihrem ersten Brief an die Eltern der werdenden Erstklässler geschrieben: „Mehr als eine halbe Stunde Fernsehkonsum pro Tag ist nicht gut.“ Ob das jetzt so ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Es ist ein frommer Wunsch.

Denn die Forschung von ARD und ZDF sagt dazu, dass Kindergartenkinder (3 bis 5 Jahre) jeden Tag eher 70 Minuten Fernsehen schauen (Sabine Feierabend und Walter Klingler, „Was Kinder sehen“). Unter der Woche ist das eher weniger, am Wochenende sind es eher anderthalb Stunden. Wenig überraschend sind die Haupt-TV-Zeiten für Kinder: die Stunden zwischen 18 und 20 Uhr. Rund ums Abendessen ist Freizeit vorhanden und die Eltern werden schon ein wenig müde. 30 Prozent schauen dann Kika, 20 Prozent Super RTL. Außerdem sind die Programmangebote für Kinder unter der Woche zu dieser Zeit im klassischen Fernsehen am größten.

Bei diesem Thema kann ich auch schlecht meine eigenen Eltern um Rat fragen. Wir hatten einen Schwarzweißfernseher mit drei Programmen. Und der Fernsehturm stand so dicht, dass er einen Schatten aufs Bild warf. Das machte einfach keinen Spaß.

„Die digitale Verbreitung von Inhalten erfordert neue Regeln und auch Praktiken.“

 

Digital ist oft auch besser – so kann ich nämlich ziemlich sicher sein, dass meine Kinder keine halbnackten Frauen in der Werbung sehen. Sie schauen fast gar kein Fernsehen, abgesehen von Wintersportübertragungen oder dem gelegentlichen Fußballbundesligaspiel. So sind sie dann bei YouTube auch immer sehr irritiert, wenn sie Werbung mal nicht überspringen können.

Wie konsequent seid ihr als Eltern?

Für meine Kinder habe ich ein eigenes Netflix-Profil eingerichtet. Bis zu fünf Profile kann man in seinem Konto haben. Derzeit ist der Geschmack der Kinder untereinander noch so ähnlich, dass eins reicht. Um die Empfehlungen in der App nicht vollkommen entgleisen zu lassen, ist das sehr praktisch. So bleiben „Mama Muh“, „Mullewapp“ und „Biene Maja“ da, wo sie hingehören – neben „Findet Nemo“ und „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“. Und so kann es nicht passieren, dass sie sich aus Versehen den neuesten Avengers-Film ansehen – samt völlig unpassender Gewaltdarstellung.

„Meine Kinder können den Connected TV besser bedienen als ich. Das ist ok und auch richtig so.“

Mir ist eher wichtig, dass ich um die Gefahren weiß, die ihnen dort drohen. Zur Medienkompetenz gehört ab sofort auch, ihnen das richtige Profil zuzuweisen. Der falsche Inhalt zum falschen Lebensalter – das ist eine davon. Das ist eigentlich das gleiche, wie darauf zu vertrauen, dass sie nicht auf die heiße Herdplatte fassen oder sich die Finger ab drei Jahren nicht mehr an Schubladen einzuklemmen.

(Was sie beim Übernachten bei Freunden als Teenie sehen, habe ich genauso wenig unter Kontrolle, wie meine Eltern das bei mir hatten. Horrorfilme als Mutprobe – nicht nur Papas kennen das noch aus ihrer Jugend.)

 

Mir fällt auf, dass viele Produkte auf diesen Punkt „Erwachsene ein Profil, für Kinder ein anderes“ hin nicht durchdacht sind. Die gehen von einer Single-User-Situation aus. Maxdome, Amazon Prime Video – ich denke da an euch. Ich würde gerne viel granularere PINs oder andere Schutzmechanismen setzen können, damit meine Kinder da nicht hinkommen, wo ich sie nicht haben will. Solange sie noch kein Smartphone haben und auch keinen eigenen Computer, kann ich das so einfach besser steuern. Da ist noch viel zu tun, liebes Silicon Valley!

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