Als wir nach Hause kamen, wurde uns klar: Jetzt sind wir alleine!
Ich hatte das Glück, die Tage im Krankenhaus in einem Familienzimmer mit meiner Frau zu verbringen. Wir haben uns also sofort rund um die Uhr um das Baby gekümmert und bestimmt zwei bis drei Mal täglich eine Schwester gerufen, weil wir alles richtig machen wollten. Als wir nun nach vier Tagen wieder nach Hause kamen, wurde uns schlagartig bewusst: Jetzt sind wir wirklich auf uns allein gestellt und unser altes Leben ist vorbei. Zwar haben wir eine wundervolle Hebamme, die wirklich immer erreichbar für uns ist, aber es ist doch etwas anderes, ob immer jemand kommt oder derjenige „nur“ am Telefon ist.
Interview: Was hattest du über das Muttersein gerne vorher gewusst?
Noch konnte ich das Vatersein nicht genießen
Jedes neue Geräusch, neue Bewegung oder ähnliches ist eine unbekannte Erfahrung, die ich als Vater erst einzuordnen lernen musste. Wer ist mein Baby? Was will es mir sagen? Und wie kann ich ihm helfen? Dazu schien unser Pinsel in meinen Augen so zerbrechlich, dass ich permanent angespannt war. Natürlich hatte ich mein Kind auch in diesen Augenblicken lieb, aber ich konnte das Vatersein noch nicht genießen.
Ich bekam Angst: War die Entscheidung für ein Kind richtig gewesen?
Eine weitere Baustelle: Bei meiner Frau ließ die Muttermilch auf sich warten und der Pinsel machte erstmal kaum Anstalten zuzunehmen. Sicher, das Problem haben viele. Aber eine frischgebackene Mutter möchte vor allem eines: ihr Kind ernähren. Wenn das nicht klappt und dazu noch der Hormonhaushalt umgestellt wird, ist „schön und toll“ wirklich weit entfernt. Im Gegenteil: Meine Frau brach fast jeden Abend in Tränen aus. Auch wenn ich darüber vorher gelesen hatte, beschlich mich das Gefühl, ob die Entscheidung für ein Kind richtig war und ob wir das alles gestemmt bekommen. Vor allem hatte ich Angst, dass meine Frau unseren Pinsel nicht lieb hat – obwohl ich natürlich wusste, dass das Blödsinn war.
Warum spricht niemand über die Probleme? Mich hätte das beruhigt!
Zusammengefasst: Die ersten zwei bis drei Wochen waren kein Zuckerschlecken. Doch dann hatten wir drei zueinandergefunden, verstanden uns immer besser und der Alltag spielte sich ein. Seither ist wirklich alles so schön, wie alle sagen. Wir lachen viel, albern herum und sind rund um glücklich. Meine Frau und ich gehen mit diesen Erlebnissen sehr offen um. Als wir dann davon im Bekanntenkreis erzählten, kam die große Überraschung: Alle Eltern, die vorher von der ersten Sekunde an geschwärmt hatten, wie glücklich sie seien, hatten ähnliches durchgemacht. Stillprobleme, Heulattacken, Unsicherheit – das alles scheint eher normal als die Ausnahme. Nur scheint es ein Problem zu sein, sich dies auch öffentlich einzugestehen. Dabei hätte es uns viele Zweifel genommen, wenn wir dies vorher gewusst hätten.
Darum meine Bitte: Seid ehrlich zu euch und zu euren Freunden. Sagt ihnen, wie schön das Elternsein ist, aber dass die ersten Wochen harte Arbeit sind. Alle werdenden Eltern, denen ich das erzählt habe, haben sich bedankt für die Offenheit. Und keiner hat mich danach verurteilend angesehen.