Freunde finden ist doch kinderleicht – oder auch nicht

Spielende Kinder im Garten
Ist es wirklich für alle Kinder ein leichtes, Freunde zu finden?
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Nie ist es so leicht, Freunde zu finden wie im Kindesalter. Das ist zumindest die allgemeine Sichtweise. Es gibt aber Ausnahmen – Kinder, die darunter leiden, dass sie sich mit dem Freunde finden schwertun. In unserem Fall lag das nicht nur an Corona.

Corona und die Frage: Wie findet man eigentlich Freunde?

In letzter Zeit waren die Corona-Maßnahmen der Jahre 2020 bis 2022 oft Thema in den Nachrichten. Was wurde da nicht alles aufgearbeitet: zum Beispiel, ob die Schließung von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen eine gute Idee war.

Eine Studie der LMU München zeigte, wie sehr das Wohlbefinden von Kindern im Alter zwischen 3 und 10 Jahren in der Corona-Pandemie gelitten hat. Zum einen, weil ihre Eltern zunehmend gestresst waren zwischen Lockdown, Homeoffice und Existenzangst. Zum anderen aber – wenig überraschend – weil die Kinder lange Zeit kaum Kontakt zu Gleichaltrigen hatten. Zu Spielkameraden, zu Freunden.

Das ist sicherlich richtig. Es bringt mich aber auch zu der Frage: wie findet man eigentlich Freunde? Die Mehrheit sieht es offenbar als eine Art Naturgesetz an, dass Kinder im Kindergartenalter immer leicht Freunde finden, dass sich das gewissermaßen ganz von selbst ergibt.

Spielgefährten sind nicht automatisch Freunde

Stimmt aber nicht. Dafür gibt es viele Beispiele, eines davon lebt bei mir zu Hause. Als mein Sohn in den Kindergarten kam, fand er zwar nach einigen Monaten der Eingewöhnung auch erste Spielgefährten. Also Kinder, die genauso gern Dinosaurier und Autos mögen und die er an seinem unglaublichen Wissen teilhaben lassen konnte. Doch auch wenn er uns immer wieder stolz seine ganze Riege an „Freunden“ aufzählte – das waren sie nicht. Wenn wir ihnen außerhalb des Kindergartens begegneten, haben sich die Kinder kaum angesehen, geschweige denn miteinander gesprochen oder gespielt.

: "Du bist nicht mehr meine Freundin!"

Und das blieb für lange Zeit so: Mein Sohn spielte zwar mit anderen Kindern. Doch mit keinem von ihnen wollte er durch den Garten streifen, auf Rutschen klettern, Bälle über Hecken werfen oder versunken stundenlang im Zimmer spielen. Es fehlte ihm ein echter Freund. Und das hat sich erst vor kurzem geändert – ich möchte sagen: endlich.

Als mein Sohn endlich einen Freund fand

Er hat jetzt seinen ersten „richtigen“ Freund gefunden, mit dem er all die eben genannten Dinge macht. Sie spielen und lachen zusammen und machen jede Menge Blödsinn. Mein Sohn erzählt jeden Tag von seinem Freund und kann es kaum erwarten, ihn das nächste Mal zu treffen. Kurz gesagt: Er ist glücklich. Er blüht geradezu auf, und nichts ist für Eltern schöner, als das mit anzusehen.

Ich gebe gerne zu, dass ich auch ziemlich erleichtert bin. Denn die Zeit davor war weder für uns als Eltern noch für unseren Sohn leicht. Er mag zwar schüchtern sein und keiner, der sich in den Mittelpunkt drängt – aber trotzdem ist er kein Einzelgänger. Es stand ihm auf die Stirn geschrieben, dass er liebend gerne Teil einer Freundes-Clique gewesen wäre. Doch er traute sich einfach nicht, andere Kinder anzusprechen. Einige seiner Spielkameraden aus dem Kindergarten wurden auf Geburtstagsfeiern eingeladen – er nicht.

Zwar ließ er sich nicht anmerken, wie sehr das an ihm nagte, doch wir kennen unseren Pappenheimer. Wenn er geknickt ist, ist er leicht reizbar – und das war er in den letzten Monaten oft.

Da half es uns auch wenig, dass seine Freundelosigkeit mit der Corona-Pandemie nichts zu tun hatte. Als der erste Lockdown kam und alle Spielplätze geschlossen wurden, war er gerade zwei geworden. Da gab es noch keine tiefergehenden Freundschaften, die gekappt werden konnten. Nein, bei ihm war die Analyse ganz einfach: Typsache.

Sollen Eltern „nachhelfen“ beim Freunde finden?

Nun kenne ich natürlich den Einwand: Freundschaften, die sich in so jungen Jahren entwickeln, halten selten ein Leben lang. Und ja, selbstverständlich ist auch später in der Schule noch genug Zeit, um Freunde zu finden.

Aber ist es nicht ein verständlicher Eltern-Reflex, dass ich ihm gerne helfen wollte, mehr „dabei“ zu sein? Dass ich Spielkameraden aus dem Kindergarten zu uns einladen wollte, um die Sache ein bisschen in Schwung zu bringen? Ich hätte für meinen Sohn vermutlich sogar das Reden mit den anderen Kindern übernommen, um die verdammte Kugel über diesen Berg zu rollen. Denn wenn das Eis mal gebrochen ist, ist mein Sohn eigentlich ein richtig lustiger und geselliger Kerl.

Ich habe das alles aber nicht getan. Und das war richtig so. Denn was bringt es meinem Kind, wenn ich ihm Freunde vermittle? Dadurch erhält er auch nicht mehr Sicherheit im Umgang mit Altersgenossen.

Letztlich hat es sich bei ihm tatsächlich von selbst ergeben. Vermutlich ist an der Sichtweise also doch was dran. Aber natürlich haben nicht alle schüchternen Kinder das Glück, doch irgendwann jemanden zu finden, mit dem sie durch dick und dünn gehen können. Ich für meinen Teil kann einen Eintrag von der umfangreichen Liste der Eltern-Sorgen streichen und hoffe inständig, dass sich Kind Nummer 2 mit dem Freunde-Thema leichter tut.