Muss ich jedes selbst gebastelte Geschenk meiner Kinder schön finden?

Zwei Kinder malen zusammen ein Bild
© Pexels/Ketut Subiyanto

Es gibt Kinder, die malen, zeichnen und basteln für ihr Leben gern. Aber müssen Papa und Mama wirklich jedes selbst gebastelte Geschenk des Nachwuchses großartig finden und aufheben? Unser Papa Markus Kirschbaum ist da eher pragmatisch veranlagt. Schön findet er das meiste zwar nicht, Highlights werden aber trotzdem sorgsam aufbewahrt…

Meine Tochter, die Bastelqueen

Beim Basteln und Zeichnen lebt meine Kleine nach dem Motto: Die Masse macht‘s! Wirft man einen Blick ins Kinderzimmer, liefert sie sich dort meistens einen harten Kampf mit Schere, Klebestift, Zeitungspapier, Styroporkugeln, Basteldraht und gefühlten 28379 Utensilien mehr.

Wer gewinnt, ist nicht immer ganz klar. Was aber gewiss ist: Am laufenden Band entstehen dort kleinere und größere Kunstwerke.

: Einfache Anleitungen

Bei manchen davon kann man den Zweck erkennen, bei wenigen Kreationen zumindest erahnen, beim überwiegenden Teil bleibt die wahre Kunst dem fachfremden Laien (= mir) verborgen. Dialoge über den wahren Kern der Kunst muten dann immer recht witzig an:

„Aaaaah, ein kunstvoll verzierter Eiskristall!“

„Papaaa, das ist eine Eule zum Aufhängen!“ (Achsoooo)

„Schön hast du das gemacht, sieht lieb aus. Was ist das? Ein Schmetterling?“

„Das ist ein gefährlicher Tiger, der gerade einen Menschen verschlungen hat!“ (Achsoooo)

Nicht zuletzt führt mich die Frage aller Fragen regelmäßig auf gefährliches Glatteis:

„Papa, das hab ich für dich gebastelt! Findest du das schööön?“

Töchterchen kennt mich leider zu gut, mit einer 0815-Standard-Antwort („Natüüüürlich, das hast du toll gemacht, danke!“) komme ich da leider nicht weit.

Ich habe also – je nach gebasteltem Geschenk – die Wahl zwischen:

„Ja, also … ähm … interessant, würde ich sagen. Was ist das?“

„Das ist viel zu schön für mich, das kann ich unmöglich annehmen!“

„Das ist fabelhaft – am besten du schenkst es der Mama!“

(Keine Sorge, ich desillusioniere unser Kind nicht, es ist mit meinem Humor vertraut!)

Von Anleitung und Improvisation

Aber ja, was soll ich sagen? Die meisten Basteleien finde ich eben nicht unbedingt schön. Egal, ob sie von meiner Tochter, meinem Sohn oder sonst jemandem kommen. Ich bin nicht so der Bastel-Fan, war ich wegen meiner zwei linken Hände schon als Kind nicht. (Wer weiß, vielleicht triggern mich Bastelgeschenke ja ganz einfach…)

Zu meiner Verteidigung und der meiner Tochter muss ich wirklich sagen: Sie macht das toll, ist – im Gegensatz zu allen (!) anderen Mitgliedern dieser Familie – geschickt und verfügt über die Extraportion Kreativität.

Wenn sie nach Anleitung bastelt (sie hat da mehrere Tonnen Bastelbücher in ihrem Zimmer), kommen durchaus ansehnliche Sachen dabei raus.

Auch das improvisierte Gebastelte spricht den Kenner (also NICHT mich) vermutlich an.

Aber: Ich kann mit Gebasteltem halt einfach wenig anfangen…

Schön ist ein dehnbarer Begriff…

Demnach finde ich an einem kreativ beklebten Alien ebenso wenig Gefallen wie an einem Vogelhäuschen aus Pappe. Das Kastanienmännchen begeistert mich kaum und der aus einem hartgekochten Ei gefertigte Pinguin wurde knallhart aus dem Haus geworfen, weil der wirklich bestialisch zu stinken begonnen hat. („Papa, ich hab doch nicht wissen können, dass der mal SO riecht, der Pingu!“)

Wir zeigen dir hier, wie du mit deinem Kind völlig geruchsfreie Pinguine basteln kannst. 

Ich kann mich nicht gut verstellen. Zum Glück weiß meine Tochter das und kommt damit gut klar. Sie ist kein bisschen traurig, wenn ihre Kunstwerke anderen nicht gefallen, wichtig ist ihr nur, dass sie IHR SELBST gefallen. Das ist wahre Passion und das finde ich gut so! Sie bastelt, malt und zeichnet eben in erster Linie für sich selbst!

… und Schönheit liegt im Auge des Betrachters

 Trotzdem finde ich in dem Konvolut von Gebasteltem und Gemaltem immer wieder Kunstwerke, die mich wirklich ansprechen. In der Regel sind das solche, die mit einer Kombination aus „richtig schön“ und „richtig praktisch“ aufwarten können.

Ich denke da etwa an den tollen Schlüsselanhänger aus bunten Holzperlen, den ich gerne verwende. Oder den Stiftehalter aus einer wirklich hübsch beklebten Konservenbox. Ein großartig bemalter und lackierter Stein hat außerdem seinen Ehrenplatz als Tischtuchbeschwerer auf unserem Terrassentisch gefunden.

Schönheit liegt also irgendwie immer auch im Auge des Betrachters. Und wenn etwas funktional ist, finde ich es tendenziell auch eher schön, wie man sieht.

Die „Gustostückerl“ hebe ich mir auf

Richtige Highlights hebe ich mir übrigens sehr wohl auf, an denen hänge ich sogar. Bei uns nennt man die „Gustostückerl“ und die liegen sorgsam verstaut in unseren „Erinnerungsboxen“ neben Armbändchen aus dem Krankenhaus, ausgefallenen Milchzähnen oder dem ersten gemeinsamen Foto.

Da wäre zum Beispiel die kleine Leinwand mit Handabdruck aus dem Kindergarten. Oder der aufwändig beklebte Bilderrahmen mit Zahnlücken-Foto. Natürlich darf auch der erste selbstgeschriebene Brief nicht fehlen. Und das mühsam gefaltete Origami-Tier, auf dem „Ich hab dich lieb!“ steht, wenn man entfaltet.

Man sieht also: Auch wenn man Selbstgebasteltes nicht unbedingt mag, bei seinen Kindern macht man dann doch ab und zu eine Ausnahme. Und irgendwann füllen die „Ausnahmen“ dann sogar eine ganze Kiste!