Meine Kinder sollen sich ihre Freunde selbst aussuchen dürfen
Dass sich unsere Kinder ihre Freunde selbst aussuchen dürfen, ganz ohne blöde Kommentare und subtiler Beeinflussung von uns Großen, das war mir immer ganz besonders wichtig. Ich selbst habe diesbezüglich in meiner eigenen Kindheit nämlich echt den schwarzen Peter gezogen. An keinem meiner Kumpel ließen meine Eltern ein gutes Haar. Und die, die genehm waren – tja, mit denen konnte ich nichts anfangen! Auf einen grünen Freundschafts-Zweig sind wir irgendwie nie gekommen. Was war ich froh, als ich endlich alt genug war, mein Sozialleben selbst in die Hand zu nehmen. Ganz ohne den „wohlwollenden“ Einfluss von oben.
Schon lange, bevor ich eigene Kinder hatte, war mir also sonnenklar: So ein Papa würde ich niemals werden! Meine Kinder dürfen sich ihre Freunde schön selbst aussuchen. Und ganz egal, wie furchtbar die Wahl ausfällt, ich würde mir einfach ganz fest auf die Zunge beißen! Tja, leichter gesagt als getan. Das macht mir die neue Lieblingsfreundin meiner Tochter gerade allzu deutlich. Weil ganz ehrlich: Ich kann das Mädel – nennen wir es „Gabi“ – echt nicht ausstehen! Das Problem an der Sache? Töchterchen vergöttert die gute Gabi regelrecht!
Und dann kam Gabi…
Gabi hier, Gabi dort. Diese Gabi ist einfach wunderbar. So zumindest Töchterchens mehr als wertschätzende Meinung. Aber unter uns gesagt: Gabi ist – wie man bei uns so schön sagt – ein richtiges Gfrast (= furchtbares Kind). Ist Gabi zu Besuch, so hört man das schon von Weitem. An einem Befehlston sondergleichen nämlich, der dann durchs ganze Haus schallt. Ich vermute ja, dass Gabi mit ihrer liebreizenden Art ihren Eltern ganz schön auf der Nase herumtanzt und dieses Verhalten simpel auf alle anderen Sozialkontakte ausdehnt. Armes Kind eigentlich! Aber bei allem Mitleid: Gabi ist einfach unsympathisch! Mir, meiner Frau, unserem Sohn – nur meiner Tochter eben (leider) nicht! Die ist – warum auch immer – voll und ganz Gabis „Charme“ erlegen, seit das Mädel im Januar überraschend in ihre Klasse gewechselt hat.
Gabi weiß die Liebe, die ihr meine Tochter entgegenbringt, geschickt für sich zu nutzen. Indem sie meine Tochter nach Strich und Faden ausnutzt nämlich! Jeder bekommt das mit, bloß meine Tochter nicht. Die gibt der guten Gabi alles, wonach diese verlangt. Süßigkeiten, das Lieblingskuscheltier und freundschaftliches Exklusivrecht. Weil: Alle anderen Kinder sind blöd! Zumindest redet Gabi das meinem Nachwuchs erfolgreich ein!
Wir alle kennen solche „Gabis“ nur zu gut. Meistens aus unserer eigenen Kindheit! Bloß: Als Erwachsene können wir manipulatives Verhalten ganz gut durchschauen, fallen auf die „Gabi-Tricks“ nicht mehr so leicht herein. Meine Tochter schafft das leider noch nicht. Die dackelt Gabi ergeben hinterher und lässt sich schamlos ausnutzen. Zwar ist Töchterchen eigentlich recht selbstbewusst und hat ihren eigenen Kopf, aber sie glaubt eben auch (noch) an das Gute im Menschen und an Gabi hat sie eben einen Narren gefressen. Jeden vorsichtige Versuch der Einflussnahme („Magst du nicht wieder einmal ein anderes Kind einladen?“ „Die Gabi ist aber schon ziemlich bestimmend!“) blockt sie rigoros ab. Gabi ist eben einfach super und Eltern haben keine Ahnung!
Wie wird man eine „Gabi“ wieder los?
Wie wird man eine Gabi also wieder los, wenn man partout nicht zu den Eltern gehören möchte, die Freunde verbieten? Richtig, man setzt auf den großen Bruder! Dem wird nämlich – im Gegensatz zu mir – tatsächlich Gehör geschenkt und er findet unmissverständliche Worte. Letztens habe ich die beiden nämlich „zufällig“ belauscht: „Warum magst du die Gabi eigentlich? Die ist doch Hölle und nutzt dich nur aus! Deine alten Freundinnen sind viel cooler!“ Meine Tochter ist nicht sofort in die Abwehr gegangen, sondern hat tatsächlich überlegt. Dann kam ein zögerliches: „Ich weiß eigentlich gar nicht. Manchmal find ich sie auch voll blöd!“
Ich habe jetzt also die Lösung für unser aller Gabi-Problem gefunden: Nicht ICH rede Töchterchen ihre Freundin aus, ihr Bruder wird das übernehmen! Auf seine Meinung gibt sie nämlich mehr als auf meine. Da werde ich Söhnchen wohl noch ein wenig instruieren müssen. Tja, manchmal müssen eben unlautere Mittel herhalten, um den Familienfrieden wieder herzustellen. Denn die Sache ist so: Wir halten Gabi und ihr manipulatives Verhalten nicht länger aus! Sehen wir also, was die Zeit bringt. Ich verspüre jedenfalls zarte Hoffnung, dass wir bald wieder ganz und gar gabilos sind!
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