„Ich bin der Papa, der in der Vergiftungszentrale anrufen musste!“

Kind spielt mit Reinigungsmittel
Eigentlich dachte man, dass der Haushalt kindersicher wäre - doch das ist nicht immer der Fall...
© Bigstock / Ekaterina Mo

Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit und schon ist es passiert! Vor Unglücksfällen sind eben kein Papa und keine Mama gefeit! Und dann passiert der worst case… Wie Papa Markus Kirschbaum darauf reagiert hat und warum er denkt, dass man sich nicht dafür schämen muss, erzählt er hier…

Vergiftung? Das passiert uns doch nicht!

Als unser Erstgeborener mobil wurde, hat meine Frau die Nummer der Vergiftungszentrale in unsere Handys eingespeichert. Ziemlich übertrieben fand ich das damals. Die würden wir doch sowieso nicht brauchen! Solch ein dummer Unfall könne uns nämlich nicht passieren. Schließlich waren wir informiert und hatten alle nötigen Vorkehrungen getroffen: Sämtliche Medikamente waren sicher weggeschlossen und alle Putzmittel in luftige Höhen gewandert. Für unseren Sohn gab es schlicht und ergreifend keinerlei Möglichkeit, sich zu vergiften. Alles war gut!

Um meiner Frau aber einen Gefallen zu tun, ließ ich die Nummer eingespeichert in meinem Handy! Und was soll ich sagen? Gott sei Dank, wie sich bald herausstellte…

Und dann war da dieser Tag…

Ich war mit beiden Nachwüchsen allein. Töchterchen war noch im Babyalter, Sohn etwa zwischen anderthalb und zwei Jahre alt. An diesem Tag ging alles schief, was nur schiefgehen konnte. Sohn war erkältet und entsprechend unleidlich, Tochter wollte partout keine abgepumpte Muttermilch, sondern viel lieber die Mama und tat das ziemlich lautstark kund. Zudem war Mittag und ich sollte irgendetwas Nahrhaftes auf den Tisch bringen. Außerdem hatte ich Kopfschmerzen.

Ich war also leicht gestresst. Gut, leicht ist untertrieben. Ich war extrem gestresst! Dann füllte Töchterchen auch noch ihre Windel randvoll. Das Mittagessen musste also warten… Ich wickelte sie am Boden, den Rücken zur offenen Küche. Da hörte ich hinter mir ein zartes Kinderstimmchen: „Mmmh! Guuut!“

 

… da brauchte ich die Nummer der Vergiftungszentrale doch!

Arglos drehte ich mich um und blickte geradewegs ins genussvoll verzogene Gesicht meines Sprösslings. In gefühlten Sekunden hatte der einen Stuhl in die Küche geschoben, war draufgeklettert und hatte sich seinen Hustensaft geschnappt. Den hatte ich nur kurz zuvor ganz hinten auf der Küchenarbeitsplatte abgestellt. Im Glauben nämlich, dass Sohn dort ganz sicher nicht rankommen würde…

Tja, eindeutig hatte ich die sportlichen Fähigkeiten meines Nachwuchses unterschätzt! Und bis heute weiß ich nicht genau: Ist mein Sohn ein feinmotorisches Genie, der die Kindersicherung des Hustensaftes in Sekundenbruchteilen geknackt hat, oder hat Papa den Saft nicht richtig zugemacht? Im Endeffekt ist es egal! Mein Sprössling stand jedenfalls grinsend in der Küche und der vormals volle Hustensaft war nur noch halb voll.

Mir wurde schlecht! Zitternd riss ich ihm den Hustensaft aus der Hand. Gleichzeitig fingerte ich in meiner Hosentasche nach dem Handy. Da war sie ja, die Nummer der Vergiftungszentrale! Ich schickte Stoßgebete zum Himmel und wählte.

Zum Glück war ich noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen!

Der Experte am anderen Ende hat bestimmt ganz oft Eltern am Telefon, die so durch den Wind sind, wie ich das damals war! Verzweifelt stammelte ich in den Hörer. Er beruhigte mich und bat mich, den Namen des Hustensaftes durchzugeben.

Das tat ich und schon sagte er die erlösenden Worte: „Ach, das ist halb so schlimm, keine Sorge!“ Dann erklärte er mir, dass die Inhaltsstoffe von diesem „kindertauglichen“ Hustensaft auch in großen Mengen völlig unbedenklich seien. Bloß auf Durchfall müsse ich mich einstellen, denn die Menge könne abführend wirken. Aber sogar das sei unwahrscheinlich. (So war es dann auch! Sohn reagierte gar nicht auf seine „Zwischenmahlzeit“.)

Ziemlich sicher hörte der Vergiftungs-Experte am anderen Ende der Leitung den Stein, der mir vom Herzen plumpste. Ich bedankte mich tausendfach und konnte mein Glück kaum fassen. Da war ich tatsächlich noch einmal mit dem Schreck davongekommen! Und selbst diesen Schreck wünsche ich echt niemandem! Unnötig zu erwähnen, dass mir sowas nie wieder passiert ist. Fortan habe ich nämlich wirklich doppelt und dreifach aufgepasst!

Was ich gelernt habe: Das kann jedem passieren – und ich bin deshalb kein schlechterer Vater. Aber: Speichert euch die Telefonnummer der nächsten Vergiftungszentrale im Handy ein. Das dauert nicht lange und schenkt euch im Zweifelsfall wertvolle Minuten!

Eine Übersicht aller Notrufnummern und Adressen findest du hier: Vergiftungszentralen in Deutschland