Der lange Kampf mit meiner Tochter um das Daumenlutschen

Kind lutscht am Daumen
Manche Angewohnheiten sind aus Kindern einfach nur schwer wieder herauszubringen.
© Bigstock / Rafael Ben Ari

Die Tochter unseres Autors Markus Kirschbaum lutscht(e) am Daumen. Welch eine Qual es war, ihr das abzugewöhnen und warum das bis heute noch nicht völlig geglückt ist, erzählt er hier.

Von Anfang an war die Kleine eine Nuckelkönigin

Es gibt Kinder mit Saugbedürfnis, Kinder mit noch stärkerem Saugbedürfnis – und meine Tochter! Schon als Mini-Winzling war sie Meisterin im Nuckeln. Madame akzeptierte keinen Schnuller und nuckelte stattdessen an allem, was ihr so in die Quere kam: Mamas Brust, die Zipfel von Mullbinden, Papas kleinem Finger und irgendwann auch am eigenen Daumen.

Noch waren wir recht entspannt…

Ewig lang probierten wird, ihr einen Schnuller schmackhaft zu machen. Von überallher tönten Weissagungen, wie schwierig es werden würde, dem Kind das Daumenlutschen wieder abzugewöhnen. Schnuller könne man konfiszieren, bei einem Finger sind die Möglichkeiten beschränkt. Doch allen Horrormeldungen zum Trotz: Töchterchen blieb bei ihrem guten alten Freund – dem rechten Daumen!

Noch waren wir aber recht entspannt, sie war ja noch ein Frischling. Und wer darf nuckeln, wenn nicht ein Baby? Außerdem entspannte und beruhigte der Daumen dieses kleine Wesen so ungemein…

Wie gewöhnt man den Daumen bloß wieder ab?

Doch die Jahre zogen ins Land und der Finger blieb im Mund. Leider reden wir hier nicht von ab und zu, sondern von ständig. Bloß wenn sie redete, aß oder zwingend beide Hände brauchte, gönnte sie ihrem Daumen Erholung. Kinder- und Zahnärztin waren aber noch entspannt. Bis zum dritten Geburtstag sollte die Kleine aber unbedingt aufgehört haben, so die Empfehlung.

: Entwicklung von 3-Jährigen

Tja, kurz vorm dritten Wiegenfest waren wir mit unserem Latein am Ende. Wie gewöhnt man einem Zwerg den Daumen ab? Zu diesem Zeitpunkt beschränkten wir uns darauf zu erinnern, gut zuzureden, zu ermahnen und bei jeder sich bietenden Gelegenheit zogen wir ihr den Finger aus dem Mund. (Dieses PLOPP-Geräusch verfolgte mich heute noch in meinen Träumen!)

Langsam sah man schon einen Schiefstand der Zähne!

Wir waren leider eher mäßig erfolgreich. Einem Daumenjunkie den heiligen Finger abzugewöhnen, ist vergleichbar mit dem sprichwörtlichen Kampf gegen Windmühlen. Nur dass unsere „Windmühle“ bald ihren vierten Geburtstag feiern würde und sich langsam aber sicher einen leichten Schiefstand der Zähne ernuckelte. Nun machten auch Zahn- und Kinderärztin Druck. Eine zündende Idee, wie man das Daumenlutschen abgewöhnen könnte, hatten die aber auch nicht auf Lager. Und Töchterchen – mit dem man ja inzwischen vernünftig reden konnte – verstand das Problem zwar grundsätzlich, der Daumen wanderte in unzähligen Alltagssituationen jedoch ganz automatisch in den Mund.

Von grauslichem Lack und Fäustlingen im Sommer

Wie baten also unseren guten Freund, Mr. Google, um Hilfe. Ein weit verbreiteter Ratschlag gegen Daumenlutschen: bitterer Spezialnagellack aus der Apotheke für tagsüber, Fäustlinge für nachts. Ich besorgte diesen Wunderlack also, kostete davon und war entsetzt über den Geschmack. Das konnte ich meiner Tochter doch nicht antun! Oder? Das Ausmaß des Nuckelns allerdings war wirklich extrem, es musste etwas passieren. Ich bereitete mein Kind also darauf vor, was ihr blühen würde, wenn sie nuckelt und bestrich den rechten Daumennagel vorsichtig mit dem Lack. Was soll ich sagen? Sie nuckelte trotzdem! So ein bisschen Bitterstoff, das konnte doch meinen kleinen Junkie nicht stoppen…

Und plötzlich…

Fäustlinge in der Nacht allerdings, die waren ein Teilsieg. Die Dinger hielten tatsächlich, was sie versprachen. Zumindest eine kleine Schlacht war gewonnen. Und plötzlich, im letzten Kindergartenjahr trat dann völlig unverhofft tatsächlich eine kleine Besserung ein. Die Kindergartenpädagogen und wir zogen an einem Strang. Immer, wenn wir den Finger im Mund erblickten, wurde deutlich ermahnt. Gut möglich, dass das dem Töchterchen irgendwann zu blöd wurde…

Manchmal heilt die Zeit auch Daumenlutscher

Ganz vorbei war die Daumenlutscherei aber nicht und sie ist es bis heute – Töchterchen ist gerade sieben Jahre alt geworden – leider nicht. Bei Alpträumen oder beim Fernsehen wandert der Finger manchmal immer noch ganz automatisch in den Mund. Verhindern können wir es nicht, aber wir unterbinden es natürlich sofort, wenn wir es sehen.

Mein Fazit nach insgesamt fünf harten Jahren der Daumen-Abgewöhn-Tragödie: Es gibt Situationen, da beißen sich Eltern die Zähne aus und wenn sie sich noch so große Mühe geben! Selbst Experten haben dann durchaus keine hilfreichen Tipps auf Lager. Tja, manchmal muss es eben reichen, der Sache ihre Zeit zu geben und das zu tun, was man tun kann.