„Ohje, der Fernseher ist kaputt!“ – Warum Notlügen manchmal erlaubt sind

Kleiner Junge steht im Wald und lacht
"Tut mir leid, mein Schatz, der Fernseher ist leider kaputt!" Manchmal ersparen Notlügen viele Diskussionen.
© Bigstock / Christin Lola

Eltern kennen es nur zu gut: Die Laune des Nachwuchses ist dermaßen blendend, dass schon Kleinigkeiten einen Tobsuchtsanfall der Spitzenklasse heraufbeschwören können. Die eigene Stimmung? Nicht unbedingt besser! An solchen Tagen sind kleinere – oder größere – Notlügen durchaus erlaubt, findet unser Autor Markus Kirschbaum.

In manchen Situationen greife ich wirklich gerne auf Flunkereien zurück und schäme mich auch nicht dafür! Denn es gibt Tage, da ist mein Nervenkostüm sowieso schon denkbar dünn. Dann gilt: Kindlicher Unmut ist unbedingt im Keim zu ersticken! Denn geht’s den Kindern gut, geht’s auch Papa gut! Die Top 3 meiner Notlügen möchte ich gerne mit euch teilen:

# 1 „Wir haben keine Süßigkeiten mehr!“

Bei unseren Kindern führt Langweile meist irgendwann zum Betteln nach Süßem. Oft ist das unmittelbar vor dem Abendessen der Fall. Dann also, wenn es ganz sicher keine Süßigkeiten gibt! Dann stehe ich da, den Kochlöffel in der Hand, und habe zwei Möglichkeiten: Ich bleibe eisern und nehme Wut und Trotz in Kauf (beim Kochen besonders unlustig) oder ich greife zu einer Notlüge. Diese läuft wie folgt ab:

Ich schicke die Zuckerteufel unter einem Vorwand aus der Küche und gebe ihnen das Versprechen mit auf den Weg, dass wir gleich nachsehen, ob etwas Süßes im Haus ist. Sind die beiden außer Sichtweite, stopfe ich den Inhalt unserer Süßigkeitenlade hektisch in den nächstbesten Kochtopf. Im Anschluss präsentiere ich dem Nachwuchs seufzend die gähnende Leere in der Lade. Dabei verspreche ich hoch und heilig: Gleich morgen gehen wir Süßigkeiten besorgen! Und schon bin ich nicht der Feind, der Süßes verbietet, sondern der Held, der Süßes kauft!

# 2 „Die Zuckerwatte war nicht mehr gut!“

Bleiben wir bei Süßem: Es gibt niemanden, der Zuckerwatte so sehr liebt wie ich. Niemanden außer meiner Tochter! So hat es sich einst zugetragen, dass sie sich am Jahrmarkt von ihrem fleißig ersparten Geld einen ganzen Kübel Zuckerwatte gekauft hat. Tragischerweise überfiel mich in derselben Nacht der Zuckerwatten-Fressteufel und ich habe (Ok, zugegeben, dafür schäme ich mich ein wenig!) die ganze Watte bis auf den letzten Zuckerkristall vernichtet. Schnell war klar: Wenn ich verhindern möchte, dass mich meine Lieblingstochter bis in alle Ewigkeit hasst, muss eine Notlüge her! Mit betrübter Miene habe ich ihr am nächsten Morgen also weisgemacht, ich hätte in der Zuckerwatte Glasscherben gefunden. Also musste ich das Ding vernichten, weil Scherben darf man nicht essen, das ist viel zu gefährlich! Später sind wir natürlich losgezogen und haben neue Zuckerwatte besorgt. Einen Kübel für sie und einen für mich!

# 3 „Oje, der Fernseher ist kaputt!“

Die Fernsehzeit ist bei uns limitiert. Ich weiß das und natürlich wissen das auch die Zwerge. Aber manchmal wollen sie es nicht wissen! Wenn sie an „solchen Tagen“ nicht müde werden, pausenlos nach einer Extraportion Flimmerkiste zu verlangen, weiß ich ganz genau: Sage ich einfach „Nein!“, gibt’s Aufstand und Geschrei! Was folgt ist also der Griff in die Notlügen-Trickkiste:

Trauriger Blick und ein todernstes: „Also ICH würde euch ja fernsehen lassen, wirklich! Aber das blöde Ding ist wieder einmal kaputt!“ Um das Gesagte zu unterstreichen, drücke ich mehrmals auf den Einschaltknopf (zuvor habe ich natürlich den Stecker gezogen). Bisher hat das immer hervorragend geklappt! Doch vor kurzem hat mein Sohn den Fernseher skeptisch beäugt. Gut möglich also, dass ich mir bald eine neue Fernseh-Notlüge zurechtlegen muss…