Spanien verlängert Elternzeit für Väter – mit unerwarteten Folgen

Vater trägt sein Kind auf den Schultern
Nach Elternzeit: Keine Lust auf Familie?!
©Unsplash/Braden Collum

Dass die Begriffe „Vaterschaftsurlaub“ und „Mutterschaftsurlaub“ sehr irreführend sind, weiß wahrscheinlich jeder, der ihn in Anspruch genommen: Mit Urlaub hat das wirklich sehr wenig zu tun. Eine spanische Studie hat nun herausgefunden wie die Elternzeit und zukünftige Familienplanung zusammenspielen.

Immer mehr Väter nehmen sich Elternzeit

Obwohl es immer mehr Väter gibt, die sich nach der Geburt ihres Kindes Elternzeit nehmen, ist es noch immer die Norm, dass die Frau eine längere Auszeit von ihrer Arbeit nimmt. Das ist nicht nur in Deutschland so, sondern auch in Spanien. Genau deswegen hat die spanische Regierung 2017 den bisherigen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen verdoppelt und 2018 aufgrund der großen Beliebtheit nochmals um eine weitere Woche verlängert. Spanische Väter können also jetzt insgesamt fünf Wochen Elternzeit nehmen. Wie das Nachrichtenportal „El País“ berichtet, sei eine weitere Verlängerung bis 2021 geplant. Beide Elternteile hätten dann einen Anspruch auf je bis zu 16 Wochen bezahlten Urlaub nach der Geburt.

Mehr Hilfe bei der Erziehung, aber geringerer Kinderwusch

Lídia Farr und Libertad González, zwei Wirtschaftswissenschaftlerinnen der Universität Barcelona und der Universität Pompeu Fabra, haben die Auswirkungen des neuen Vaterschaftsurlaubs untersucht und ihre Studie in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Journal of Public Economics“ kürzlich veröffentlicht.

Die Studie zeigt, dass sich die Väter tatsächlich stärker an der Erziehung der Kinder beteiligen und Mütter eher bereit sind, nach der Elternzeit wieder in ihren Beruf zurückzukehren. Die gesetzliche Neuregelung scheint also ihren Zweck zu erfüllen – allerdings gibt es einen großen Haken. Die Studie zeigt nämlich auch, dass die Paare, die Anspruch auf Elternzeit haben, weniger wahrscheinlich weitere Kinder bekommen.

Paare, die keinen Anspruch auf das neue Programm der Regierung haben, werden bis zu 15 Prozent wahrscheinlicher wieder Elter, als die, die das Programm in Anspruch genommen haben. Die Paare, die sich auch mit Vaterschaftsurlaub für weitere Kinder entscheiden, warten damit laut den Wirtschaftswissenschaftlerinnen bis zu sechs Jahre – deutlich länger als Eltern vor der Regelung.

Kosten der Kindererziehung zu hoch?

Es gibt laut den Wissenschaftlerinnen verschiedene Ansätze, um diese Entwicklungen zu erklären. „Erstens führte die zunehmende Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung zu einer höheren Bindung der Mütter an die Arbeitswelt. Dies kann möglicherweise die Opportunitätskosten für ein zusätzliches Kind erhöhen“, erläutern die Autorinnen.

Opportunitätskosten sind Kosten, die daraus resultieren, dass zum Beispiel auf eine anderweitige Verwendung von Kapital oder Zeit verzichtet wird. Einfach ausgedrückt: Kinder sind teuer und die stärkere Einbindung in die Kinderbetreuung – oder auch nur eine stärkere Sensibilisierung für die damit verbundenen Kosten – könnte den Wunsch auf weitere Kinder verringern.

„Wir stellen auch fest, dass Männer nach der Reform über einen geringeren Wunsch nach Kindern berichtet haben, möglicherweise aufgrund ihres gestiegenen Bewusstseins für die Kosten der Kindererziehung.“

Durch dieses Bewusstsein und Interesse der Väter an der Kindererziehung soll es wahrscheinlich sein, dass „ihre Präferenzen von der Quantität der Kinder auf die Qualität der Erziehung verlagert wurden“. Das ist ziemlich sachliche Umschreibung für: Männer scheinen erkannt zu haben, dass Kindererziehung beziehungsweise ein Baby zu haben ziemlich anstrengend sein kann.

Aber: Die Autorinnen betonen, dass es sich hier um einen einzelnen Datensatz aus einem einzelnen Land handelt. Um das genaue Zusammenspiel von Familienplanung, Elternzeit und Arbeitsalltag zu untersuchen, seien noch weitere Untersuchungen notwendig, denn immerhin würden viele Faktoren den Kinderwunsch beeinflussen.