Der Klimawandel ist für junge Menschen ein zentrales Thema
Als Eltern möchten wir, dass unsere Kinder so unbeschwert wie möglich aufwachsen. Kriege, Katastrophen und existentielle Sorgen werden üblicherweise nicht am Familientisch diskutiert, um Kinder nicht mit Problemen zu konfrontieren, die oftmals schwer verständlich sind und sie unnötig belasten könnten. Ein Thema, das sich jedoch nicht ausklammern lässt, ist die globale Klimakrise.
Neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen auf, wie sehr der Klimawandel junge Menschen beschäftigt und deren mentale Gesundheit beeinflussen kann. So ergab beispielsweise eine groß angelegte Umfrage der University of Bath von 16- bis 25-Jährigen in zehn Ländern, dass über die Hälfte der Befragten angesichts des Klimawandels Emotionen wie Traurigkeit, Wut, Angst oder Hilflosigkeit empfinden. Bei mehr als 45 % wirken sich diese Gefühle negativ auf das tägliche Leben aus und gehen mit psychischen Problemen einher. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man auch in Deutschland: Laut SINUS-Jugendstudie rechnen 59 % der 14- bis 17-Jährigen mit negativen Folgen für die eigene Gesundheit, 39 % macht der Klimawandel persönlich große Angst.
Eine in der Fachzeitschrift „PiD Psychotherapie im Dialog“ veröffentlichte Studie wurden Kinder und Jugendliche in 25 Ländern zum Thema befragt. Das Ergebnis: In allen Ländern ist der Klimawandel für Jugendliche ein Thema – und ein großer Stressfaktor.
Professorin Dr. Inge Seiffge-Krenke erklärt: „Angesichts der deutlich unterschiedlichen Lebenskontexte und ökonomischen Bedingungen in den verschiedenen Regionen überraschte, dass Zukunftsangst in allen Ländern der wichtigste Stressor war.“
Kinder benötigen elterliche Unterstützung
Dass die Klimakrise Kinder und Jugendliche erschüttert, hat verschiedene Gründe. Aufgrund ihres jungen Alters werden sie verstärkt von den Folgen der globalen Erderwärmung betroffen sein. Zudem ist die Fähigkeit, verstörende oder besorgniserregende Informationen einzuordnen und mit negativen Emotionen umzugehen, noch nicht vorhanden oder allenfalls in geringerem Maße ausgeprägt. Als Eltern können wir jedoch einiges dafür tun, unsere Kinder zu unterstützen – mit ehrlichen, sachlichen Gesprächen und verantwortungsbewusstem Handeln.
Mit Kindern über den Klimawandel sprechen
Zugegeben, einfach sind Gespräche über den Klimawandel sicher nicht. Die Thematik ist sehr komplex, deshalb sollte man sich vorab erst einmal selbst anhand wissenschaftlich fundierter Informationen – z. B. auf den Seiten des Umweltbundesamts oder dem Deutschen Wetterdienst – einen guten Überblick über die Fakten verschaffen. Mit Klima-Newslettern von Tageszeitungen und Umweltorganisationen kann man über neue Entwicklungen und aktuelle Diskussionen auf dem Laufenden bleiben.
Nicht nur Jugendliche, sondern auch jüngere Kinder kommen oftmals in der Schule, durch Fernsehsendungen oder Bemerkungen von Erwachsenen und älteren Geschwistern mit Themen wie Klimawandel oder Artensterben in Berührung. Entsprechende Informationen übersteigen oftmals die kognitiven Fähigkeiten des Kindes und können Verstörung und diffuse Ängste auslösen.
Nimm dir ausreichend Zeit und gestalte das Gespräch über die Klimakrise altersgerecht. Bring dabei in Erfahrung, was dein Kind bereits darüber weiß, welche Aspekte Fragen aufwerfen und es womöglich beunruhigen. Um die komplexen Sachverhalte zu erklären, kannst du kindgerecht aufbereitete Medien wie Bilder und Videos zu Hilfe nehmen.
Einfach verständliche Materialien über den Klimawandel für Kinder
Die schwierigen Zusammenhänge verständlich darzustellen, ist gar nicht so einfach. Im Netz gibt es etliche Seiten mit kindgerecht aufbereiteten Informationen. Gute Quellen sind beispielsweise das Kindernachrichten-Portal „Logo“ vom ZDF, das auf einer Themenseite zahlreiche kurze Videos zu verschiedensten Umwelt-Aspekten wie z. B. CO₂, Ernährung und Klima, die Ozeane, Atomenergie bereithält oder auch die Klimawandel-Seite der Sendung mit der Maus mit einer Sammlung von Beiträgen und Umwelttipps.
Einfach verständliche Infos, Empfehlungen für Bücher und Podcasts, Quizze und kleine Challenges für die ganze Familie bietet die Kinderwebseite Kit Klima Monster der Initiative Parents for Future Deutschland e. V.
Stöbere vorher auf entsprechenden Seiten und such thematisch passende Inhalte für dein Kind heraus, die ihr euch dann gemeinsam anschaut. Da die Aufmerksamkeitsspanne relativ gering ist und dein Kind Zeit braucht, die neuen Informationen zu verarbeiteten, empfiehlt es sich, eure „Klima-Sessions“ in kleine Häppchen aufzuteilen.
Fragen ehrlich beantworten
Vermutlich wird dich dein Kind mit schwierigen, teilweise auch unangenehmen Fragen zum Klima und der Zukunft unseres Planeten konfrontieren. Hier ist Aufrichtigkeit und einiges an Fingerspitzengefühl angesagt. Gib offen zu, wenn du etwas nicht weißt und liefere die altersgerechte Erklärung zeitnah nach. Eventuell könnt ihr euch auch gemeinsam auf die Suche nach Antworten begeben.
Beängstige dein Kind nicht, aber beschönige nichts. Zu versprechen, dass alles wieder in Ordnung kommt, ist nicht der richtige Weg. Zeige auf, dass die Klima-Problematik vielschichtig ist und dass viele Menschen und Organisationen notwendig sind, Lösungen zu entwickeln und gib Beispiele, an welche Maßnahmen bereits gearbeitet wird, um die Situation zu verbessern.
Ältere Kinder werfen Eltern oftmals mangelndes Bewusstsein und umweltschädliches Verhalten vor. Auch hier ist es besser einzugestehen, falls man das Thema bislang vernachlässigt hat und gegebenenfalls Nachholbedarf besteht.
Verantwortung übernehmen und handeln
Reden ist nur die halbe Miete. Selbst aktiv zu werden und sich für den Umweltschutz einzusetzen, hilft gegen die Klimaangst. Ermutige dein Kind, falls es sich in regionalen Initiativen engagieren oder an Kampagnen teilnehmen will. Eventuell lassen sich Schule oder Kita zu Aktionen und klimafreundlicherem Handeln anregen.
Überlegt, was ihr als Familie gemeinsam unternehmen könnt, um zu Hause einen positiven Beitrag für den Klimaschutz zu leisten. Das kann beispielsweise konsequentes Mülltrennen oder das Upcycling vorhandener Gegenstände sein, statt dem Auto für bestimmte Wege das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, Kleidung oder Spielsachen im Secondhand-Shop zu kaufen und verkaufen. Hauptsache, die Maßnahmen werden dauerhaft beibehalten und nicht als lästiger Zwang verstanden.
Die Hoffnung besteht
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt. Denn, wie Inge Seiffge-Krenke erklärt, ist es sehr positiv zu sehen, dass sich Kinder und Jugendliche aktiv mit den Ängsten auseinandersetzen. „Die Tatsache, dass Jugendliche sich aktiv mit ihren Zukunftsängsten auseinandersetzen, puffert in besonderem Maße das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Dadurch reduziert sich das Risiko für psychische Störungen wie Depressionen und Suizidalität. Das ist, trotz steigender Zukunftsängste, eine positive Nachricht“, weiß die Professorin.