Dammriss bei der Geburt: Wie oft passiert das wirklich?

vonMichaela Brehm | Redaktionsleitung
Tiefer Riss in einer beigen Wand
Ein Dammriss passiert häufig, aber nur selten sind die Risse schlimm
© Unsplash/ Brina Blum

Ein Dammriss ist bei vielen Frauen gefürchtet, wenn sie an die bevorstehende Geburt denken. Tatsächlich gehört er zu einer der häufigsten Geburtsverletzungen, ist in der Regel aber auch schnell wieder verheilt. Ob und wann du genäht werden musst, erfährst du hier. Außerdem Tipps, wie du einem Dammriss vorbeugen kannst.

geprüft von Anja Stern und Marie Beinhauer, Hebammen

Dammriss: Warum passiert das so häufig bei der Geburt?

Der Damm bezeichnet die Verbindung zwischen Scheide und After. Während einer Geburt werden Scheide und Damm stark gedehnt – vor allem, wenn in der Austreibungsphase Kopf und Schultern des Babys geboren werden.

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Das ist eine extreme Belastung für das Gewebe. Oft hält es den starken Druck nicht aus: Bei einem Dammriss reißt das Gewebe am hinteren Scheidenausgang in Richtung After ein. Die Verletzungen werden in vier Schweregrade unterteilt. Der erste Verletzungsgrad und der Dammriss Grad 2 sind am häufigsten. Nur selten reißt der Damm bis in den After ein.

Dass du untenrum aufreißt, das hört sich extrem unschön und schmerzhaft an. Doch in den seltensten Fällen ist das wirklich gefährlich. Bei den meisten Frauen reißt das Gewebe im Bereich rund um die hintere Scheidenöffnung ein, was die wenigsten merken, da das Gewebe während der Geburt so stark gedehnt ist, dass es ziemlich schmerzunempfindlich ist.

Solltest du eine Periduralanästhesie (PDA) bekommen haben, wirst du den Riss auch erst einmal nicht spüren. Daher ist es umso wichtiger, dass eine Hebamme oder ein Gynäkologe deinen Intimbereich nach der Geburt genau untersucht. Gegebenenfalls kann der Dammriss dann sofort behandelt werden.

Dammriss: Grad der Verletzung

Bei einem Dammriss werden vier Schweregrade unterschieden. Bei einem Riss ersten Grades ist nur die Haut oberflächlich verletzt, ab einem Dammriss Grad 2 ist die Muskulatur des Damms betroffen. Bei Grad 3 und Grad 4 reißt zusätzlich auch der Schließmuskel an oder sogar durch.

  • Dammriss 1. Grades: Es kommt zu leichten oberflächlichen Verletzungen der hinteren Scheidenhaut und der Haut des Damms.
    Genäht wird häufig schon bei diesem Schweregrad. Die Wunde kann unter Umständen aber auch ganz ohne Naht ausheilen.
  • Dammriss 2. Grades: Die hintere Scheidenhaut und die Dammhaut sind stärker eingerissen. Zusätzlich ist die Dammmuskulatur oberflächlich mitverletzt, der Schließmuskel bleibt aber unversehrt.
    Die Wunden werden unter örtlicher Betäubung genäht.
  • Dammriss 3. Grades: Die Risse ziehen sich bis zum After und verletzten die Schließmuskulatur. Zum Teil kann sie sogar ganz durchtrennt werden.
    In manchen Fällen können die Verletzungen noch direkt im Kreißsaal versorgt werden. Sind die Verletzungen schwerwiegender muss operiert werden.
  • Dammriss 4. Grades: Auch hier wird der Schließmuskel stark verletzt. Zusätzlich ist die Schleimhaut des Darms (Rektum) eingerissen. In diesem Fall wird direkt nach der Geburt operiert. Für gewöhnlich unter Narkose.

Ein Dammriss des dritten und vierten Grades tritt zum Glück relativ selten auf. Sie betreffen nur etwa 1,5 Prozent (Grad 3) beziehungsweise 0,1 Prozent (Grad 4) aller Frauen bei einer Geburt. Häufiger sind der erste Grad und der Dammriss Grad 2.

Ursachen für einen Dammriss: Risikofaktoren

Die Ursachen sind vielseitig. Wie elastisch dein Bindegewebe grundsätzlich ist, spielt dafür natürlich eine Rolle. Häufig ist jedoch ein großer Kopfumfang des Babys beziehungsweise ein zu hohes Geburtsgewicht (über 4000 Gramm) der Grund für die starke Belastung des Gewebes.

Aber auch wenn die Geburt zu schnell geht, eingeleitet werden muss, oder wenn die Ärzte Hilfsmittel wie Saugglocke einsetzen, kann es zu einem Dammriss kommen. Dann hat das Damm-Gewebe nicht ausreichend Zeit, sich langsam an den Druck zu gewöhnen.

Um den Scheidenausgang während der Geburt zu vergrößern, wird manchmal einen Dammschnitt durchgeführt. Den Schnitt setzen kann sowohl der Arzt als auch die Hebamme. Meist passiert das während einer Presswehe. Dann ist das Gewebe maximal gedehnt und Nervenbahnen werden dadurch teilweise abgedrückt. Das heißt, in diesem Moment ist ein Schnitt nicht oder nur wenig schmerzhaft.

Wann ein Schnitt durchgeführt werden muss, ist immer eine Fallentscheidung: beispielsweise wenn die Herztöne des Babys schlechter werden und die Geburt beschleunigt werden muss. Aber auch, wenn das Dammgewebe zu hart ist, etwa durch Narben eines früheren Dammrisses oder -schnittes, und das Kind dabei behindert, auf die Welt zu kommen, wird ein Schnitt gesetzt.

Wie lange dauert die Dammriss-Heilung?

Die Ärzte versorgen die Wunde direkt nach Geburt. Normalerweise verläuft der Heilungsprozess relativ schnell und problemlos.

„Die Heilung solcher Wunden dauert im Durchschnitt zehn Tage. Die Fäden müssen nicht gezogen werden, sondern lösen sich von alleine auf“, erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf dem Infoportal familienplanung.de.

Während der Zeit der Dammriss-Heilung solltest du deinen Damm nicht übermäßig belasten. Oft kommt es auch vor, dass du Medikamente bekommst, welche den Stuhl weicher machen, so dass du auf dem Klo weniger Schmerzen hast.

Je schwerer die Verletzungen sind, desto länger dauert natürlich auch der Heilungsprozess. Aber grundsätzlich verheilt ein Dammriss gut, auch wenn du operiert werden musstest.

Tipps, wie ein Dammriss schneller heilt

Nach der Geburt solltest du den Damm auf jeden Fall pflegen. Gerade am Anfang kann es angenehm sein, die Wunden regelmäßig zu kühlen. Besser als herkömmliche Kühlkompressen sind Eisbinden mit Zusätzen wie Calendulaessenz.

Die Binde „besitzt eine tolle kühlende Wirkung, wirkt antibakteriell, abschwellend und einfach wohltuend“, erklären die Hebammen Anja Stern und Marie Beinhauer vom Blog hallohebamme. Sie empfehlen dafür eine luftdurchlässig Binde mit Wasser und ein paar Tropfen Essenz zu beträufeln und danach in die Gefriertruhe zu legen. Bevor du die Eisbinde verwendest, solltest du sie noch kurz antauen lassen. Noch ein Hinweis der Hebammen: „Wende diesen Trick jedoch nicht zu oft an, da vermehrtes Kühlen die Heilung behindern kann.“

Grundsätzlich solltest du viel Luft an die Wunden lassen, das kann die Heilung beschleunigen. Also zwischendurch Slip aus und zum Beispiel auf dem Bett entspannen. Je nachdem wie stark dein Wochenfluss noch ist, solltest du aber ein Handtuch oder ähnliches Unterlegen.

Was Hebammen außerdem nach einem Dammriss empfehlen:

  • Ein gängiger Hebammen-Tipp ist es, beim Wasserlassen zusätzlich lauwarmes Wasser über die Wunde laufen zu lassen. Das hilft, dass der Dammriss sauber bleibt. Außerdem brennt der Urin dadurch nicht zu sehr in der Wunde.
  • Sitzbäder mit Totes-Meer-Salz und ätherischen Ölen wie Lavendel, Kamille blau oder Scharfgarbe. Du kannst das täglich für 10 bis 15 Minuten machen. Die Wassertemperatur sollte ungefähr 35° C bis 37° C haben.
  • Regenerationssprays für den Dammbereich wirken wie Sitzbäder sind aber leichter anzuwenden.
  • Du kannst auch zu einer Beinwellsalbe greifen. Die bekommst du zum Beispiel in der Apotheke. Dünn auf die Wunde auftragen und einziehen lassen.
  • Achte darauf ausreichend zu trinken und auf eine Ernährung, die die Verdauung anregt. Das macht den Stuhlgang weicher und belastet das verletzte Gewebe nicht zusätzlich. Leinsamen, Trockenobst, Weizenkleie oder Birnensaft regen zum Beispiel die Verdauung an.

Einem Dammriss vorbeugen

Es ist wirklich sinnvoll, sich schon vor der Geburt mit dem Damm auseinanderzusetzen. Ist das Gewebe weich und elastisch, kannst du einem Dammriss vorbeugen. Am besten geht das mit einer Massage des Gewebes.

Um dir die Massage so angenehm wie möglich zu gestalten, achte darauf, ein spezielles Dammöl zu verwenden, es besteht häufig aus hochwertigem Mandelöl und eignet sich besonders gut. Wie genau so eine Massage funktioniert und worauf du achten musst, das kannst du in unserem Ratgeberartikel zum Thema Dammmassage nachlesen.

Beachte aber, dass du damit nicht erst kurz vor der Geburt beginnst. Das Gewebe braucht Zeit, um sich auf die Geburt vorzubereiten. Anja und Marie empfehlen, damit ab der 34. SSW zu beginnen und die Massage drei bis vier Mal pro Woche etwa für zehn Minuten durchzuführen.

Quellen