Warum lassen Frauen ihre Eizellen einfrieren?
Bei der sogenannten Kryokonservierung können Frauen ihre befruchteten oder unbefruchteten Eizellen einfrieren lassen und später für eine künstliche Befruchtung verwenden. Beweggründe dafür sind unterschiedlich. Krebspatientinnen entscheiden sich zum Beispiel oft dafür, vor einer Chemotherapie ihre Eizellen einfrieren zu lassen, da sie nachher nicht mehr fruchtbar sein könnten.
In den letzten Jahren wird auch das sogenannte “Social Freezing” immer beliebter. Dabei lassen Frauen aus nicht-medizinischen Gründen ihre Eizellen einfrieren, um später einen potenziellen Kinderwunsch erfüllen zu können, etwa weil zum Beispiel die Karriere erstmal erste Priorität haben soll oder der richtige Partner noch nicht gefunden ist.
Eizellen einfrieren: Alter und Zeitpunkt sind entscheidend
Da mit dem Alter einer Frau die Anzahl und Qualität ihrer Eizellen abnimmt, raten Experten, im Alter zwischen 20 und 30 Jahren Eizellen einfrieren zu lassen. Denn bei über 40-Jährigen sinken die Chancen, dass eine Kryokonservierung erfolgreich ist.
Die Reproduktionsmedizinerin Professor Katharina Hancke vom Uniklinikum Ulm rät laut der Ärztezeitung zu einer frühen Entscheidung, ob eine Frau ihre Eizellen einfrieren lassen will. So liege die Wahrscheinlichkeit, ohne medizinische Maßnahme schwanger zu werden, bei einer 25-Jährigen pro Zyklus bei 23 Prozent, bei einer bei 35-Jährigen Frauen sei diese Wahrscheinlichkeit bereits auf 16 Prozent gesunken. Auch das Risiko von Fehlbildungen, auch bei einer künstlichen Befruchtung steigt mit dem Alter.
Eizellen einfrieren: Verfahren
Ähnlich wie vor einer künstlichen Befruchtung muss eine Frau Hormonpräparate nehmen, wenn sie ihre Eizellen einfrieren lassen will. Um die Anzahl der Eizellen zu erhöhen, muss der Körper deswegen bis zu zwei Wochen hormonell stimuliert werden. Dabei erhalten Frauen niedrig dosierte Hormonpräparate, die das Reifen der Eizellen anregen sollen.
Nach der Stimulation werden die Eizellen der Frau über die Scheide entnommen – unter Vollnarkose. Dann können Ärzte die Eizellen einfrieren. Wenn sich die Frau dann später dazu entscheidet, eine künstliche Befruchtung haben zu wollen, werden die Eizellen aufgetaut und mit Spermien befruchtet. Dann werden sie in die Gebärmutter eingesetzt.
Wie werden die Eizellen von Ärzten eingefroren?
Schon seit den 90er Jahren können Ärzte Eizellen einfrieren. Es gibt zwei Möglichkeiten wie die Kryokonservierung ablaufen kann – wobei heute nur noch die zweite Version genutzt wird:
#1 Slow Freezing
Beim Slow Freezing werden die Eizellen sehr langsam abgekühlt – nur um 0,3°C pro Minute. Das heißt, dass es länger dauert, bis die Eizellen einfrieren. Dieser Prozess funktionierte gut, um überschüssige befruchtete Eizellen einzufrieren. Da unbefruchtete Eizellen empfindlicher sind, war diese Methode dafür weniger erfolgreich.
Laut einem Report aus dem Magazin Human Reproduction konnten sich beim Slow Freezing nur aus zwei von 100 eingefrorenen Eizellen ein Fetus entwickeln. Daher wird inzwischen vor allem folgende Methode angewandt:
#2 Flash Freezing
Heute findet die Kryokonservierung vor allem durch Flash Freezing statt. Seit 2007 können Ärzte mit Flash Freezing Eizellen einfrieren. Hier werden die Zellen in flüssigen Stickstoff mit einer Temperatur von -196°C getaucht. Die Zellen werden also quasi schockgefrostet. Das dauert etwa 20 Minuten und ist auch bei unbefruchteten Eizellen öfter erfolgreich als beim Slow Freezing.
Eizellen einfrieren lassen: Erfolgschancen
In einem Interview mit Focus Online erklärt der Münchner Reproduktionsmediziner Jörg Puchta, dass die Überlebensrate einer Eizelle beim Einfrieren bei 95 Prozent liege. Das heißt, dass fast alle gefrorenen Eizellen das Auftauen auch überleben. Die Befruchtungsquote schätzt er auf 60-70 Prozent. Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, haben dann eine 10 prozentige Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft und Lebendgeburt.
Grundsätzlich seien die Chancen für eine erfolgreiche künstliche Befruchtung immer abhängig vom Alter, in dem Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen. „Ich gehe aber davon aus, dass im Schnitt die Hälfte der konservierten Eizellen gute Embryonen werden können“, so Puchta.
Eizellen einfrieren: Risiken
Wenn eine Frau ihre Eizellen einfrieren lässt, heißt das nicht zwingend, dass diese Eizellen später auch wieder aufgetaut werden. Die Zahl von Kindern, die durch eingefrorene Eizellen gezeugt wurden, ist noch relativ gering. Deshalb gibt es nur wenige Studien, die mögliche Einflüsse von einer Kryokonservierung untersucht haben.
Wenn Frauen ihre Eizellen einfrieren lassen, erhöht das die Gefahr von Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen aber nicht wesentlich. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung, die auf Fertility and Sterility veröffentlicht wurde.
Bei der Entnahme der Eizellen kann es zu Komplikationen kommen – wie bei jedem anderen chirurgischem Eingriff. Durch die Hormonpräparate, die vor dem Eingriff genommen werden müssen, können Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen und Übelkeit auftreten.
Unabhängig davon, ob eine Schwangerschaft durch eine Kryokonservierung oder natürlich zustande gekommen ist, ist zu beachten, dass Schwangerschaften im höheren Alter grundsätzlich öfter mit Komplikationen einhergehen. Zum Beispiel steigt mit dem Alter die Chance für Präeklampsie oder Schwangerschaftsdiabetes. Frauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen, haben außerdem keine Garantie, dass sie dadurch schnell schwanger werden können.
Eizellen einfrieren: Kosten
Frauen sollten sich gut überlegen, ob sie ihre Eizellen einfrieren lassen wollen. Denn eine Kryokonservierung ist nicht billig! Laut dem Kinderwunschzentrum an der Oper kostet das Entnehmen und Einfrieren von Eizellen für einen Zyklus rund 2.500€. Da meist bis zu 20 Eizellen eingefroren werden müssen, um höhere Chancen zu garantieren, sind in Normalfall mehrere Zyklen nötig.
Außerdem kosten die Medikamente je nach Verbrauch zirka 1.000€. Je nach Anbieter werden dann noch ungefähr 20€ monatlich für die Lagerung fällig. Wenn die Eizellen später genutzt werden sollen, kommen dann die Kosten für eine künstliche Befruchtung in Höhe von rund 2.000€ dazu.
Krebspatientinnen können seit Mai 2019 ihre Eizellen einfrieren lassen – Kosten tragen ab da die gesetzlichen Krankenkassen. Ob in der Zukunft Krankenkassen auch für das Social Freezing Kosten tragen werden, ist nicht bekannt.
Quellen:
- Anne Bäurle: Bis später, Baby! (27.02.2017) In: Ärzte Zeitung online. https://www.aerztezeitung.de/medizin/fachbereiche/gynaekologie/article/930580/social-freezing-bis-spaeter-baby.html (Letzter Zugriff: April 2019)
- Frauenärzte im Netz: Unfruchtbarkeit: Therapie (Stand: 2018). Unter: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/unfruchtbarkeit/therapie/ (letzter Zugriff: April 2019)
- Magdalena Balcerek et. Al.: Perspektive Fertilität: Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Massnahmen bei onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen (2016). Wolff, Michael von (Hrg.) Schmidt & Klaunig, S. 122-129.
- Lilia Kuleshova: Birth following vitrification of a small number of human oocytes: Case Report (1999). In: Human Reproduction, Volume 14, Issue 12. https://academic.oup.com/humrep/article/14/12/3077/2913093 (Letzter Zugriff: April 2019)
- Elisabeth Hussendörfer: Reproduktionsmediziner erklärt: „Social Freezing ist eine aktive Lebensentscheidung“ (12.11.2018) Auf: Focus Online. https://www.focus.de/gesundheit/baby/eizellen-einfrieren-mediziner-klaert-wichtige-fragen-zu-social-freezing_id_9883993.html (letzter Zugriff: April 2019)
- Helga Seyler: Kryokonservierung von Eizellen aus sozialen Gründen: „Social Freezing“ (2014). In: Pro Familia Medizin. Der Familienplanungsrundbrief. https://www.profamilia.de/fileadmin/dateien/fachpersonal/familienplanungsrundbrief/pro_familia_medizin-2014-3-WEB.pdf (letzter Zugriff: April 2019)
- Michael von Wolff et Al.: Fertility Preservation for Non-Medical Reasons (2015). In: Deutsches Ärzteblatt. https://www.aerzteblatt.de/int/archive/article?id=167247 (letzter Zugriff: April 2019)
- The Practice Committees of the American Society for Reproductive Medicine and the Society for Assisted Reproductive Technology: Mature oocyte cryopreservation: a guideline (2013). Auf: Fertility and Sterility. https://www.fertstert.org/article/S0015-0282(12)02247-9/fulltext (letzter Zugriff: April 2019)
- Kinderwunschzentrum an der Oper: Social Freezing: So erhalten Sie Ihre Fruchtbarkeit. (Stand 2019) Unter: https://www.kinderwunschzentrum-an-der-oper.de/files/content/Broschueren/Social-Freezing-Kinderwunschzentrum-an-der-Oper.pdf (Letzter Zugriff: April 2019)
- IKK Classic: Kinderwunsch-Studie: Große Offenheit gegenüber künstlicher Befruchtung und „Social Freezing“. (2019) Unter: https://www.ikk-classic.de/information/presse/studien/kinderwunsch (Letzter Zugriff: April 2019)