Wir müssen aufhören anderen Frauen zu unterstellen, dass sie schwanger sind
Oftmals habe ich das Gefühl, dass das erste Kind eine Art Einladung ist, diese Fragen ständig zu stellen. Dabei ist das in der Realität gar nicht so einfach zu beantworten, weil sich viele Unsicherheiten, eventuelle Trauer oder das Gefühl von Versagen bei der Beantwortung solcher Vermutungen verstecken. Es ist deshalb nicht nur unsensibel, sondern auch extrem lästig.
Rektusdiastasen: Ein Grund für “Babybauch”
Ich bin eine junge Mutter. Mit 24 Jahren habe ich meine Tochter bekommen und bin im Nu wieder in meine “alte Figur” zurückgekehrt oder wie man so gerne sagt “I bounced back”. Ich bin von Natur aus sehr zierlich gebaut oder wenn ich mich einfach ausdrücken müsste: ich bin saudünn.
Aber trotzdem oder vielleicht genau deswegen, werde ich immer mal wieder gefragt, ob da ein kleines Bäuchlein erkennbar ist oder ob ein kleines Geschwisterchen unterwegs sei, sobald mein Bauch aufgebläht ist oder ich gerade gegessen habe.
Vor allem liegt es an meiner Rektusdiastase. Nach der Geburt habe mich zu früh wieder an die Geräte im Fitnessstudio gewagt und im Alltag viel zu schwer und viel getragen. Mein Bauchspalt, auch Rektusdiastase genannt, bildete sich nach der Schwangerschaft nie wieder vollständig zurück.
Ich habe bis heute einen kleinen Spalt zwischen meinen Bauchmuskeln und das führt dazu, dass man – vor allem nach dem Essen – ein kleines Bäuchlein erkennt. Bei einem Spargeltarzan wie mir, fällt es natürlich dann umso stärker auf.
Ich darf kein Foto auf den sozialen Medien hochladen, wo sich ein “Bäuchlein” erahnen lässt, denn sonst kriege ich endlos viele Nachrichten, ob ich wieder schwanger bin. Und das nagt an meinem Selbstbewusstsein, auch wenn es liebt gemeint ist.
Dabei gibt es unendlich viele Gründe, weshalb es nicht okay ist zu fragen, ob man schwanger ist oder wann man schwanger wird. Vor allem, wenn die Frau gar nicht schwanger ist. Es muss nicht immer eine Rektusdiastase sein.
Keine Kinder
Es gibt auch Paare, die sich ganz einfach gegen Kinder entscheiden und das ist völlig in Ordnung.
Fehlgeburten
Dann gibt es auch all jene Paare, die seit Jahren versuchen schwanger zu werden und nicht nur eine Fehlgeburt durchleben mussten, sondern fünf. Wie meine Freundin, die mit jeder Frage über Kinderplanung in Trauer verfällt. Für diese Frauen sind Fragen, ob sie schwanger sind oder bald/endlich schwanger werden, ein direkter Stich ins Herz.
Unfruchtbarkeit
Einige Frauen leiden an Krankheiten, die ein Hindernis für eine Schwangerschaft darstellen können oder gar nicht erst schwanger werden können.
Unregelmäßige Regelblutungen
Auch ich kriege meine Periode nicht mehr regelmäßig. Mein Zyklus variiert zwischen 35 und 41 Tagen. Manchmal bekomme ich sie eine zeitlang auch einfach gar nicht. Unter solchen Bedingungen wieder schwanger zu werden ist daher ziemlich schwierig.
Dreiköpfige Familie
Manche Paare haben bereits ein Kind und fühlen sich als dreiköpfige-Familie vollkommen. Dann sind Fragen, um ein zweites Kind einfach nur nervig.
Finanzieller Status
Es kann aber auch gut eine finanzielle Frage sein. Und wer spricht schon gerne offen darüber, dass man gerne Kinder hätte, aber sie sich nicht leisten kann.
Für mich ist die Frage, ob oder wann man schwanger wird, gleichzusetzen mit Fragen wie:
- “Wie ist deine finanzielle Situation?”
- “Wie viele Fehlgeburten hast du schon durchgemacht?”
- “Welche Krankheiten hast du?”
- “Warum siehst du so dick aus?”
- “Wie fruchtbar bist du oder dein Mann?”
Als ich schwanger war wurde ich tatsächlich nie gefragt, ob ich schwanger bin. Bis zum fünften Monat konnte sowieso niemand einen Bauch erkennen. Auch damals hielt ich es nicht für angebracht zu fragen, ob ich schwanger bin. Das liegt daran, dass ich meine Baby-News nicht mit jedem teilen wollte.
Schließlich war es meine erste Schwangerschaft und etwas sehr intimes. Denn auch die soll es ja geben: schwangere Frauen, die es noch nicht verraten wollen.
Letztendlich geht das Thema niemanden was an außer mich und meinem Partner. Und wenn man nicht schwanger ist, beschäftigt man sich sehr wahrscheinlich sowieso schon mit dem Thema. Da ist Druck von außen wirklich keine Hilfe. Ich denke immer, wenn jemand tatsächlich schwanger ist, dann wird diejenige es einem schon mitteilen und zwar von sich aus und zu ihrem Zeitpunkt.