Gebärmuttertransplantation: Neue Hoffnung auf leibliche Kinder?
„Zwischen 60 und 80 Mädchen werden in Deutschland ohne Gebärmutter und Scheide geboren“, so Sabine Brucker, ärztliche Direktorin am Forschungsinstitut für Frauengesundheit des Universitätsklinikums Tübingen. Allein in Deutschland gibt es bis zu 8.000 Frauen, die von Geburt an keinen Uterus haben.
Diese Frauen haben das sogenannte Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS). Sie werden kommen ohne Scheide und Gebärmutter auf die Welt. Schamlippen, Klitoris und Eierstöcke sind aber normal ausgebildet. Kinder können sie also keine bekommen. Auch Frauen, bei denen die Gebärmutter wegen einer Geburtskomplikation oder Krebserkrankung entnommen werden musste, haben beim Kinderwunsch eingeschränkte Optionen.
Diese Frauen „können biologisch kein eigenes Kind bekommen – hier in Deutschland“, erklärt Brucker in einer Pressekonferenz am 23. Mai 2019. Genetisch eigene Kinder könnten diese Frauen nur über eine Leihmutterschaft bekommen – die ist in Deutschland aber verboten.
Die erste Gebärmuttertransplantation in Deutschland
2016 gelang den Ärzten des Universitätsklinikums Tübingen, die erste Gebärmuttertransplantation in Deutschland erfolgreich durchzuführen. Die damals 23-jährige Empfängerin überstand die Operation ohne Komplikationen – eine Hoffnung für Frauen ohne Gebärmutter? Bis sich das zeigt, muss aber erst noch Zeit vergehen, in der die Gebärmutter verheilen und anwachsen muss. Außerdem muss die Frau erstmal ihre Periode bekommen, bevor an eine Schwangerschaft gedacht werden kann. Das dauert laut den Experten der Frauenklinik Tübingen rund sechs Wochen.
Babyglück nach Transplantation
Am 23. Mai 2019 verkündet das Ärzteteam in einer Pressekonferenz die guten Nachricht: Die Frau, bei der Mitte Oktober 2016 transplantiert wurde, hat im Mai 2019 ein gesundes Baby zur Welt gebracht.
Mitte 2018 wurde ihr laut einer Pressemeldung der Frauenklinik eine eigene, zuvor mit den Spermien des Ehemanns befruchtete, Eizelle eingesetzt. Die Schwangerschaft der jetzt 26-Jährigen verlief normal. In der 36. SSW kam durch einen Kaiserschnitt ein gesunder Junge zur Welt. 2,2 Kilo und 45 Zentimeter. „Unser sehnlichster Wunsch ist in Erfüllung gegangen“, so die frischgebackene Mutter.
Sie ist aber nicht allein mit ihrem neuen Familienglück. Auch eine zweiten Gebärmutter-Empfängerin hat durch die Transplantation schon im März ein gesundes Kind zur Welt gebracht.
Diese beiden Kinder sind die ersten Kinder in Deutschland, die nach einer Gebärmuttertransplantation geboren wurden – weltweit gibt es 17 Kinder.
So funktioniert die Transplantation
Die Gebärmuttertransplantation ist eine Lebendspende. Das heißt: das Organ wird einer lebenden Spenderin entnommen und der Empfängerin direkt eingesetzt. Laut dem Ärzteteam funktioniert die Organspende am besten mit einer Verwandten – also einer Schwester oder der Mutter. Bei den beiden Frauen war die Spenderin jeweils die Mutter.
Es ist laut den Experten nicht schlimm, wenn die Spenderin schon zwei bis drei Jahre in der Menopause ist. Innerhalb von sechs Wochen baut sich die Schleimhaut durch die Hormone der Empfängerin nämlich wieder auf. Die Spenderin muss nur schon einmal schwanger gewesen sein und einen normalen Schwangerschaftsverlauf gehabt haben.
Wie bei anderen Organspenden ist auch hier die Operation kompliziert. Die Ärzte müssen hier im Millimeterbereich arbeiten – eine echte Sisyphus-Aufgabe also.
Keine dauerhafte Transplantation
Laut Brucker sind zwei Schwangerschaften möglich. Die Gebärmuttertransplantation ist also keine dauerhafte Transplantation wie es in den meisten anderen Organen der Fall ist. Wenn die erste Schwangerschaft ohne Komplikationen verlaufen ist, steht einer zweiten nichts mehr im Weg. Danach wird die Gebärmutter wieder entnommen. So kann es später nicht noch zu Abstoßreaktionen kommen und die Frauen müssen keine Medikamente – sogenannte Immunsuppressiva – für das Transplantat einnehmen.