Die Kaisergeburt wird als Revolution in der Geburtsmedizin gefeiert. Sie ermöglicht Mutter und Kind eines Kaiserschnitts im OP ein viel natürlicheres Geburtserlebnis. Selbstverständlich bleibt auch die Kaisergeburt immer noch eine Operation, doch ein paar Details machen den wichtigen Unterschied. Sie lassen ein bisschen vergessen, dass man gerade auf dem OP-Tisch liegt. Man spricht daher auch von einem sanften Kaiserschnitt.
Erfunden hat diese Art der Entbindung der australische Gynäkologe Nick Fiskaus bereits im Jahr 2008. Professor Wolfgang Henrich, Leiter der Geburtshilfe an der Berliner Charité, war der Erste, der die Kaisergeburt in Deutschland durchgeführt hatte. Das war im Sommer 2012. Inzwischen wird die Kaisergeburt in vielen Geburtskliniken angeboten. Aber was genau macht diesen sanften Kaiserschnitt so besonders?
Besonderheiten der Kaisergeburt
Detail 1: Blickkontakt
Normalerweise versperrt ein Sichtschutz der Mutter den Blick auf ihren Bauch. Bei der Kaisergeburt wird dieses entfernt, sobald die Ätzte die Gebärmutter mit einem Schnitt oberhalb des Schambeins freigelegt haben. Jetzt kannst du tatsächlich sehen, wie dein Baby zur Welt kommt: erst das Köpfchen, dann die Schultern und schließlich wird das ganze Baby langsam aus dem Körper gehoben. Keine Angst, du wirst aus deinem Blickwinkel weder viel Blut noch die offene Wunde sehen.
Detail 2: Unmittelbares Geburtserlebnis
Bei der Kaisergeburt spielt Zeit eine wichtige Rolle. Ein paar Minuten mehr machen den großen Unterschied. Statt das Baby in einem Rutsch aus der Gebärmutter zu ziehen, dürfen Mutter und Kind aktiv mitwirken. Die Mutter wird aufgefordert, zu pressen. Das gibt dem Baby das Signal, selbst ein bisschen mit zu arbeiten. Im Grunde wird so eine natürliche Entbindung durch den Geburtskanal simuliert. Aus medizinischer Sicht ist das Pressen bei einer solchen OP nicht notwendig, aber aus emotionaler Sicht ist es sehr wertvoll. Mutter und Kind wird so etwas Selbstbestimmung zurückgegeben.
Detail 3: Nähe zum Baby
Körperkontakt ist nach der Geburt für das Bonding ganz entscheidend. Darum wird der Mutter das Baby direkt auf die Brust gelegt – trotz der OP-Umgebung. Der Vater kann die Nabelschnur durchtrennen, wenn er möchte. Während sich die Familie kennen lernt, wird der Sichtschutz wieder aufgehängt und die Ärzte beenden die OP und schließen die Bauchdecke der Mutter. Inzwischen wird das zwar auch bei einem herkömmlichen Kaiserschnitt gemacht, aber durch den direkten Blickkontakt während der gesamten OP ist die Nähe zum Kind doch eine andere.
Kritik an der Kaisergeburt
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Vor allem Hebammen befürchten, dass die Kaisergeburt zum „Lifestyle“ werde und den Wunsch nach einem Kaiserschnitt erhöhen würde: So heißt es zumindest in einer offiziellen Pressemitteilung. Im Durchschnitt kommt in Deutschland inzwischen etwa jedes dritte Baby per Kaiserschnitt zur Welt. Allerdings ist natürlich nicht jeder dieser Eingriffe auch ein echter Wunschkaiserschnitt.
Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Kind per Kaiserschnitt geholt werden muss. So spielt zum Beispiel auch die Größe des Babys dafür eine entscheidende Rolle. Und es ist tatsächlich so, dass in den letzten Jahren mehr Kinder mit einem Geburtsgewicht von über 4.350 Gramm (normal sind etwa 3.600 Gramm) zur Welt gekommen sind. Man spricht bei diesem Phänomen auch von Makrosomie.