Darf ich Paracetamol in der Schwangerschaft nehmen?
Viele Schwangere sind geplagt von Kopf-, Glieder- und Rückenschmerzen oder Erkältungen mit Fieber. Doch Schwangere wissen: Von den meisten Schmerzmitteln sollten sie die Finger lassen, denn sie bergen Risikos für ihr Baby. Paracetamol ist hier eine Ausnahme.
Paracetamol ist immer noch das Schmerzmittel der ersten Wahl in der Schwangerschaft. Es ist im normalen Dosierungsbereich gut verträglich für Schwangere und gilt auch als sehr sicher.
Paracetamol ist eine Arznei für leichte bis mittelschwere Schmerzen. Das Medikament blockiert Prostaglandine (Botenstoffe) im Körper, die für bei Entstehung von Schmerzen, Entzündungen und Fieber beteiligt sind.
Paracetamol wird oft bei Kopfschmerzen, Fieber, Zahnschmerzen oder bei Regelschmerzen eingesetzt. Für die Behandlung von Gelenkschmerzen, Rücken- und Muskelschmerzen sowie chronischen Schmerzen ist das Medikament eher ungeeignet. Hier müsstest du eine sehr hohe Dosis zu dir nehmen, um die Schmerzen zu lindern.
Allerdings kritisieren in den letzten Jahren einige Studien die Anwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft. Die Studien sehen Risiken für das Ungeborene, die auf Paracetamol in der Schwangerschaft zurückzuführen seien. Sollten Schwangere das Schmerzmittel also lieber meiden?
Nebenwirkungen von Paracetamol
Medikamente sind nicht ohne Nebenwirkungen und Risiken. Generell ist Paracetamol aber ein Medikament, das relativ selten Nebenwirkungen (ohne schon bestehende Vorerkrankungen) hervorruft.
Ein leichter Anstieg der Leberenzyme (Serumtransaminasen) kommt bei 0,001 Prozent als Paracetamol-Nebenwirkung vor, in 0,0001 Prozent können Veränderungen des Blutbildes (Thrombozytopenie oder Agranulozytose) oder allergische Reaktionen wie Hautausschlag oder Nesselausschlag auftreten.
Paracetamol & Schwangerschaft: Risiko für das Kind?
In den letzten Jahren wird auch das Thema Paracetamol & Schwangerschaft intensiver diskutiert. Verschiedenste Studien legten die Vermutung nahe, dass die Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft im Zusammenhang mit späteren Problemen beim Baby stehen könnte.
Die neueste Studie ist von 2021 von der University of Copenhagen. Sie kritisiert die häufige Verschreibung des Medikaments und sieht Paracetamol im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für folgende Störungen:
2001 untersuchte Jean Golding von der University of Bristol in ihrer berühmten Studie “Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC)”, besser bekannt als „Children of the Nineties“, unter anderem ebenfalls diesen Effekt. Sie kam zu ähnlichen Ergebnissen.
Weitere Beschwerden
Kritik an den Studien
Aber: Diese Studien sowie deren Ergebnisse und Interpretation werden stark von verschiedenen renommierten Instituten kritisiert.
Auf Embryotox erklärt die Charité Berlin beispielsweise:
„Keines dieser Verdachtsmomente konnte bestätigt werden. […] Die betreffenden Ergebnisse sind widersprüchlich, beruhen auf kleinen Fallzahlen in Studien mit problematischer Methodik und können nicht plausibel erklärt werden.“
Neuere Studien konnten die Risiken teilweise auch schon widerlegen. So kam eine Studie der Queen Mary University of London zu dem Ergebnis, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass Paracetamol in der Schwangerschaft eine spätere Asthma-Erkrankung beim Kind begünstigt.
Und auch Jean Golding selbst relativierte ihre Ergebnisse 2019 in einem Paper. Ihr Fazit:
“Wenn die Anwendung von Paracetamol in der mittleren bis späten Schwangerschaft negative Auswirkungen auf die neurokognitiven Ergebnisse des Kindes hat, scheint dies hauptsächlich mit der Vorschulzeit zusammenzuhängen. Es ist wichtig, dass diese Ergebnisse mit anderen Datensätzen oder Methoden getestet werden, bevor angenommen wird, dass sie kausal sind.”
Paracetamol wird weiterhin in der Schwangerschaft gegeben
Da es also keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Paracetamol in der Schwangerschaft und Entwicklungsstörungen gibt, bleibt Paracetamol auch weiterhin das Schmerzmittel der Wahl für Schwangere. Es ist und bleibt eines der wenigen Medikamente, das in allen drei Schwangerschaftstrimestern zugelassen ist.
Es gilt also: Verschreibt dir dein Arzt bei fiebrigen Erkrankungen oder Schmerzen die kurzzeitige Einnahme von Paracetamol, ist das nicht grundsätzlich gefährlich für die Gesundheit des Kindes!
Dosierung: Wie viel Paracetamol darf man in der Schwangerschaft nehmen?
Embryotox – das Pharmakovigilanzzentrum Embryonaltoxikologie der Charité Berlin – empfiehlt, dass sich auch Schwangere an die üblichen Dosierungsangaben halten sollen.
Das bedeutet: Bis zu vier Mal täglich könnten eine bis zwei Tabletten (Paracetamol 500) eingenommen werden – die maximale Tagesdosis (24 Stunden) sind acht Tabletten. Zwischen den Einzeldosen sollten mindestens sechs Stunden liegen und die Behandlung sollte nicht länger als maximal zehn Tage im Monat erfolgen.
Es gilt: Paracetamol (in der Schwangerschaft) sollte über einen möglichst kurzen Zeitraum und in der niedrigsten wirksamen Dosis eingenommen werden! Dauerhaft sollte Paracetamol in der Schwangerschaft eher nicht eingenommen werden.
Entscheidend ist, dass sich Betroffene bei Arzneimitteln in der Schwangerschaft immer an die Empfehlungen ihres Arztes halten! Nimm bitte nie Paracetamol (oder andere Schmerzmittel) in Eigenregie – das gilt auch, wenn du vor deiner Schwangerschaft schon regelmäßig Paracetamol genommen hast!
Natürlich sind und bleiben Schmerzmittel (somit auch Paracetamol) in der Schwangerschaft der letzte Ausweg bei Beschwerden. Es lohnt sich, zuerst zu versuchen, die Schmerzen auf anderem Wege zu lindern.
6 Alternativen zu Paracetamol in der Schwangerschaft
Gegen viele Arten von Schmerzen sowie Beschwerden in der Schwangerschaft gibt es auch alternative Behandlungsmethoden, die du probieren kannst. Hier findest du Hausmittel gegen Schmerzen, die du in jedem Trimester anwenden kannst:
#1 Bewegung
Bei typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie beispielsweise Rückenschmerzen kann regelmäßige Bewegung helfen. Sanfte Sportarten wie Schwimmen, Yoga, Gymnastik und Radfahren eignen sich perfekt für Schwangere.
Informiere dich bei deinem Arzt oder deiner Hebamme, welche Sportarten deine spezifischen Schmerzen lindern können.
#2 Akupunktur
Bei Kopf-, Rücken- sowie Gliederschmerzen sowie bei Verdauungsproblemen wird oft Akupunktur gegen die Beschwerden eingesetzt. Auch in der Schwangerschaft kann das eine gute Alternative zu Paracetamol sein. Besprich Anwendungsmethoden mit deinem Frauenarzt.
#3 Massage
Vor allem bei Rücken- sowie Beinschmerzen, die in der Schwangerschaft durch das Gewicht des Babybauchs entstehen können, ist eine Massage oft hilfreich. Bei starken Schmerzen kann die Massage auch mit einer Physiotherapie verknüpft werden.
#4 Wärme und Kälte
Bei Rücken- oder Nackenschmerzen hilft oft eine Wärmflasche oder ein Körnerkissen. Aber beachte: Wärmepflaster sind wegen ihrer Wirkstoffe, die in die Haut eindringen können, oft für Schwangere verboten.
Gelenkschmerzen kannst du gut mit Kühlakkus oder kalten Wickeln behandeln.
#5 Entspannung
Neben genug Bewegung ist auch ausreichend Entspannung in der Schwangerschaft wichtig. Atemübungen sowie Meditation können deine Aufmerksamkeit vom Schmerz auf etwas anderes lenken und sind somit eine gute Alternative zu Paracetamol in der Schwangerschaft.
#6 Magnesium
Auch die Einnahme von Magnesium gegen Kopfschmerzen oder Muskelkrämpfe, Nelkenöl zur Schmerzlinderung oder Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen werden oft empfohlen. Vor der Einnahme/Anwendung von solchen Heilmitteln solltest du jedoch Rücksprache mit deinem Arzt oder deiner Hebamme halten.
Alternative Schmerzmittel in der Schwangerschaft
Kannst du aus individuellen Gründen kein Paracetamol nehmen, kann dir dein Arzt auch alternative Schmerzmittel in der Schwangerschaft verschreiben. Entscheidend ist dabei nicht nur das Medikament selbst, sondern auch das Trimester, in dem du dich befindest. Die Deutsche Apotheker Zeitung empfiehlt in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln neben Paracetamol auch Ibuprofen, Diclofenac und Corticoide. Im dritten Trimester ist Ibuprofen allerdings nicht zugelassen, Diclofenac und Corticoide seien aber akzeptabel.
Allerdings weist die Zeitung auch darauf hin, dass jede Einnahme von Schmerzmitteln immer individuell mit einem Arzt abgesprochen werden sollte.
Frauen, die schon vor der Schwangerschaft an chronischen Schmerzen leiden, sind wahrscheinlich auf eine Langzeit-Medikamenteneinnahme angewiesen. Sprich in diesem Fall direkt mit deinem Arzt, wenn du schwanger bist – so kann deine Schmerz-Therapie angepasst und umgestellt werden.
Fazit: Maßvolle Dosierung unbedenklich
Es gilt also: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Wenn Schmerzen oder Fieber eine medikamentöse Behandlung erfordern, dann musst du dir aber keine Sorgen machen, wenn dein Arzt dir Paracetamol (oder bis zur 28. SSW auch Ibuprofen) verschreibt.