Periduralanästhesie: Geburt ohne Schmerzen

Frau wären der Periduralanästhesie
Wirkt sich die PDA auf das Kind aus?
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Mit der immer näher rückenden Geburt wächst bei den meisten Frauen auch die Angst vor den Geburtsschmerzen. Eine Periduralanästhesie kann hier Abhilfe schaffen, hat aber auch ihre Risiken. Welche das sind, erfährst du hier.

Im Video findest du eine kurze Zusammenfassung zu allen Infos, die du über eine PDA wissen musst:

In diesem Artikel:

Was ist eine Periduralanästhesie (PDA)?

Periduralanästhesie (PDA oder auch Epiduralanästhesie) ist vereinfacht ausgedrückt eine Betäubung des gesamten Unterleibs, bei der durch Einspritzen eines Medikaments die Signalübertragung der Rückenmarksnerven unterbrochen wird. Um dies zu erreichen wird ein kleiner Schlauch (Katheter) im unteren Bereich des Rückens zwischen den Wirbeln eingeführt.

Fälschlicherweise wird oft angenommen, das dieser Schlauch in das Rückenmark gelegt wird. Tatsächlich befindet sich die Einstichstelle aber außerhalb und unterhalb des Rückenmarks. Das Rückenmark verläuft entlang der Wirbelsäule im Wirbelkanal und übermittelt Nervensignale vom Rumpf und Gliedmaßen an das Gehirn. Mithilfe der PDA können verschiedene Körperbereiche großflächig betäubt werden.

Der Katheter wird in einen Raum zwischen den umgebenden Schutzhäuten des Rückenmarks eingeführt. Diese Schutzhäute reichen im Rücken noch weiter hinunter als das Rückenmark selbst. Dann wird ein lokales Betäubungsmittel eingespritzt, dass die Empfindungen unterhalb der Einstichstelle blockiert.

Der große Vorteil: Du wirst zwar betäubt, weil aber nur bestimmte Körperbereiche betäubt werden, bleibst du bei vollem Bewusstsein.

„Je nach Ort und Art der Klinik entscheiden sich in Deutschland zwischen 30 – 70 % der Schwangeren für diese Form der Schmerzlinderung unter der Geburt“, informiert der Berufsverband deutscher Anästhesisten in ihrer Informationsbroschüre „Die schmerzarme Geburt. Information für werdende Eltern“.

Es ist zwischen zwei Varianten zu unterscheiden: Entweder lässt sich die Menge des Betäubungsmittels von der Gebärenden über ein Gerät selbst regeln und ein Umhergehen ist oft noch möglich oder das Mittel wird von einem Anästhesisten injiziert und die Gebärende kann den Unterkörper nicht mehr selbstständig bewegen – die Wirkung tritt nach ca. 15-20 Minuten ein. Eingesetzte Medikamente sind z.B. Ropivacain und Sufentanil epidural.

Wie fühlt sich eine PDA an?

Das Gefühl für den Unterkörper geht verloren – somit auch das Gefühl des Wehen-Schmerzes. Zugleich besteht aber auch keine Kontrolle mehr über Urin und Stuhlgang, weshalb ein Urinkatheter gelegt wird, welcher den Urin in einen Beutel ableitet. Das Gefühl der Taubheit ist vergleichbar mit dem Gefühl der Zahnarzt-Betäubung. Der betäubte Bereich fühlt sich meist warm und schwer an.

Einige Präparate lassen sich zusammen mit einem kleinen Gerät individuell von der Schwangeren dosieren. Hierbei werden mehrere kleine Dosen verabreicht und die Motorik des Unterkörpers bleibt weitgehend erhalten – das Umhergehen ist meist noch möglich.

PDA bei der vaginalen Geburt

Bei einer PDA-Geburt wird zunächst die geplante Einstichstelle am Rücken lokal betäubt. Dann führt dein Narkosearzt (Anästhesist) mit einer Hohlnadel einen sehr dünnen, flexiblen Kunststoffschlauch zwischen zwei Wirbelkörper in den sogenannten Periduralraum ein. Danach wird die Hohlnadel wieder entfernt. Durch den nun gesetzten Katheter wird das Schmerzmittel gespritzt, dass sich an die Nervenfasern heftet und so die Schmerzübertragung verhindert.

Wie stark wird die Schmerzlinderung sein?

Eine Periduralanästhesie ist sehr wirksam. Die meisten Frauen spüren mit einer Periduralanästhesie gar keine oder nur noch geringe Schmerzen. Häufig haben Frauen Bedenken, dass sie durch betäubende Wirkung die Geburt nicht mehr aktiv miterleben können. In dieser Hinsicht besteht jedoch kein Grund zur Sorge. Druckgefühl, Kraft und andere Empfindungen während der Wehen sollten trotz PDA erhalten bleiben, damit du den Geburtsvorgang weiter aktiv unterstützen kannst. Allerdings kann es sein, dass sich der Geburtsverlauf verlangsamt. Bei manchen Frauen reagieren mit einer Abnahme der Wehentätigkeit auf die Periduralanästhesie. An vielen Kliniken wird deshalb die Periduralanästhesie in der Austreibungsphase vermindert oder ganz unterbrochen.

Die Periduralanästhesie wirkt nach etwa 15 Minuten und hält über mehrere Stunden an. Über den Katheter kann je nach Bedarf immer wieder Betäubungsmittel nachgespritzt werden.

PDA beim Kaiserschnitt

Bei einem geplanten Kaiserschnitt wird der Katheter unmittelbar vor dem Eingriff gelegt. Wenn du allerdings schon einen Katheter zur Linderung der Wehenschmerzen gelegt bekommen hast, kann dein Arzt denselben Katheter benützen. „Bei einem Kaiserschnitt wird das Mittel so hoch dosiert, dass die Frau gar keinen Schmerz empfindet“, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Periduralanästhesie und Spinalanästhesie: Wo liegt der Unterschied?

Im Unterschied zur Periduralanästhesie bleibt die Nadel nicht im Periduralraum (hier befinden sich die Nervenwurzeln) sondern dringt durch die Rückenmarkshaut in den Liquorraum ein. In diesen mit Nervenflüssigkeit gefüllten Raum der Lendenwirbelsäule spritzt der Anästhesist dann ein örtliches Betäubungsmittel. Eine Spinalanästhesie wirkt sehr schnell und hält in seiner Wirkung 3-4 Stunden an.

Die potenziellen Nebenwirkungen sind übrigen die gleichen wie bei der PDA.

Mögliche Komplikationen beim Legen und während der PDA

Diese Probleme kommen gelegentlich vor:

  • Mehrmaliges Stechen wenn das Legen nicht gelingt.
  • Manchmal gelingt keine vollständige Betäubung. Dann ist z.B. die eine untere Körperseite betäubt während die andere noch normal empfindet.
  • Blutdruckabfall – deshalb wird meist eine Infusion mit Flüssigkeiten gegeben
  • Peridualer Bluterguss
  • allergische Reaktion
  • starker Juckreiz
  • Anstieg der Körpertemperatur der Mutter, Fieber
  • Abfall der Herzfrequenz beim Baby

Diese Probleme kommen sehr selten vor und setzen oft einen Fehler des Anästhesisten voraus:

  • Atemprobleme und vorübergehender Herzstillstand
  • Rückenmarksverletzung
  • Meningitis
  • Peridualer Bluterguss mit schwerer Komplikation

Mögliche Probleme und Komplikationen nach der PDA

  • Durch Verletzung der Dura Mater (wenn die Nadel zu weit eingeschoben wurde) starke Kopfschmerzen ca. 2-4 Tage nach dem Eingriff. Bettruhe und Schonung lindern.
  • Infektion der PDA-Einstichstelle
  • Infektion an der Infusions-Einstichstelle
  • Blaseninfektion durch den Urinkatheter
  • Probleme beim Wasserlassen nach Urinkatheter

Wann sollte auf eine Periduralanästhesie verzichtet werden?

Es gibt einige wenige Ausnahmefälle, in denen du auf eine Periduralanästhesie verzichten solltest:

  • Wenn dein Blutdruck stark abfällt
  • Bei einer Blutgerinnungsstörung
  • Bei einer akuten Sauerstoffunterversorgung deines Kindes
  • Bei einer Wassergeburt
  • Wenn bei dir eine Unverträglichkeit gegen Betäubungsmittel besteht

Keine PDA-Geburt wegen Tattoo?

Eine Tätowierung am unteren Rücken kann tatsächlich ein Grund sein, dass dein Anästhesist keine Periduralanästhesie setzt. Es besteht nämlich ein gewisses Risiko, dass beim Eindringen der PDA-Nadel Farbpigmente in den Rückenmarkskanal gelangen. Dadurch können allergische Reaktionen ausgelöst. Gibt es im Tattoo jedoch eine kleine Stelle, die frei von Farbe ist, spricht nichts gegen eine Periduralanästhesie.

„Das Risiko, dass bei einer PDA Farbpigmente eindringen, ist nach bisheriger Erfahrung zwar gering“, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, „doch liegen weder über akute Reaktionen des Körpers noch über mögliche Langzeitwirkungen der verwendeten Farben und Substanzen genügend aussagekräftige Studien vor“.

Wirkt sich die PDA auf das Kind aus?

Jedes Medikament, das eine Frau während der Geburt einnimmt, gelangt über die Nabelschnur auch in den Körper des Kindes. Das gilt für Schmerzmittel und auch für die bei der PDA eingesetzten Narkosemittel. Bei fachgerechter Anwendung der PDA hat die Betäubung aber keine nachteiligen Auswirkungen auf dein Kind.

Auswirkungen auf die Geburt

Während der Geburt wird eine hohe Dosis des Hormons „Oxitocin“ ausgestoßen, um starke Wehen zu produzieren und um das Bonding zwischen Mutter und Kind zu fördern. Durch die PDA wird dieses Hormon vermindert produziert, ebenso die Hormone Prostaglandin F2-alpha, Beta-Endorphin, Adrenalin, Noradrenalin. Somit wird die durch Hormone natürlich gesteuerte Geburt gestört und der Geburtsverlauf laut einigen Studien negativ beeinflusst.

Es wurde beobachtet, dass sich die PDA auf die Gebärmutterkontraktionen auswirkt. Auch wird berichtet, dass sich Babys unter PDA oft schlechter in Geburtsposition bringen und somit eine Geburt mit Zange und Saugglocke häufiger die Folge ist.

Eine längere Dauer der Geburt im Vergleich zu Frauen ohne PDA wurde ebenfalls mit Studien belegt.

Jedoch muss dazu angemerkt werden, dass niemand weiß, wie lange die Geburt ein und der selben Frau mit und ohne PDA gedauert hätte – es gibt keine Möglichkeit der Doppelstudie. Es ist in Betracht zu ziehen, dass auch die psychische Konstitution den Geburtsverlauf beeinflussen kann. Auch gibt es Studien, die keine Verlängerung der Geburt nachweisen konnten.

Nach der Geburt: Was muss ich beachten?

Die Betäubung lässt über einen Zeitraum von drei bis vier Stunden langsam wieder nach. Da die Muskeln deines Oberkörpers und deiner Beine durch die Betäubung noch eine Weile eingeschränkt sind, solltest du nach der Geburt nur mit Hilfe aufstehen, um Stürze und so zusätzliche Verletzungen zu vermeiden.

Solltest du nach einer PDA-Geburt Atemnot oder Brustschmerzen haben, verständige sofort deinen Arzt. Auch Muskelkrämpfe oder Rückenschmerzen solltest du schnell melden.

Nutzen und Folgen abwiegen

Der Wunsch nach einer schmerzfreien Geburt ist verständlich. Viele Frauen wissen jedoch nichts von den daraus oft resultierenden Einschränkungen: Um die genannten Risiken und Nebenwirkungen zu erkennen oder zu umgehen, kommen zur PDA meistens eine Flüssigkeits-Infusion, ein Wehentropf, ein EKG, ein CTG, ein Urinkatheter und eine Sauerstoffmessung evtl. mit Sauerstoffgabe hinzu.

Unvermittelt findet sich die Entbindende in einer medizinisch geprägten Situation mit vielen Schläuchen und Kabeln wieder. Die Geburt wird durch medizinische Notwendigkeiten bestimmt, Wassergeburt, Geburtshocker oder andere Geburtspositionen als in Bett und Rückenlage sind unter diesen Bedingungen selten machbar. Der natürliche Vorgang der Geburt, auf den sich die Schwangere im Geburtsvorbereitungskurs eingestellt hat, wird zu einem medizinischen Eingriff, auf den sie nur wenig Einfluss nehmen kann.

Verständlich, dass die emotionale Zufriedenheit mit der Geburt bei Frauen mit PDA oft geringer ist als bei Frauen die ohne diese entbunden haben. Dem gegenüber stehen tausende von Frauen die mit PDA gesunde Kinder zur Welt gebracht haben und diese Methode auch für weitere Entbindungen verwenden würden. Die wenigsten hatten nach der Entbindung den Eindruck dass die Periduralanästhesie ihnen oder dem Kind geschadet hat und viele sind der Ansicht dass sie die Schmerzen nicht ausgehalten hätten. Oft ist gerade bei sehr langen Geburten die PDA für die Entbindende eine Möglichkeit, sich zu erholen und Kraft für die Presswehen zu schöpfen.

Auch aus dem Kaiserschnitt (egal ob geplant oder nicht) ist sie nicht weg zu denken und einer Vollnarkose mit ihren Risiken und Auswirkungen auf Mutter und Baby in jedem Fall vorzuziehen. Gerade bei einem Notkaiserschnitt ist das Vorhandensein einer PDA ein Segen und verschafft dem OP-Personal und dem Baby wertvolle Minuten. Doch muss man sich fragen, ob nicht oft schon zu früh die Festlegung auf eine PDA erfolgt. Anstatt das Erlebnis der Geburt auf sich zu kommen zu lassen und aus der Situation heraus zu entscheiden, planen viele Frauen schon vorab eine PDA, ohne sich konkret über diesen Eingriff und mögliche Alternativen informiert zu haben.

Fazit

Eine wirklich freie und angemessene Entscheidung ob eine PDA gemacht werden soll, können Frauen nur treffen wenn sie sich in Ruhe und kritisch mit den Vor- und Nachteilen des Eingriffs auseinander gesetzt haben. Eine Entscheidungshilfe kann der Aufklärungsbogen der Klinik sein. So könnten Schwangere sich vor der Entbindung in der Klinik anmelden und sich den Aufklärungsbogen geben lassen. Allerdings wird man darin in der Regel nur die Auflistung der medizinischen Nebenwirkungen und Risiken finden, nicht jedoch die Auswirkungen auf Geburt und Kind. Ein Gespräch mit der Hebamme über ihre Erfahrung ist hierbei vielleicht hilfreicher.

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Quellen:

  • Berufsverband deutscher Anästhesisten: Die schmerzarme Geburt. Information für werdende Eltern
    https://www.bda.de/docman/alle-dokumente-fuer-suchindex/oeffentlich/aktuelles-1/1277-2364-br-schmerzarmegeburt-2016/file.html (letzter Zugriff: April 2019)
  • Anästhesisten im Netz (2017): Periduralanästhesie (PDA)
    https://www.anaesthesisten-im-netz.de/anaesthesie/was-ist-eine-regionalanaesthesie/periduralanaesthesie-pda/ (letzter Zugriff: April 2019)
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitsweisen (2018): Periduralanästhesie (PDA) und Schmerzmittel zur Linderung von Geburtsschmerzen
    https://www.gesundheitsinformation.de/periduralanaesthesie-pda-und-schmerzmittel-zur.2686.de.html?part=geburt-4u (letzter Zugriff: April 2019)
  • Berufsverband deutscher Anästhesisten: Die Spinalanästhesie
    https://www.sichere-narkose.de/anaesthesieverfahren/regionalanaesthesie/spinalanaesthesie.html (letzter Zugriff: April 2019)
  • Dr. med Kainer, Franz; Nolden, Annette (2018): Das große Buch zur Schwangerschaft: Umfassender Rat für jede Woche, Gräfe und Unzer Verlag
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Kann ein Rückentattoo ein Problem sein, wenn ich bei der Geburt eine PDA möchte?
    https://www.familienplanung.de/faq/geburt/?tx_v20faq_faq%5Bfaq%5D=2392&tx_v20faq_faq%5Baction%5D=show&tx_v20faq_faq%5Bcontroller%5D=Faq&cHash=41cace74b8fe419f47b120e105124993 (letzter Zugriff: April 2019)
  • Bundesverband für ambulantes Operieren: Spinal- / Periduralanästhesie
    https://www.operieren.de/e3224/e10/e15/e20/e24/#e425 (letzter Zugriff: April 2019)