Warum essen einige Frauen ihre Plazenta: Traditionen & Trends
Die Plazenta (auch Mutterkuchen) versorgt das Baby im Mutterleib mit wichtigen Nährstoffen. Nach der Geburt wird die Plazenta nicht mehr gebraucht und vom Körper als Nachgeburt abgestoßen.
Meist wird die Nachgeburt in der Geburtsklinik entsorgt, aber einige Frauen schwören darauf, die Plazenta zu essen. Dieser Trend, auch Plazentophagie bezeichnet, basiert auf der Annahme, dass der Verzehr der Plazenta einige gesundheitliche Vorteile bieten kann. Dabei handelt es sich eigentlich gar nicht um einen neuen Trend, sondern vielmehr um eine alte Tradition. Schon im alten China wurde die Plazenta zum Beispiel in der traditionellen Heilmedizin genutzt – es wurde geglaubt, dass der Mutterkuchen das Qi (also die Lebensenergie) stärken kann.
Ausgehend von diesen Bräuchen ist das Plazenta-Essen in den letzten Jahren auch in westlichen Ländern beliebter geworden. Promis wie Kim Kardashian machten es vor – und viele andere Frauen folgten ihrem Beispiel. Sängerin und Schauspielerin Mandy Moore ist so überzeugt von der Wirkung, dass sie auch nach ihrer zweiten Schwangerschaft wieder ihre Plazenta gegessen hat.
Übrigens ist der Verzehr der Plazenta auch in der Tierwelt weitverbreitet. Ziegen, Kühe, Hunde, Katzen und Nagetiere essen zum Beispiel ihre Nachgeburt. So kommen die frischgebackenen Tier-Mütter einerseits wieder zu Kräften, andererseits wird so die Plazenta aufgebraucht – sonst könnte sie Aasfresser und Raubtiere anlocken.
Primaten essen ihre Plazenta weniger häufig – wobei Schimpansen gelegentlich den Mutterkuchen essen.
Ein Superfood? Vorteile vom Plazenta Essen
Befürworter:innen schwören auf die vielseitigen positiven Effekte. Denn: Die Plazenta enthält viele verschiedene Nährstoffe. Zum Beispiel Vitamin B6, Vitamin B12, Eiweiß und Eisen. Der Konsum vom Mutterkuchen soll einige Vorteile für die postpartale Gesundheit haben.
Der Verzehr der Nachgeburt soll unter anderem:
Wissenschaftliche Belege für diese Effekte für Menschen gibt es aber nicht! Im Gegenteil: Einige kleinere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass es keine positiven Effekte hat, wenn Frauen ihre Plazenta essen. Umfassende Studien zu diesem Thema gibt es aktuell nicht.
Tatsächlich raten einige Experten sogar vom Konsum des Plazenta ab.
Plazentophagie: Bedenken und Risiken
Rein wissenschaftlich betrachtet hat es nach der aktuellen Studienlage keine bewiesenen positiven Effekte die Plazenta zu essen. Es könnte sogar negative Folgen haben. Denn: Im Bauch schützt die Plazenta dein Baby vor Schadstoffen – sie wirkt wie ein Filter.
In der Nachgeburt können diese Umweltgifte, Schwermetall-Rückstände sowie Bakterien und Viren enthalten sein. Isst du die Plazenta, nimmst du diese Stoffe zu dir und gibst sie gegebenenfalls über die Muttermilch an dein Baby weiter.
Das amerikanische Center for Disease Control and Prevention (CDC) berichtete beispielsweise 2016 von einem Fall, bei dem ein Neugeborenes eine B-Streptokokken-Infektion bekam. Die Mutter des Kindes hatte Plazenta-Globoli gegessen, die den Erreger enthielten, und ihn dann an das Baby weitergegeben.
Andere Kritikpunkte sind:
- Es kann zu unerwarteten allergischen Reaktionen kommen
- Durch die Schadstoffe und Viren kann es zu Infektionen kommen
- Eine sichere und hygienische Zubereitung der Plazenta kann schwer sein
Manche Kritiker sehen den Plazenta-Verzehr sogar als ‚Kannibalismus‘ an. Vor allem, weil die Plazenta genetisch zum Neugeborenen gehört. Rein rechtlich ist sie aber das Eigentum der Mutter. Wenn du also die Plazenta essen möchtest, ist das deine alleinige Entscheidung.
Letztendlich bleibt es deine freie Entscheidung, was du nach der Geburt mit deiner Plazenta machen möchtest. Lass dich am besten ausführlich von deiner Hebamme beraten. Du kannst dir auch Globuli oder Plazenta-Kapseln anfertigen lassen und dir dann in Ruhe überlegen, ob du diese einnehmen möchtest.
Ich will meine Plazenta essen: Verarbeitung und Rezepte
Wenn du trotzdem deine Plazenta essen willst, dann solltest du dir überlegen, in welcher Form du den Mutterkuchen konsumieren willst. Denn es gibt unzählige Möglichkeiten, die Nachgeburt zu verzehren und zuzubereiten. Einige Frauen kochen einfach die Plazenta, schneiden sie in kleine Stücke, die sie dann einfrieren und über einen längeren Zeitraum einnehmen. Andere Frauen essen einfach ein kleines Stück der Plazenta roh oder püriert in einem Smoothie (bevor du die Plazenta roh isst, solltest du aber auf jeden Fall mit deinem Arzt oder deiner Hebamme sprechen).
Alternativ gibt es auch Plazenta-Kapseln, sogenannte Plazenta-Nosonden. Hier wird die Plazenta gereinigt und zu Kapseln oder Globuli verarbeitet – Frauen können die Kapseln dann wie ein Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Einige Apotheken und viele Online-Anbieter vertreiben solche Nosonden.
Allerdings sinkt der Hormongehalt mit jedem Verarbeitungsschritt weiter ab. Eine getrocknete und zu Pulver verarbeitete Plazenta, wie in der traditionellen chinesischen Medizin, enthält bis zu 99 Prozent weniger Hormone.
Einige Hebammen fertigen Plazenta-Kapseln aus der frischen Nachgeburt an, die dann im Kühlfach gelagert werden können.
Wieder andere bereiten aus dem Mutterkuchen ganze Gerichte, wie etwa eine „Bolognese“ zu – eine Reihe an Rezepten für Plazenta-Gerichte findest du ganz einfach online.
Wie bereitet man Mutterkuchen zu?
Am sichersten ist es, die Plazenta gründlich zu reinigen und zu kochen, bevor sie gegessen wird. Du kannst die Plazenta zum Beispiel in Scheiben schneiden und, ähnlich wie ein Steak, braten. Gewürze wie Knoblauch, Paprikapulver oder Rosmarin können den Geschmack verbessern.
Wichtig ist, dass du den Mutterkuchen vor dem Verzehr komplett durchkochst – so werden Bakterien abgetötet.
Wie schmeckt Plazenta?
Viele Frauen, die ihren Mutterkuchen essen, beschreiben den Geschmack als metallisch, in etwa so, als würdest du das Blut einer kleinen Schnittwunde am Finger absaugen. Die Ursache dafür ist der hohe Eisen-Anteil in der Plazenta. Oft wird der Geschmack auch als ‚erdig‘ beschrieben.
Von der Konsistenz ist der Mutterkuchen sehr fest und erinnert zubereitet am ehesten an Leber.
Alternativen zur Plazentophagie
Natürlich ist das Essen der Plazenta nicht etwas für jede Frau. Wenn du trotzdem etwas mit deiner Plazenta machen willst, gibt es andere schöne Traditionen und Bräuche. Zum Beispiel kannst du den Mutterkuchen vergraben.
Auch hierbei handelt es sich um einen alten Brauch – es wird geglaubt, dass so eine spirituelle Verbindung zur Erde geschaffen wird. Auf die Plazenta wird dann ein Baum oder eine andere Pflanze gepflanzt. Das Wachstum dieser Pflanze soll das Wachstum und die Entwicklung des eigenen Kindes symbolisieren.
Wichtig hierbei ist, dass du die Plazenta tief genug vergräbst, dass Tiere sie nicht ausgraben.
Es gibt noch einige weitere ausgefallene Ideen, was du mit dem Mutterkuchen machen kannst. Von Schmuck bis hin zu Kunst. Einige Inspirationen haben wir hier für dich gesammelt.