Scheidenriss bei der Geburt: Häufigkeit, Ursachen, Behandlung

Frau mit Schwangerscftverletzung - Scheidenriss
Ein Scheidenriss kann während der Geburt entstehen und unterschiedlich schmerzhaft sein
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Bei einer Geburt kann es zu verschiedenen Geburtsverletzungen kommen – ein Scheidenriss ist wohl eine der Komplikationen, die viele Frauen am meisten fürchten. Erfahre hier, wie es dazu kommen kann, wie häufig die Verletzung auftritt und wie du einem Riss schon vor der Geburt vorbeugen kannst.

Was ist ein Scheidenriss?

Ein Scheidenriss ist eine Verletzung der Scheide (Vagina). Wie viele andere Geburtsverletzungen kann der Scheidenriss bei einer vaginalen Geburt auftreten und ist erst einmal relativ unbedenklich, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erklärt: Bei den meisten Geburten entstehen „ganz natürlich kleine Risse in und um die Scheide, die meist schnell und problemlos heilen.“

Kleinere Einrisse treten bei vielen Geburten auf. Sie sind außerdem meist kaum schmerzhaft und müssen nicht behandelt werden. Tiefere Scheidenrisse können auch bis in das Scheidengewölbe hineinreichen. Diese Scheidenrisse sind mit stärkeren Blutungen und eventuellen Schmerzen verbunden. Je nach Tiefe des Risses kann es nötig sein, die Verletzung zu nähen.

Scheidenriss, Labienriss oder Dammriss?

Ein normaler Scheidenriss entsteht meist im seitlichen oder hinteren Teil der Scheide – kann aber auch an anderen Abschnitten der Vagina auftreten. Ein Scheidenriss kann beispielsweise direkt am Scheideneingang entstehen.

Labienriss / Schmalippenriss

Auch umliegende Körperstellen können verletzt werden, zum Beispiel an den Schamlippen – hier spricht man von einem Labienriss. Der ist besonders schmerzhaft, weil in den Schamlippen viele Nervenenden sind. Reißen die Schamlippen während der dem Kopfaustritt bei Geburt, sieht man am Kind oft einen sogenannten “Blutkragen”. Meist muss nur ein querverlaufender Schamlippenriss genäht werden.

Dammriss

Der Bereich zwischen Scheide und Anus kann bei einem sogenannten Dammriss verletzt werden.

: wichtige Infos

Ursachen: Wie kommt es zu einem Scheidenriss?

Das Risiko für einen Scheidenriss steigt bei Geburten mit einer Saugglocke oder einer Geburtszange. Jedoch können sämtliche Geburtsverletzungen bei der natürlichen Geburt entstehen.

Es gibt einige weitere Faktoren, die Geburtsverletzungen wie Scheidenriss oder Dammriss begünstigen können:

  • Das Kind (vor allem der Kopf) ist sehr groß
  • Das Kind liegt falsch – z.B. Beckenendlage oder Hand neben dem Kopf
  • Die Mutter fängt bei der Geburt sehr schnell an zu pressen
  • Die Geburt dauert sehr lange
  • Die Mutter verkrampft sich bei der Geburt (das ist vor allem bei ängstlichen Erstgebärenden der Fall)
  • Auch ein tiefer Dammriss oder ein zu kleiner Dammschnitt in einer vorherigen Geburt kann einen Scheidenriss begünstigen.
: wann muss er gemacht werden?

Geburtsverletzungen wie Scheidenriss und Dammriss: Häufigkeit

Laut dem OP-Manual der Gynäkologie und Geburtshilfe treten bei etwa zwei Dritteln aller Geburten Geburtsverletzungen auf.

Sara Kindberg und Peggy Seehafer schreiben im Buch „Geburtsverletzungen – vermeiden, erkennen, versorgen.“:

„80 % der Erstgebärenden und 50 % der Mehrgebärenden [sind] mit einer versorgungspflichtigen Geburtsverletzung nach vaginaler Geburt konfrontiert“

Die häufigste Geburtsverletzung ist demnach die Episiotomie (Dammschnitt), allerdings wird dieser inzwischen nicht mehr so häufig gesetzt. Genaue Daten gibt es zu den Häufigkeiten nicht – je nach Studie liegt der Wert zwischen 20 und 30 Prozent. Ein Dammriss kommt deutlich seltener vor, da der Dammschnitt einen Dammriss vorbeugen kann.

Am zweithäufigsten tritt ein Labienriss, Zervixriss und Scheidenriss auf. Die Häufigkeit eines natürlichen Scheiden-, Labien- und Zervixriss ist nicht mit genauen Zahlen belegt. Das kommt daher, dass viele Scheidenrisse nicht groß behandelt werden müssen und von allein verheilen.

Symptome eines Scheidenrisses

Symptome bei einem Scheidenriss sind sehr unterschiedlich. Die häufigsten sind:

  1. Starke Blutung
    Ein Symptom für einen Scheidenriss kann sein, dass die Mutter stark aus der Scheide bluten. Allerdings kann das auch von der Gebärmutter kommen. Eine endgültige Diagnose kann nur ein Arzt stellen.
  2. Schmerzen
    Im Bereich des Risses können große Schmerzen auftreten. Ein Scheidenriss kann auch weniger schmerzhaft sein und als Geburtsschmerzen wahrgenommen werden. Ein Labienriss schmerzt dagegen in der Regel sehr stark, weil die in den Schamlippen viele Nervenenden sind.
  3. Juckreiz
    Wenn ein Scheidenriss heilt, kann die Wunde in dieser Zeit stark jucken. Auf keinen Fall kratzen, sondern besser kühlen.
  4. Blut im Urin
    Nach der Geburt ist Blut im Urin normal, falls du aber länger blutigen Urin hast, solltest du dich von einem Arzt untersuchen lassen.

Scheidenrisses Diagnose

Mit etwas zeitlichem Abstand zur Geburt erkennt man einen Scheidenriss daran, dass die Mutter immer noch an oben genannten Symptomen leidet. Eine endgültige Diagnose kann aber nur durch eine frauenärztliche Untersuchung stattfinden. Bei dieser untersucht der Arzt die Scheidenschleimhaut und den Damm um potenzielle Geburtsverletzungen zu erkennen.

Mögliche Komplikationen bei einem Scheidenriss

Meistens verheilt ein Scheidenriss nach wenigen Tagen von selbst. Manchmal kann es aber zu Infektionen und Wundheilungsstörungen kommen. Dann muss ein Facharzt individuell entsprechende Maßnahmen treffen.

Entzündeter Scheidenriss

Ein Scheidenriss ist eine etwas komplizierte Verletzung, da die Wunde ständig Scheidensekreten und Urin ausgesetzt ist. Das kann zu einem entzündeten Scheidenriss führen.

Bei einem entzündeten Scheidenriss kann es laut Dr. Gumpert zu Schmerzen, Schwellungen und sogar Abszessen (Eiteransammlungen) kommen. Bei einem Verdacht auf einen entzündeten Scheidenriss, sollte man sofort zu einem Arzt gehen, um die Wunde entsprechend untersuchen zu lassen.

Scheidenriss: Behandlung und Möglichkeiten

Die Behandlung eines Scheidenrisses unterscheidet sich je nach Tiefe des Risses. Hier gibt es drei verschiedene Schweregrade:

#1 Kleine Einrisse

Ein kleiner Scheidenriss verheilt in der Regel schnell und gut. Die meisten Frauen müssen nicht genäht werden, weil die Schleimhaut der Scheide ausreichend durchblutet ist, um sich selbst zu heilen. Unterstützend können Salben und Cremes vom Arzt schmerzlindernd sein.

#2 Tiefer Scheidenriss

Ein tiefer Scheidenriss ist so tief, dass er genäht werden muss. Das passiert meist noch im Kreißsaal unter örtlicher Betäubung. Wenn Geburtsverletzungen genäht werden müssen, wird ein resorbierender Faden verwendet, also ein Faden, der sich selbst auflöst und nicht gezogen werden muss. Auch hier werden Salben gegen Schmerzen und zur Pflege verschrieben.

#3 Kolporrhexis: Vollständiger Abriss

Ein Kolperrhexis ist die schwerste Form eines Scheidenrisses. Hier löst sich die Scheide von der Gebärmutter ab. Der Scheidenabriss ist ein gynäkologischer Notfall und bedarf einer chirurgischen Behandlung unter Vollnarkose.

Dauer der Heilung bei einem Scheidenriss

Bis ein Scheidenriss verheilt ist, dauert es in der Regel acht Tage. Dabei verläuft der Wundheilungsprozess wie bei jeder Wunde in vier Stadien:

  1. Wundschorf
    Um die Wunde zu verschließen
  2. Wundsekret
    Um Keime aus der Wunde zu spülen
  3. Bildung von neuem Gewebe
    Das kann bis zu einer Woche dauern
  4. Neue Hautschicht / Narbenbildung
    Je nach Tiefe und Komplikation können sich Narben bilden

Wie lange dauert es bis sich Fäden in der Scheide auflösen?

Muss die Wunde genäht werden, wird ein Damm- und Scheidenriss meist mit selbstauflösenden Fäden genäht. Diese müssen nicht gezogen werden, sondern verschwinden nach zwei bis drei Wochen von selbst.

Wie kann man die Heilung unterstützen und Schmerzen lindern?

Es gibt einige Tipps, die beim Heilungsprozess von Geburtsverletzungen helfen oder die Schmerzen mildern können:

  1. Schonung und Entlastung des Wundbereichs
    Viel liegen, nicht schwer heben oder viel rumlaufen
  2. Halte die Wunde sauber und trocken
    Achte auf deine Intimhygiene und spüle nach dem Stuhlgang mit klarem Wasser nach
  3. Beine wenn möglich geschlossen halten
    Etwa eine breitbeinige Stillposition sollte vermieden werden, das entlastet die Wunde
  4. Kein Sex
    Vermeide Geschlechtsverkehr bis die Wunde gut verheilt ist
  5. Verschriebene Medikamente nehmen
    Denke auch daran, die Cremes aufzutragen!
  6. Bei Schmerzen die Stelle mit Ice-Packs kühlen
    Das ist schmerzlindernd und fördert die Heilung
    Sitzbäder können wohltuend und schmerzlindernd wirken
    Aber keine Badezusätze verwenden
  7. Kontakt mit parfümhaltigen Seifen und Cremes vermeiden
    Das kann die Wunde zusätzlich reizen

Grundsätzlich gilt: Gib der Heilung genug Zeit – alle Geburtsverletzungen brauchen eine Weile, bis sie verheilt sind. Sollten die Schmerzen schlimmer werden oder andere Komplikationen auftreten, solltest du deinen Arzt um Rat fragen.

Geschlechtsverkehr nach einem Scheidenriss

Wann du nach einem Scheidenriss wieder Sex haben kannst, ist sehr individuell von deinem eigenen Empfinden und dem Wundheilungsprozess abhängig. In der Regel verheilt ein leichter Scheidenriss nach etwa drei Wochen, bei Komplikationen oder einem schwereren Riss, kann es aber länger dauern.

Frauenärzte raten, mit dem ersten Vaginalverkehr zu warten, bis kein Wochenfluss mehr vorkommt und du keine Schmerzen mehr hast.

Scheidenriss Vorbeugung: Geburtsverletzungen reduzieren

Schwangere können sowohl vor der Geburt, als auch während der Geburt Schritte unternehmen, um Geburtsverletzungen wie einen Scheidenriss oder einen Dammriss vorzubeugen.

Vor der Geburt: Dehnung & Massage der Dammregion

Um das Risiko für einen Scheidenriss zu senken, können Schwangere ihre Beckenbodenmuskulatur trainieren. Dafür hat die BZgA eine einfache Übung:

„Stellen Sie sich einen kleinen Schwamm in Ihrer Scheide vor. Beim ausatmen drücken Sie ihn aus, beim Einatmen lassen Sie ihn wieder locker.“

 

Eine Massage des Damms in den letzten drei bis fünf Wochen vor der Geburt kann auch helfen, das Gewebe der Scheide zu lockern. Dazu wird der Damm täglich mit etwas Öl in kreisenden Bewegungen massiert. Es kann auch der Zeigefinger in die Scheide eingeführt werden und dann Richtung Anus gedehnt werden.

Während der Geburt: Verkrampfungen vorbeugen

Während der Geburt ist es wichtig, dass die Mutter entspannt ist. Denn ein Verkrampfen erhöht das Risiko für einen Scheidenriss enorm. Schwangere können sich über Atemtechniken informieren oder zum Beispiel Yoga praktizieren.

: Übungen und Tipps

Wenn die Scheide während der Geburt immer wieder mit warmen, feuchten Tüchern bedeckt wird, kann auch das einen Scheidenriss vorbeugen.

Quellen