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Scheinschwangerschaft: Wenn die Seele den Körper überlistet

vonConnie Gräf-Adams | freie Autorin
Symbolbild: Scheinschwangerschaft
Psychische Belastungen wie ein unerfüllter Kinderwunsch können zu einer Scheinschwangerschaft führen.
© Unsplash / Jonathan Borba

Deine Periode ist ausgeblieben, die Brüste spannen und du leidest unter Morgenübelkeit? Klingt ganz nach den typischen Beschwerden, die zu Beginn einer Schwangerschaft auftreten. In seltenen Fällen gaukelt uns der Körper jedoch nur vor, schwanger zu sein. Eine solche Scheinschwangerschaft kann verschiedene medizinische und psychische Ursachen haben.

Was ist eine Scheinschwangerschaft?

Von einer Scheinschwangerschaft – oder auch Pseudocyesis, Pseudogravidität oder Graviditas imaginata – sprechen Mediziner, wenn bei einer Frau schwangerschaftsähnliche Symptome auftreten, obwohl sich kein Embryo entwickelt hat.

Ganz wichtig: Bei Pseudogravidität handelt es sich nicht um eine simulierte Schwangerschaft, die bisweilen vorgetäuscht wird, um den Partner enger an sich zu binden oder bestimmte Vorteile zu erzielen. Bei einer Scheinschwangerschaft sind die Symptome tatsächlich vorhanden und werden nicht bloß vorgespielt.

Ebenfalls abzugrenzen ist der sogenannte Schwangerschaftswahn, der sich im Rahmen einer schizophrenen Psychose zeigen kann. Dabei glaubt die Betroffene aufgrund krankhafter Trugwahrnehmungen schwanger zu sein, obwohl keine körperlichen Anzeichen für eine Schwangerschaft zu finden sind.

Welche Symptome haben Frauen bei einer Scheinschwangerschaft?

Frauen, die von Pseudogravidität betroffen sind, sind meistens fest davon überzeugt, schwanger zu sein. Kein Wunder, denn die körperlichen Anzeichen sind charakteristischen Schwangerschaftssymptomen äußerst ähnlich:

  • Ausbleiben der Monatsblutung
  • Morgendliche Übelkeit und Erbrechen
  • Häufiges Wasserlassen
  • Heißhungerattacken auf Süßes und ungewöhnliche Lebensmittelkombinationen
  • Vergrößerte Brüste und Brustwarzen
  • Gewichtszunahme und sichtbare Rundung des Bauches
  • Vergrößerung der Gebärmutter

Zuweilen glauben Frauen auch, Bewegungen des Kindes und wehenartige Kontraktionen zu spüren. Die Symptome können mehrere Wochen, Monate oder bisweilen sogar Jahre anhalten.

Wie wird eine Scheinschwangerschaft festgestellt?

Angesichts der deutlich spürbaren Veränderungen stellt sich natürlich große Verwirrung und Enttäuschung ein, wenn der Schwangerschaftstest negativ ausfällt. Dass der Urintest bei einer Scheinschwangerschaft ein positives Ergebnis anzeigt, ist übrigens äußerst selten.

Alleine kann man nicht erkennen, ob eine Scheinschwangerschaft vorliegt. Um endgültige Gewissheit zu erhalten und den Ursachen der trügerischen Symptome auf die Spur zu kommen, sollte man umgehend eine gynäkologische Praxis aufsuchen.

: Das bringt Gewissheit

Zweifelsfrei ausschließen lässt sich eine Schwangerschaft, wenn das Schwangerschaftshormon hCG nicht im Blut enthalten ist. Zudem kann der Frauenarzt bzw. die Frauenärztin mit einer Ultraschalluntersuchung feststellen, ob sich eine befruchtete Eizelle in der Gebärmutter oder womöglich im Eileiter oder der Bauchhöhle eingenistet hat.

Was verursacht eine Scheinschwangerschaft?

Eher selten liegen einer Pseudogravidität medizinische Ursachen zugrunde. So können beispielsweise hormonelle Anomalien schwangerschaftsähnliche Symptome hervorrufen oder eine Zyste am Eierstock ist der Grund für das Ausbleiben der Periode. Eine Zunahme des Bauchumfangs kann durch Blähungen, Fetteinlagerungen oder krankhafte Veränderungen wie Fibrome und Aszites hervorgerufen werden.

In den meisten Fällen stecken jedoch psychische Probleme hinter der Scheinschwangerschaft, die man unbedingt ernst nehmen sollte. Der weibliche Zyklus wird stark vom seelischen Befinden, Ängsten und Nöten beeinflusst.

Wird ein lang gehegter, unerfüllter Kinderwunsch – beispielsweise bei Unfruchtbarkeit, nach Fehlgeburten oder kurz vor den Wechseljahren – so übermächtig, kann das tatsächlich den Hormonhaushalt verändern. Im Körper wird dann eine vermehrte Produktion von Östrogen und Gestagen angeregt, was wiederum typische Schwangerschaftsanzeichen zur Folge hat.

Eine ähnliche Reaktion kann eintreten, wenn eine Frau partout kein Baby bekommen möchte und besonders große Angst vor einer möglichen Schwangerschaft empfindet. Einige Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass sexueller Missbrauch in der Kindheit oder Beziehungsprobleme eine Rolle bei der Entwicklung einer Scheinschwangerschaft spielen könnten.

Wie wird eine Scheinschwangerschaft behandelt?

Welche Therapie bei einer Scheinschwangerschaft in Frage kommt, hängt in erster Linie von den Ursachen ab. So kann beispielsweise eine Zyste medikamentös behandelt werden, eventuell ist auch eine operative Entfernung notwendig.

Bei einer psychisch bedingten Scheinschwangerschaft kann sich die Diagnose zwar regulierend auf die körperlichen Symptome auswirken, sie stellt jedoch eine starke seelische Belastung dar. Vor allem dann, wenn ein dringender Kinderwunsch besteht. Betroffenen Frauen fällt es sehr schwer, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass sie ein Kind erwarten.

Vermutlich wird der Frauenarzt oder die Ärztin dazu raten, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch wenn das eventuell etwas Unbehagen hervorruft: Eine Psychotherapie kann helfen, mit dieser schwierigen Situation (teilweise noch verstärkt durch das mangelnde Verständnis des sozialen Umfelds) umzugehen und den auslösenden Faktoren der Scheinschwangerschaft gezielt auf den Grund zu gehen. Das Abwerfen des seelischen Ballasts und die Bearbeitung der Probleme kann von psychischem Druck befreien, der einer „echten“ Schwangerschaft entgegenstehen kann.

Falls der Gynäkologe keine konkrete Empfehlung geben kann, bietet der Psychotherapie-Informationsdienst (PID) Unterstützung bei der Suche nach der geeigneten Therapeutin oder dem geeigneten Therapeuten. Sollte auch der Partner verstärkt unter der Situation leiden, kann eine Paartherapie erwogen werden.

Quellen

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