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Sind Schwangerschaftsvitamine notwendig?
Über neun Monate versorgst du das neue Leben in dir. Klar, dass dein Nährstoffbedarf ansteigt. Grundsätzlich gelingt dir eine ausreichende Aufnahme der meisten wesentlichen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente problemlos – ganz ohne Schwangerschaftsvitamine. Sofern du auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung achtest und dich nicht ausschließlich vegetarisch oder vegan ernährst.
Die einzigen Ausnahmen: Folsäure und Jod. Der Bedarf an diesen beiden Nährstoffen ist in der Schwangerschaft nämlich so weit erhöht, dass er im Rahmen der Ernährung nicht ausreichend gedeckt werden kann. Eine zusätzliche Einnahme von entsprechenden Vitaminen in der Schwangerschaft ist sinnvoll.
Vielleicht machst du dir trotzdem Sorgen, ob dein Baby auch wirklich alle Vitamine erhält, die es braucht. Schließlich werben Erzeuger von Schwangerschaftsvitaminen mit tollen Kombi-Präparaten, die dich und dein Baby rundum gut versorgen! Also einfach zugreifen? Hier raten Verbraucherschützer wie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zur Vorsicht.
Zu viele Vitamine für Schwangere: Experten warnen
Die baden-württembergische Verbraucherzentrale hat in einem großen Marktcheck die Zusammensetzung und Dosierung verschiedener Produkte untersucht.
Das Ergebnis: Die meisten Präparate für Schwangere sind überdosiert und enthalten mehr Vitamine als du eigentlich benötigst. Vor allem der Folsäuregehalt überschritt bei etwa der Hälfte der getesteten Präparate die empfohlene Tagesdosis deutlich!
Das bedeutet, was als „Schwangerschaftsvitamine“ angeboten wird, trägt nicht unbedingt zu einer sinnvollen Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft bei.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kritisiert:
„Häufig suggerieren Hersteller Schwangeren, dass sie für sich und ihr Kind besonders viele zusätzliche Nährstoffe benötigten. (…) Tatsächlich lässt sich der zusätzliche Bedarf daher über die normale Ernährung abdecken. Verbraucherinnen haben durch die Zusätze in der Regel keinen zusätzlichen Nutzen, im Gegenteil: meist zahlen sie für die unnötigen Extra-Vitamine drauf.“
Auch das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE), die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) sowie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) haben klare Empfehlungen zu Nahrungsergänzungsmitteln in der Schwangerschaft. Ein differenzierter Blick auf angebotene Schwangerschaftsvitamine lohnt sich also in jedem Fall!
Notwendige Schwangerschaftsvitamine: Empfehlung der DGE
Offizielle Handlungsempfehlungen – wie etwa jene von der DGE oder des BZfE weisen darauf hin, dass du als werdende Mama in jedem Fall Jod und Folsäure supplementieren solltest: also in Form von Schwangerschaftsvitaminen zu dir nehmen solltest.
Ein Mangel von Folsäure und Jod kann sich deutlich negativ auf die körperliche und geistige Entwicklung deines Zwergs im Babybauch auswirken.
- Gesteigerter Bedarf an Folsäure in der Schwangerschaft: zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 400 µg Folsäure pro Tag.
- Gesteigerter Bedarf an Jod in der Schwangerschaft: zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 100 µg bis 150 µg Jod pro Tag.
Warum Folsäure wichtig ist
Idealerweise solltest bereits bei einem konkreten Kinderwunsch Folsäure einnehmen. Gerade in der Frühschwangerschaft ist Folat ganz besonders wichtig, da es maßgeblich an Zellteilung und Wachstum beteiligt ist. Der Bedarf steigt um ganze 50 Prozent an.
Nachdem viele kindliche Fehlbildungen wie beispielsweise der Neuralrohrdefekt („offener Rücken“) auf einen Folsäuremangel zurückgehen, macht eine Einnahme von 400 µg Folsäure pro Tag durchaus Sinn. Parallel dazu kannst du auch auf natürliche Folsäure-Quellen wie grünes Gemüse, Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte zurückgreifen.
Warum Jod wichtig ist
Auch Jod ist maßgeblich an einer gesunden Entwicklung deines Babys beteiligt. Bei einem Mangel steigt außerdem das Risiko für Fehlbildungen sowie Fehlgeburten. Ohne Schwangerschaftsvitaminen ist dem erhöhten Jodbedarf kaum beizukommen.
Zusätzlich zur entsprechenden Ernährung (jodiertes Salz verwenden, regelmäßig Meeresfisch und Milchprodukte in den Speiseplan integrieren) werden daher aktuell 100-150 µg Jodid pro Tag in Form von Nahrungsergänzungsmitteln empfohlen.
Solltest du Probleme mit deiner Schilddrüse haben, ist die Jodeinnahme immer mit deinem behandelnden Arzt zu besprechen!
Weitere wichtige Vitamine für Schwangere: Eisen, DHA und Vitamin D
Neben Folsäure und Jod sind generell auch Eisen und Omega-3-Fettsäuren (DHA) wichtig für die gesunde Entwicklung deines Babys.
Vegetarier & Veganer müssen auf Eisenzufuhr achten
Zwar ist dein Eisenbedarf in der Schwangerschaft erhöht, parallel dazu kommt es aber zu einer verbesserten Aufnahme von Eisen im Blut und deine Periode bleibt aus. Es ist also in der Regel gut möglich, dem erhöhten Eisenbedarf ohne zusätzliche Schwangerschaftsvitamine beizukommen.
Natürliche Eisenquellen sind Fleisch, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte sowie grünes Gemüse. In Kombination mit Vitamin C wird Eisen vom Körper übrigens besser aufgenommen.
Daher rät die DGE auch dazu, Eisen nur nach Absprache mit dem Arzt in Tablettenform einzunehmen. Dafür kann dieser den Eisenwert in deinem Blut bestimmen und bei Bedarf Nahrungsergänzungsmitteln empfehlen.
Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ist vor allem dann wichtig, wenn du dich vegetarisch oder vegan ernährst.
Omega-3-Fettsäuren bei Ernährung berücksichtigen
In ihrer aktualisierten und erweiterten Einheitliche Handlungsempfehlungen für die Schwangerschaft empfiehlt die DGE außerdem: „Schwangeren, die nicht (regelmäßig) fettreichen Meeresfisch verzehren, wird daher empfohlen, DHA zu supplementieren, um die in den D-A-CH-Referenzwerten für Schwangere empfohlene Zufuhrmenge von durchschnittlich 200 mg DHA/Tag zu erreichen.“
DHA ist vor allem für die Entwicklung der Sehfunktion und des Gehirns des Fetus wichtig.
Vitamin D-Mangel vorbeugen
Auch Vitamin D hat in der Schwangerschaft eine wichtige Bedeutung. Es wirkt auf die Knochenentwicklung deines Babys. Ein Mangel kann sich beispielsweise in einem verzögerten Fontanellenschluss zeigen. Um das Depot zu füllen, benötigen wir direkte Sonneneinstrahlung. Dann bildet unser Körper Vitamin D zum Teil selbst.
In nördlichen Regionen sowie der kälteren Jahreszeit ist ein Mangel durchaus nicht unwahrscheinlich. In der Schwangerschaft solltest du deinen Vitamin D-Spiegel also im Auge behalten und bei Bedarf entsprechende Schwangerschaftsvitamine nehmen. Allerdings reicht eine Tagesdosis von 20 Mikrogramm Vitamin D (= 800 i.E.) vollkommen aus. Oft überschreiten Präparate diesen Wert aber deutlich. Daher wird auch vor einer möglichen Überdosierung gewarnt.
Natürliches Vitamin D ist in der Nahrung nur in geringen Mengen vorhanden. Es kommt in fettem Fisch wie Hering, Lachs oder Makrele vor, in Hühnereier und Pilzen (z.B. Champignons, Pfifferlinge) oder Avocado vor.
Forscher der französischen Gesundheitsbehörde Anses konnten zum Beispiel bei Neugeborenen eine sogenannte Hyperkalzämie feststellen. Das bedeutet, dass die Babys einen erhöhten Kalzium-Pegel im Blut haben, weil ihre Mütter Vitamin D-Tabletten genommen hatten. Das kann bei den Kleinen zu Gewichtsverlust oder Dehydrierung führen. Daher warnt die Gesundheitsbehörde Anses schon seit einigen Jahren vor den Vitaminen für Schwangere.
Das Bundeszentrum für Ernährung hält aber bis zu 100 Mikrogramm Vitamin D täglich auch für Schwangere für unbedenklich – das entspricht bereits der 5-fachen empfohlenen Tagesdosis!
Fazit: Schwangerschaftsvitamine vorsichtig dosieren
Nährstoffen durch Schwangerschaftsvitamine aufzunehmen, ist also nur bedingt sinnvoll! Vor allem Kombinationspräparate solltest du mit Vorsicht genießen, enthalten sie doch möglicherweise Vitamine für Schwangere, die du gar nicht benötigst. In manchen Fällen kann ein Vitaminüberschuss in der Schwangerschaft sogar gefährlich für dein Baby werden. Bestes Beispiel hierfür ist Vitamin A.
Doch auch eine zusätzliche Aufnahme von Vitamin C, Vitamin E, Vitamin B, Kalzium oder Magnesium ist oftmals nicht zwingend notwendig.
Ausgenommen sind hier allerdings Mehrlingsschwangerschaften oder spezielle Ernährungsgewohnheiten wie etwa Veganismus.
In jedem Fall gilt: Die Einnahme von Schwangerschaftsvitaminen solltest du stets mit deinem behandelnden Arzt abklären!