Krankenkassen zahlen jetzt Trisomie-Tests bei Schwangeren

Schwangere Frau bei einer Ultraschalluntersuchung
Pränataltests können einige Gendeffekte beim Baby frühzeitig bestimmen
© Bigstock/ Serhii Bobyk

Schon mehrere Jahre wird darüber diskutiert, seit dem 1. Juli 2022 ist es amtlich: Krankenkassen übernehmen ab sofort die Kosten für vorgeburtliche Bluttests auf Trisomien. Mediziner und Behindertenverbände befürchten „Tendenz zur Selektion“.

Neue Regelung: Trisomie-Tests als Kassenleistung

Der nicht-invasive Pränataltest (NIPT) auf Trisomien gehört nicht zu den allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft.

Seit dem Jahr 2012 steht es Schwangeren jedoch frei, diese Tests als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) in Anspruch zu nehmen. Die Kosten dafür – bis zu 540 Euro – mussten werdende Eltern somit selbst tragen. Das hat sich zum 1. Juli 2022 geändert. Ab sofort zahlen Krankenkassen unter gewissen Voraussetzungen den nicht-invasive Pränataltest.

In Vorbereitung ist diese Neuerung bereits seit 2019. Damals hatte das Bundesgesundheitsministerium bereits grundsätzlich dafür gestimmt, die Tests als Krankenkassenleistung anzubieten.

Mithilfe des NIPT ist es möglich, in einem frühen Stadium der Schwangerschaft mögliche Gendefekte beim Ungeborenen festzustellen. Über eine Blutprobe der Mutter lassen sich ab der 10. SSW beim Kind die drei Trisomie-Typen Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) und Trisomie 21 (Down-Syndrom) erkennen.

: Vorteile
Weniger Risiko durch Bluttests

Bei nicht-invasive Pränataltests wird nur das Blut der Mutter benötigt. Die Untersuchung ist daher wesentlich risikoärmer als etwa eine Fruchtwasseruntersuchung. Hierfür muss die Fruchtblase punktiert werden.

Kostenübernahme per Einzelfallentscheidung

Die neue Regelung sieht vor, dass bei einer vorliegenden Risikoschwangerschaft und nach einer intensiven ärztlichen Beratung die Kosten für den Test übernommen werden können. Hierbei soll es sich um Einzelfallentscheidungen handeln.

Und genau das ist ein Problem, das viele Mediziner und Verbände kritisieren.

Was sagen Kritiker?

Kritik: unklare Vorgaben

Die Regelung bezieht sich auf eine Kostenübernahme bei Risikoschwangerschaften – diese sind jedoch nicht genau definiert. Kritiker vermuten, dass es durch diese ungenaue Definition dazu kommen kann, dass deutlich mehr nicht-invasive Pränataltest durchgeführt werden.

Kritik von Behindertenverbänden: „Tendenz zu einer Selektion“

Behindertenverbände sowie die katholische Kirche kritisieren die Tests schon länger. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) befürchtet zum Beispiel eine „besorgniserregende Tendenz in Richtung einer regelmäßigen Selektion!“

DBK-Sprecher Matthias Kopp beklagt, dass die Feststellung des „unerwünschten Merkmals“ Trisomie oft zu einem Schwangerschaftsabbruch führt. So soll bereits der Verdacht auf Trisomie in rund 90 Prozent der Fälle einen Abbruch bedingen.

Kopp fordert hier gesetzliche und politische Regelungen – sowie, dass die gesellschaftliche Debatte weiterhin geführt wird.

Was sagen Befürworter?

Befürworter betonen, dass nicht-invasive Tests weniger Gefahren für Mutter und Kind darstellen. Deshalb sollte der Bluttest vor einer Fruchtwasseruntersuchung stattfinden. Außerdem sollten Frauen, die sich den Test nicht leisten können, nicht benachteiligt werden.

Der Berufsverband niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP) hat sich in einer Stellungnahme schon 2019 für das Vorhaben ausgesprochen – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Der Test solle „indikationsbezogen“, also nur in Fällen, die ein akutes medizinisches Risiko darstellen, gezahlt werden.

Auch CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger sprach sich damals grundsätzlich für das Vorhaben aus. Er rät, den Test für Frauen ab 35 Jahren zur Krankenkassenleistung zu machen. Ab diesem Alter nimmt das Risiko, ein Kind mit Trisomie 21 zu bekommen, deutlich zu.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) betont zudem, dass allen Eltern jetzt unabhängig ihrer finanziellen Möglichkeiten ein sicherer Test zur Verfügung stehe.

Test nicht ohne intensive ärztliche Beratung

Generell gilt: Die nicht-invasive Pränataltest können nicht ohne eine frühzeitige und ausführliche ärztliche Beratung und psychosoziale Aufklärung in Anspruch genommen werden. Gründe für die Tests könne zum Beispiel sein:

  • Andere Untersuchungen haben einen Hinweis auf eine Trisomie ergeben.
  • Es gibt bereits Fälle von Trisomie in der Familie.
  • Die Schwangere und der Arzt kommen zu der Überzeugung, dass es die persönliche Situation erfordert.

Quellen